07.09.2017

Sportübertragungen im TV

So viel muss ein Hardcore-Fan bezahlen

Das Hauen und Stechen aller gegen alle in der Schlacht um die TV-Übertragungsrechte von Sportanlässen hat Folgen für den Zuschauer: Der Fussball- und Eishockey-Fan muss ab der neuen Saison tief ins Portemonnaie greifen.
Sportübertragungen im TV: So viel muss ein Hardcore-Fan bezahlen
Sport-Live-Übertragungen am TV werden so richtig teuer: Wer sich für Fussball und Eishockey interessiert, muss ein dickes Portemonnaie haben. (Bild: Keystone)

Jahrelang war alles einfach und übersichtlich: Wer die volle Ladung Sport am Fernsehen live wollte, musste Swisscom-TV und ein Abo bei der Swisscom-Tochter Teleclub abschliessen. Vom Schweizer Fussball und Eishockey bis zu den grossen Fussballigen Deutschlands, Englands, Spaniens, Frankreichs oder Italiens gab es dort alle Spiele in der Direktübertragung.

Das ist nun vorbei: Die Kabelnetzbetreiberin UPC hat der Swisscom die Übertragungsrechte für die Schweizer Eishockeymeisterschaft und die allermeisten Spiele der deutschen Fussball-Bundesliga entrissen. Die englische Premier League und die spanische La Liga mit deutschem Kommentar gingen bereits im Jahr 2016 an den Internetstreamingdienst Dazn.

Sky drängt in die Schweiz

Dagegen konnte die Swisscom die Schweizer Fussballmeisterschaft und die Champions League sowie die italienische und einen Grossteil der französischen Fussballliga behaupten. Gleichzeitig drängte der deutsche Bezahl-TV-Riese Sky selber in den Schweizer Markt, der bisher seine Live-Spiele an die Swisscom-Tochter Teleclub verkauft hatte. Mit der neuen Sky-App können somit auch Swisscom-, Sunrise- und UPC-Kunden Bundesliga und Champions League schauen, müssen dafür aber zusätzlich in die Tasche greifen.

Damit gibt es keinen Komplettanbieter mehr für Live-Spiele. Für die Zuschauer, die Fussball und Eishockey sehen wollen, wird es erheblich teurer als bisher.

UPC am günstigsten

Am günstigsten kommt der Sportfan bei UPC weg, wo er den neuen Sportsender MySports und das Teleclub-Sportpaket für 1832 Franken im Jahr erhält. Das sind gut 200 Franken mehr als das Komplettangebot der Swisscom im vergangenen Jahr, das es nun nicht mehr gibt.

Bei den Konkurrentinnen Swisscom und Sunrise wird es noch teurer. Die Swisscom verlangt 1600 Franken für ihr Sportangebot inklusive Bundesliga über die Sky App, wie Telekomexperte Ralf Beyeler auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA berechnet hat (ohne Sonderangebote). Darin sind allerdings keine Spiele der Schweizer Eishockey-Meisterschaft zu sehen, weil UPC-Chef Eric Tveter der Erzrivalin kein Weiterverbreitungsangebot machen will. Also muss der Schweizer Fussball- und Eishockeyfan auch noch UPC bestellen. Damit werden 2576 Franken pro Jahr fällig.

Bei Sunrise sind es zusammen mit UPC 2838 Franken. Allerdings sei das günstigste TV-Angebot von Sunrise besser als jenes von Swisscom, sagte Beyeler.

Wer noch die englische Premier League und die spanische La Liga mit deutschem Kommentar vom Streaminganbieter Dazn will, zahlt zusätzliche 155 Franken pro Jahr. «Wenn man heute alle Sportarten sehen will, die man früher bei einem Anbieter hatte, muss man drei Abos abschliessen», sagte ein Telekomverantwortlicher eines kleineren Kabelnetzbetreibers. «Die Fans gucken in die Röhre», urteilte Telekomexperte Beyeler: «Es ist komplizierter geworden, im Fernsehen Sportevents zu empfangen.»

Zersplitterung der Sportrechte

Dies beklagte auch Swisscom-Chef Urs Schaeppi: Der früher sehr homogene Sportrechtemarkt sei total fragmentiert worden. Um die Kunden zu halten oder neue zu gewinnen, haben Swisscom und Sunrise kräftige Rabattaktionen für die nächsten Monate lanciert, mit denen sich viel Geld sparen lässt.

Wie lange die Sportfans die drehende Preisspirale noch hinnehmen, ist nicht klar. Dass die Fans nicht glücklich seien, weil sie mehrere Abonnements lösen müssen, sei logisch, sagte FC Basel-Präsident Bernhard Burgener, dessen Firma Highlight Communications in der Sportrechtevermarktung tätig ist. «Aber bei manchen Klubs würden die Fans jeden Preis zahlen, nur um ins ausverkaufte Stadion zu kommen. Die Schmerzgrenze ist sehr individuell», sagte Burgener in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin «Bilanz». «Solange die Nachfrage grösser ist als das Angebot, funktioniert es. Schauen Sie sich an, welche Erlöse in den USA mit der NFL oder der NBA erzielt werden, was die Fans dort für ihren Verein zu bezahlen bereit sind», sagte Burgener.

Für Gelegenheitssportfans gibt es bei Swisscom und Sunrise die Möglichkeit, einzelne Spiele zu kaufen, während UPC und zahlreiche weitere Kabelnetzbetreiber Tagespässe anbieten.

Kritik auch vom Konsumentenschutz

Auch die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) übt Kritik: «Die neue Konstellation ab der Saison 2017/2018 ist für die Schweizer Sportfans unbefriedigend», erklärte André Bähler von der SKS. Da die Rechte für Schweizer Eishockey und Fussball bei verschiedenen Anbietern lägen, sei der Empfang des kompletten Angebots an Live-Spielen teurer und komplizierter geworden. «Insbesondere für Sportfans mit schmalem Budget sind die Preise sehr hoch», kritisierte Bähler.

Je nach Umständen seien auch kreative Lösungen möglich: «Vielleicht abonniert ein Nachbar die Eishockey-Spiele, während man selber das Fussball-Abo löst, und man schaut dann die Spiele gemeinsam», schlug Bähler vor. (sda/cbe)

Autor: Johannes Brinkmann (SDA)



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Kommentare

  • Robert Weingart, 09.09.2017 10:05 Uhr
    Richtig, Herr Köchli. Selber schuld, wer das bezahlt.
  • Markus Köchli, 08.09.2017 09:52 Uhr
    Die einzige richtige Reaktion: Aussteigen, basta. Diese konsumentenfeindliche Preistreiberei wird dafür sorgen, dass da und dort Fussball- und/oder Hockeyklubs stille Fans verlieren. Und damit die Aufmerksamkeit für die beiden hauptbetroffenen Sportarten sinkt. Interessant wird es sein, wie Sponsoren (beispielsweise jene, die Bandenwerbung betreiben) bei gesamthaft rückläufigen Zuschauerzahlen reagieren werden. Für 2838 Franken gibt es übrigens eine echte Alternative. Für diesen Betrag bestelle ich mir weit mehr als 100 Bücher. Deren Unterhaltungswert ist bei geschickter Auswahl zumindest ebenso gross wie das 48. Qualifikationsspiel in der Hockey-League oder ein ziemlich unbedeutendes Spiel um die Tabellenplätze 9 und 10 zwischen Lausanne - St. Gallen auf dem Tschuttiplatz!
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