17.04.2016

Pressefreiheit

Werbekunden zu verärgern liegt nicht mehr drin

Verleger-Präsident Hanspeter Lebrument zeigt in der NZZaS Verständnis für die Einschränkung redaktioneller Freiheit, BaZ-Chef Somm fordert Inserenten gar dazu auf, mehr Druck auf die Redaktionen auszuüben.
Pressefreiheit: Werbekunden zu verärgern liegt nicht mehr drin

Durch den Leserschwund der vergangenen Jahre und dem damit verbundenen Rückgang der Einnahmen stünden Redaktionen zunehmend unter Druck, gegenüber Inserenten Kompromisse einzugehen: «Eine saubere Trennung zwischen dem Werbemarkt und dem redaktionellen Teil einer Zeitung ist viel schwieriger geworden als vor zwanzig Jahren, als es die finanzielle Lage erlaubte, die redaktionelle Unabhängigkeit über alles zu stellen», sagte Verleger-Präsident Hanspeter Lebrument gegenüber der «NZZ am Sonntag». Werbekunden zu verärgern, liege nicht mehr drin.

Noch weiter geht der Verleger und Chefredaktor der «Basler Zeitung», Markus Somm, der ebenfalls im Präsidium des Verlegerverbands sitzt. In einer Sendung auf Radio 1 ermunterte er am vergangenen Montag Inserenten gar, Druck auf Zeitungen auszuüben: «Wenn ihr nicht zufrieden seid mit den Medien, dann müsst ihr aufhören, Inserate zu schalten.»

Hintergrund für diese Aussage war der Entscheid des SVP-Vizepräsidenten Christoph Blocher, im laufenden Abstimmungskampf über das revidierte Asylgesetz keine Inserate zu schalten.

Blocher hatte diesen Schritt in der «Schweiz am Sonntag» damit begründet, dass die Medien im Abstimmungskampf zur Durchsetzungsinitiative einseitig gegen die SVP berichtet hätten und bemühte in einem Interview mit den Zürcher Regionalzeitungen gar einen Vergleich mit den Nationalsozialisten: «Der Kampf gegen die SVP vonseiten der Staatsmedien und von ‹Blick› bis zur NZZ hat mich in ihrer Radikalität an die Methoden der Nationalsozialisten den Juden gegenüber erinnert.»

Somm meinte in der Radiosendung, er fände den Inserate-Boykott sehr gut. «Ich kann das nur unterstützen.» (NZZaS/lcv)

Bild: Keystone

 



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Kommentare

  • Ruedi Bucher, 04.05.2016 14:33 Uhr
    Vielleicht bin ich blind, aber ich habe in der ganzen BaZ keinen einzigen Artikel gefunden, in dem mitgeteilt wird, dass die BaZ schon wieder 12 % Leser verloren hat. Kann diese Zeitung noch gerettet werden? Der Preis ist doch viel zu hoch für das, was noch übrig ist. Das Bild, das die BaZ von Basel verbreitet, hat nichts damit zu tun, wie die Stadt international wahrgenommen wird. Dieser Widerspruch kann Basel gut wegstecken. Auf der Strecke bleibt die BaZ. Sicher können Medien durch Inserenten abgestraft werden, aber man kann das auch provozieren. Und das macht Herr Somm. Am Schluss gibt er allen anderen die Schuld, nur nicht sich selbst, obwohl er ununterbrochen Nadelstiche gegen seine Leserschaft und die Stadt absetzt. Aber was solls? Es komme wieder Neue, die die entstandenen Lücken schliessen. Ich denke da anch an den Baslerstab, dessen Sinn Herr Blocher nie verstanden hat und das auch öffentlich zugab. Jetzt gibt es die BaZ-Kompakt gratis, aber ich habe diese Zeitung, seit es sie gratis ist, nie mehr gesehen - eine richtige Fatamorgana. Ein Wort, das zu Herrn Somm, Herrn Blocher und die BaZ ausgezeichnet passt.
  • Oliver Gisi, 19.04.2016 13:24 Uhr
    Somm lässt die Maske fallen. Er ist ein billiger Handlanger Blochers. Und sein Blatt liest sich bisweilen wie eine Kampfpostille gegen alles was nach Mitte oder gar links riecht.
  • Wolfgang Krüger, 18.04.2016 14:53 Uhr
    ..diese Ansicht von Herrn Somm kann doch nur Satire sein !
  • Ueli Custer, 18.04.2016 09:43 Uhr
    Das ist die ultimative Bankrotterklärung. Weiter gedacht heisst das folgendes: Wenn eine Partei in einer Zeitung wirbt, hat sich die Redaktion an deren Vorgaben zu halten. Und wenn mehrere Parteien inserieren, gilt die Meinung derjenigen Partei, die am meisten investiert. Und wenn zwei Parteien mit gegensätzlichen Ansichten sich täglich mit mehr Umsatz überbieten, wechselt die Zeitung täglich die Meinung. Berauschende Aussichten.
  • Lara Kraft, 18.04.2016 09:38 Uhr
    Die Auflagen- und Leserzahlen der BaZ sind seit Jahren im freien Fall. Somm wird sich selbst erledigen.
  • Verena Schoder, 18.04.2016 09:22 Uhr
    Markus Somm täuscht sich: Schleimerei zahlt sich nicht aus. Siehe aktuelle WEMF-Leserzahlen der Baz.
  • Karl Stauffer-Jost, 18.04.2016 08:34 Uhr
    Schön, wenn sich die beiden so offen deklarieren. Da weiss man wenigstens, wessen Blätter man mit Sicherheit nicht zu lesen braucht. Und bei Somm bestätigt es sich: Dieser Mann hätte nie an die Spitze der NZZ gehört (der Verwaltungsratspräsident, der ich ihn dorthin heben wollte, ist leider am letzten Wochenende bestätigt worden...)
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