05.11.2017

Verein Qualität im Journalismus

«Wir führen die Debatte von unten nach oben»

Seit sechs Monaten ist Larissa Bieler Präsidentin des Vereins Qualität im Journalismus (Quajou). Im Interview sagt sie, wie sie den Verein voranbringen will. Zudem spricht sie über das Programm des Journalismustags vom Mittwoch in Winterthur.
Verein Qualität im Journalismus: «Wir führen die Debatte von unten nach oben»
Von den Debatten am Journalismustag «sollen Journalisten aller Sparten und Gebiete profitieren»: Larissa Bieler ist Chefredaktorin von Swissinfo.ch und Präsidentin des Vereins Qualität im Journalismus. (Bild: Nikkol Rot)
von Michèle Widmer

Frau Bieler, seit Mai präsidieren Sie den Verein Qualität im Journalismus (Quajou). Welche Themen haben Sie in dieser Rolle seither hauptsächlich beschäftigt?
Qualitätsdebatten. Am Abend meiner Wahl war es der Fall Jürg Jegge. Der Q-Club hat das Thema behandelt (persoenlich.com berichtete). Im Gegensatz zu anderen Medien hatte SRF damals ja erst drei Tage nach der Medienkonferenz über die Vorwürfe berichtet – um dem Beschuldigten Zeit eine Stellungnahme zu geben. Das hat zu kontroversen und wichtigen Diskussionen geführt, die lehrreich waren und helfen, meine Arbeit als Journalistin ständig zu verbessern. Ansonsten nehmen die Vorbereitungen für den Journalismustag am Mittwoch auch viel Raum ein.

Wie wird man dem Verein in einem Jahr ansehen, dass Sie Präsidentin sind? Welche Themen wollen Sie vorantreiben?
Ich kann mir in drei Bereichen vorstellen, konkret etwas zu bewirken. Wir wollen künftig aktiver Stellung beziehen und unsere Kompetenzen in aktuellen Debatten einbringen – gerade im öffentlichen Diskurs in den Sozialen Medien. Zudem wäre es schön, wenn unser Verein mit derzeit 130 Mitgliedern noch etwas wachsen würde. Und drittens möchte ich Kooperationen mit Vereinen, Verbänden oder anderen Gruppierungen weiter fördern. Konkret könnte ich mir eine engere Zusammenarbeit mit den Jungen Journalisten Schweiz, den Medienfrauen Schweiz oder Investigativ vorstellen, aber auch im Ausland gäbe es spannende Partner.

Der Verein hat sich die Sicherung der journalistischen Qualität auf die Fahne geschrieben. Es gibt Gremien wie den Presserat oder das Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft Fög – warum braucht es den Verein Quajou?
Die wichtigste Frage für die Medienmacher ist, wie man Qualität mit Reichweite kombinieren kann, zu diesem Schluss kommt ja auch das Jahrbuch Qualität der Medien des Fög. Hier können wir mit das Bewusstsein fördern, dass Qualität eine sehr aufwendige Aufgabe ist. Der Journalist weiss das, er steht aber täglich vor handwerklichen Herausforderungen, mit diesen beschäftigen wir uns. Wir führen die Debatte von unten nach oben. Dazu braucht es jede einzelne Initiative.

Was bringt der Verein der Branche ganz konkret?
Die Berufsdebatte. Nehmen wir den Journalismustag: Wo kommen sonst 150 bis 200 Journalistinnen und Journalisten zusammen, um über ihr Handwerk zu sprechen?

Am Reporter-Forum.
Stimmt. Dieses Jahr haben mir verschiedene Leute aus der Branche dieses Forum ans Herz gelegt. Wir sind aber nicht auf ein Forum fokussiert, der Quajou ist breit aufgestellt. Medienschaffende aller Sparten, Wissenschaftler und Ausbildungsverantwortliche sind in die Handwerksdebatte involviert. Und wir profitieren sicherlich vom guten Netzwerk der zwölf Vorstandsmitglieder. Wird ein Journalist für den Journalismustag angefragt, kommt er in der Regel.

Erhalten die Referenten eigentlich ein Honorar?
Nein, alle Referenten sowie alle Vorstandsmitglieder engagieren sich ehrenamtlich.

Sprechen wir über das Programm: Mit welchem Anspruch sind Sie an die Planung gegangen?
Die Branche beschäftigen zurzeit viele Themen. Meistens sind es existenzielle Fragen. Das bildet sich ab. Das geht über medienpolitische Debatten, den wirtschaftlichen Druck in den Verlagen, die schwächelnde Medienvielfalt bis hin zur Rolle der Techintermediäre wie Facebook oder medienethische Fallstricke. Entscheidend ist, wir versuchen diese Debatten an diesem Tag in Winterthur zu führen, damit Journalisten aller Sparten und Gebiete davon profitieren können.

Inwiefern trägt das diesjährige Programm Ihre Handschrift? 
Im Vorstand für das Programm verantwortlich ist Vinzenz Wyss. Ich habe beim Aufgleisen der drei grossen Panels in der Aula stark mitgedacht. Von mir initiiert ist auch die Veranstaltung zum Thema Community, welche Martin Oswald moderiert. Ich glaube in der Arbeit mit der Community steckt viel Potenzial, die Qualität von journalistischer Arbeit den Lesern aufzuzeigen.

14 Panels werden zu grossen Teilen gleichzeitig durchgeführt. Ist das Programm nicht etwas überladen?
Beim Blick auf das Programm habe ich auch gemerkt, dass sich einige Veranstaltungen kreuzen, die ich gern sehen würde. Die Antwort darauf liegt in der Zusammensetzung des Vereins. Da kommen einige Perspektiven zusammen. Wir sind zwölf Personen im Vorstand und jeder kümmert sich um ein Panel. Das war bisher so. Aber ich nehme das gern mit an die Debriefing-Sitzung.

Zum Schluss: Auf welches Panel freuen Sie sich besonders?
Interessant wird sicher die Veranstaltung zur Innovationsförderung von Google. Ich bin gespannt, wie sich die Vertreter aus den Medienhäusern in Bezug auf die Abhängigkeit äussern. Besonders freue ich mich auf den Abschluss, den Q-Club über die journalistische Grundversorgung.



Der Journalismustag findet am Mittwoch am IAM der ZHAW Winterthur statt. Zur Anmeldung geht es hier.



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