13.11.2000

SDA im Visier

Müssen die Verträge zwischen SDA und der Bundeskanzlei öffentlich ausgeschrieben werden?

Heute, in Zeiten der Marktöffnung, geht es doch nicht ohne öffentliche Ausschreibung - davon ist Hansjürg Saager, Inhaber und Geschäftsleiter der AG für Wirtschaftspublikationen (AWP), überzeugt. Er bezieht sich dabei auf drei Verträge, welche die Bundeskanzlei Anfang und Mitte der Neunzigerjahre mit der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA) abgeschlossen hat: Erstens stellt die SDA den sieben Departementen sowie den Medienschaffenden im Bundeshaus und im Genfer Palais des Nations ihren Basisdienst in drei Sprachen zur Verfügung, übersetzt Pressemeldungen ins Italienische und führt einen Alarmierungsdienst für die Bundesverwaltung. Vertrag Nummer zwei regelt die Benutzung der SDA-Datenbanken durch die Bundesverwaltung. Diese kann - so der dritte Vertrag - ihre Mitteilungen via den OTS-Dienst der SDA verbreiten. Im Jahr 2000 wird die Bundesverwaltung dafür laut Budget 3,68 Millionen Franken an die SDA bezahlen. Ein stolzer Preis, findet Saager: "Ich habe den Verdacht, dass es für die Deckung des SDA-Aufwands nicht so viel braucht. Damit wird bei der SDA quersubventioniert. So kann eine Konkurrenzsituation etwa auch zu uns geschaffen werden."

"Es sind Dienstleistungsverträge, keine Subventionen", betont hingegen Bernard Reist, Vorsitzender der SDA-Geschäftsleitung und Chefredaktor. Die Zusammenarbeit mit der Bundesverwaltung gehe ins letzte Jahrhundert zurück, die SDA habe ihre Leistungen stetig angepasst und ausgebaut. Zudem sei die Verwaltung bei einer Evaluation zum Schluss gekommen, allein die SDA könne die verlangten Leistungen erbringen; sie habe deshalb keine öffentliche Ausschreibung durchgeführt. Reist vermutet hinter der Reaktion der AWP auch Konkurrenzgründe - die SDA bietet seit zwei Jahren einen Finanzinformationsdienst an.

Entscheid der Rekurskommission

"Wir beschäftigen uns schon seit 1996 mit den Verträgen zwischen SDA und Bundeskanzlei", kontert Saager, allerdings habe das Thema durch die neue SDA-Finanzinformation einen noch höheren Stellenwert erhalten. Tatsächlich hat die AWP schon vor 1998 Vorstösse zum Thema unternommen und konnte darauf der Bundesverwaltung und den Informationsbeauftragten der Departemente ihre Dienstleistungen demonstrieren, allerdings ohne grosse Resonanz. Darauf wandte sich die AWP an die Wettbewerbskommission sowie an die Beschaffungskommission, die sich für nicht zuständig erklärten. Schliesslich verlangte sie von der Bundeskanzlei eine beschwerdefähige Verfügung - "nach unserer Vorstellung verstösst die Bundeskanzlei gegen die Ausschreibungspflicht", begründet Saager. Deshalb zog die AWP den Fall vor die Eidgenössische Rekurskommission für das öffentliche Beschaffungswesen, dort wird demnächst entschieden.

Die Bundeskanzlei will laut Informationschef Hansruedi Moser zu diesem hängigen Verfahren nicht Stellung nehmen. Auch von Seiten der SDA gibt man sich zurückhaltend: "Wir sind nicht beteiligt, die AWP klagt ja gegen die Bundesverwaltung", sagt Reist. Vor einer öffentlichen Ausschreibung müsse sich die SDA auf jeden Fall nicht fürchten: "Die SDA bietet eine Informationsgrundversorgung, dreisprachig, rund um die Uhr, mit 20 Büros in der Schweiz auch flächendeckend. Niemand ausser uns kann das." Kurzfristig, räumt Saager ein, wäre dies der AWP nicht möglich: "Wir könnten aber mit Partneragenturen ein Konsortium bilden, das wesentlich bessere Dienstleistungen zu möglicherweise sogar günstigeren Preisen liefern würde." Und die Informationen aus der Schweiz? Saager: "Schon heute bieten wir neben Wirtschaftsinformationen andere Themen, etwa Sport, an. Ausserdem könnten wir, mit einem entsprechenden Budget, unsere Leistungen anpassen." Reist hingegen sieht für die Idee mit dem Konsortium schwarz: "Nur ein Globalplayer wie die SDA kann ohne Verluste alles liefern, was benötigt wird."



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