05.01.2017

Ringier Axel Springer Schweiz

«Unser Treiber ist die Entwicklung digitaler Angebote»

Seit einem Jahr arbeiten Ringier und Axel Springer Schweiz im Zeitschriftengeschäft zusammen. Ralph Büchi, Delegierter des Verwaltungsrats, sagt, was das Joint Venture konkret erreicht hat. Zudem spricht er über die Zusammenarbeit mit Admeira und die zwei Kulturen, die im Medienpark in Altstetten zusammentreffen werden.
Ringier Axel Springer Schweiz: «Unser Treiber ist die Entwicklung digitaler Angebote»
«Ich bin überzeugt, dass Zeitschriften noch lange erfolgreich existieren werden», sagt Ralph Büchi im Interview. (Bild: zVg.)
von Matthias Ackeret

Herr Büchi, seit einem Jahr besteht das Joint Venture zwischen Ringier und Axel Springer Schweiz. Hat sich diese Kooperation gelohnt?
Für uns standen bei diesem Joint Venture zwei Überlegungen im Vordergrund: Die Optimierung der Kosten durch den Abbau von Doppelstrukturen und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Es macht wenig Sinn, in diesem kleinen Markt zwei annähernd gleich grosse Organisationen mit identischen Service-Strukturen – unter anderem im Bereich IT, Rechnungswesen und Aboverwaltung – aufrecht zu erhalten. Zudem sollte man heute im Werbemarkt eine bestimmte Grösse aufweisen, um überhaupt noch eine repräsentative Zielgruppe erreichen und dadurch die Bedürfnisse der Werbeauftraggeber erfüllen zu können. Mit 30 Titeln und 880 Ausgaben pro Jahr sind wir mit Abstand das grösste Zeitschriftenhaus des Landes und können diese Synergien voll ausschöpfen. Der Zusammenschluss hat sich also definitiv gelohnt.

Wie gross sind diese Kosteneinsparungen?
Es handelt sich um substantielle Einsparungen, welche die erfolgreiche Zukunft des Unternehmens sicherstellen.

Sie sagen, die Kooperation hat sich definitiv gelohnt. Was haben Sie neben dem Abbau der Doppelstrukturen in den Servicebereichen und der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit in den ersten 12 Monaten Ringier Axel Springer Schweiz konkret erreicht?
Einer der massgeblichen weiteren Treiber für die Gründung des Joint Ventures war und ist die Entwicklung neuer digitaler Angebote. Unsere digitale Roadmap befindet sich mitten in der Umsetzung. Die Beta-Version der neuen «Beobachter»-Website ist bereits lanciert, der Relaunch des Online-Wirtschaftsnetzes und der Launch eines eigenen «Gault Millau»-Channels folgen dieses Jahr. Daneben haben wir auch unsere Innovationskraft bei Print weiter ausgebaut. Dafür stehen stellvertretend die vielen erfolgreichen Specials bei der «Schweizer Illustrierten»-/«L’Illustré»-Familie in Zürich und Lausanne 2016 ebenso wie der anhaltende Erfolg der «Schweizer LandLiebe», der TV-Zeitschriften und der «GlücksPost». Neu ist die Zusammenarbeit zwischen «Handelszeitung» und «Le Temps» bei den Wirtschaftsbeilagen, die Angebotserweiterung des «Beobachter»-Buchverlags auf andere Ringier Axel Springer Schweiz-Titel und die grosse Marketing-Offensive bei «Bolero». Ganz besonders freue ich mich anfangs 2017 auf die neue monatliche «Bilanz» und die Weekendbeilage «T» von «Le Temps».

Wäre es nicht einfacher gewesen, Axel Springer hätte den ganzen Zeitschriftenmarkt an Ringier verkauft? Oder umgekehrt?
Wir haben uns für ein Joint Venture entschieden, weil wir auf einer gleichgestellten Basis vom Know-how des jeweils anderen Partners besser profitieren können. Durch die Zusammenarbeit zwischen den beiden starken Häusern haben wir ein grosses Innovationspotenzial, können die Weiterentwicklung des gemeinsamen Portfolios noch schneller vorantreiben und unsere Wettbewerbsfähigkeit im Schweizer Markt deutlich verbessern. Das Joint Venture hat uns die einmalige Möglichkeit gegeben, unser gemeinsames Schweizer Unternehmen «neu zu erfinden» – kreative Angebote, optimale Strukturen und effiziente Prozesse zu schaffen.

Nicht alle Titel von Ringier gehören zum Joint Venture. Der «Blick» beispielsweise gehört nach wie vor zu Ringier und nicht zu Ringier Axel Springer Schweiz.
Richtig. Wir haben nur jene Bereiche zusammengelegt, bei denen auch entscheidende Gemeinsamkeiten bestehen. Und das ist das Zeitschriftengeschäft inklusive der zugehörigen digitalen Angebote. Es gibt allerdings zwei Ausnahmen in unserem Portfolio: die «Handelszeitung» und «Le Temps». Die «Handelszeitung» weist als Wochenpublikation einen magazinhaften Charakter auf und passt deswegen sehr gut in das Joint-Venture. Bei «Le Temps», der Referenz-Zeitung in der Romandie, hätte ein Ausschluss vom Joint Venture schlicht keinen Sinn gemacht, da Redaktion und Verlag bereits früher vollständig in Ringier Romandie integriert worden waren. Ausserdem bieten sich zwischen «Le Temps» und unseren Deutschschweizer Wirtschaftspublikationen interessante Kooperationschancen an.

Man hört immer wieder von Komplikationen zwischen Axel Springer, welches deutsch geprägt ist, und Ringier, als urschweizerischem Unternehmen.
Davon habe ich noch nie etwas gehört oder gespürt, obwohl ich mittlerweile seit 18 Jahren als Schweizer bei Axel Springer tätig bin. Zudem war Axel Springer Schweiz immer schon eine Schweizer Firma unter Schweizer Leitung.

Aber es gibt trotzdem kulturelle Unterschiede.
Axel Springer ist ein internationaler Konzern, der über die Hälfte seines Umsatzes im Ausland erzielt und mit entsprechend offenen Augen auf fremde Kulturen zugeht. Das Gleiche gilt auch für Ringier. Dazu kommt, dass Axel Springer und Ringier mit dem Joint Venture Ringier Axel Springer Media AG bereits seit 2010 zusammen in Mittel- und Osteuropa tätig sind. In Märkten also, die politisch und wirtschaftlich – gelinde gesagt – mindestens so anspruchsvoll sind wie der schweizerische. Die 50:50-Partnerschaft hat sich in diesen Jahren sehr gut bewährt. Wir arbeiten äusserst harmonisch und unkompliziert zusammen. Das zeigt sich nicht zuletzt am Erfolg im Markt: Ringier Axel Springer Media ist in Polen, Ungarn, der Slowakei und Serbien das führende multimediale Medienunternehmen. Der Schulterschluss in der Schweiz ist eine konsequente Weiterentwicklung dieser erfolgreichen Partnerschaft.

Sie haben den Werbeverkauf Ihrer Produkte Admeira übertragen. Geben Sie dadurch nicht einen wichtigen Teil Ihrer Kompetenzen ab?
Es ist richtig, dass wir die Vermarktung Admeira anvertraut haben. Zweifelsohne ist dies ein Entscheid von grosser Tragweite. Aber wir haben uns diesen Schritt sehr genau überlegt und es entspricht meiner absoluten Überzeugung, dass wir die Kräfte bündeln müssen, wenn wir im Werbemarkt, und ganz speziell im digitalen Werbemarkt, überhaupt noch eine Rolle spielen wollen. Geschätzte drei Viertel der digitalen Werbeausgaben in der westlichen Welt fliessen heute auf die digitalen Plattformen von Google, Facebook & Co., in den USA sind es nahezu 80 Prozent, Tendenz steigend. Für die klassischen Medienunternehmen verbleiben gerade noch 15 bis 20 Prozent der Werbegelder.

Wie gross ist Ihr Einfluss auf Admeira?
Wir sind Partner und vertrauen Admeira unser Inventar zur Vermarktung an. Die Zusammenarbeit ist einerseits über die Verwaltungsräte, andererseits durch die täglichen Kontakte in den operativen Bereichen sehr eng. Einer der erfreulichsten Entscheide der letzten Monate war, als die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat von Admeira beschlossen haben, im Frühjahr gemeinsam mit uns in den neuen Medienpark in Zürich-Altstetten zu ziehen. Künftig werden somit rund 570 Personen im modernsten Medienzentrum der Schweiz arbeiten, wobei rund 390 von Ringier Axel Springer und 180 von Admeira stammen. Wir werden einen Teil unserer Büros auf der gleichen Etage haben wie Admeira, was die Informations- und Entscheidungswege weiter verkürzt.

Verstehen Sie den Widerstand der Verleger gegen Admeira?
Dass zu Beginn eine politische Diskussion lanciert wurde, kann ich bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Aber das Konzept hinter Admeira ist ein absolut pragmatisches: Unsere Hauptkonkurrenten im digitalen Werbemarkt sitzen nicht bei der SRG und der Swisscom, sondern im Silicon Valley. Admeira ist eine für den Medienplatz Schweiz massgeschneiderte Antwort auf die digitale Herausforderung. Als Kunde von Admeira bin ich mit dieser Lösung sehr glücklich. Gleichzeitig bin ich zuversichtlich, dass im Verlauf der nächsten Jahre noch weitere Verleger das Gespräch mit Admeira suchen werden.

Wie Sie ausführen, wandert ein Grossteil der Werbegelder in den digitalen Bereich ab, gleichzeitig beschäftigen Sie sich mit einem konservativen Geschäft, den Zeitschriften. Ist dies nicht ein Widerspruch?
Absolut nicht. Ich bin überzeugt, dass Zeitschriften noch lange erfolgreich existieren werden, vorausgesetzt man bleibt innovativ und kreativ. Das Vorzeigebeispiel ist die «Schweizer LandLiebe», welche von Ringier erst vor fünf Jahren lanciert worden und heute zu einem sehr grossen Erfolg gewachsen ist. Der «Beobachter» erreicht 850'000 Leser, was auf Deutschland bezogen etwa den kumulierten Reichweiten von «Spiegel» und «Fokus» entspricht. Vor wenigen Monaten haben wir für den «Beobachter» mit dem digitalen Rechtsberater «Guider» die modernste Beratungsplattform der Schweiz eingeführt. Diese Beispiele – und viele andere – sind für mich der Beweis, dass Zeitschriften auch in diesen bewegten Zeiten eine erfreuliche Zukunft haben.

Was steht für 2017 bei Ringier Axel Springer Schweiz auf der Agenda?
Zum einen der Umzug unserer Zürcher Unternehmung in den Medienpark. Der neue, gemeinsame Standort an der Flurstrasse wird die Optimierung der internen Prozesse, die Teambildung, die tägliche Zusammenarbeit und damit auch die Schaffung einer eigenen Unternehmenskultur weiter vorantreiben und weitere Synergiegewinne ermöglichen. Zum anderen haben wir uns vorgenommen, die Zusammenarbeit mit Admeira noch enger zu gestalten, kreative neue Angebote in Print und Digital gemeinsam zu konzipieren und zu vermarkten. Und auch im Nutzermarkt, seit wenigen Wochen unter neuer Leitung, haben wir die Weichen neu gestellt. Wir wollen unsere über 1 Million Abonnenten in den Mittelpunkt unserer Strategie rücken. Darauf richten wir 2017 unseren Fokus.



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