05.03.2017

Schweizerische Depeschenagentur

«Wir sind auf das Feedback der Redaktionen angewiesen»

Die Schweizerische Depeschenagentur will ihren Dienst für die Newsportale verbessern. Künftig erhält Chefredaktor Bernard Maissen von Tamedia täglich Informationen über die meistgelesenen Meldungen. Im Interview spricht er über den Blindflug seiner Journalisten und das Bonussystem beim Newsexpress.
Schweizerische Depeschenagentur: «Wir sind auf das Feedback der Redaktionen angewiesen»
Bernard Maissen ist Chefredaktor der Nachrichtenagentur sda. (Bild: zVg.)
von Michèle Widmer

Herr Maissen, Sie wollen Ihre Leistungen im Sinne der Onlineplattformen anpassen. Haben sich Ihre Kunden beklagt?
Wir erhalten generell ein gutes Feedback von unseren Kunden. Die SDA stellt die Grundversorgung an Information sicher. Dennoch schadet es nicht, wenn wir uns überlegen, wie wir unsere Inhalte den Journalisten anliefern. Um dabei besser zu werden, sind wir auf Feedback aus den Redaktionen angewiesen.

Am Freitag waren Sie zu Besuch beim Newsexpress von Tamedia. Was kam dabei heraus?
Ich konnte mir nochmals ein Bild davon machen, wie die Journalisten dort arbeiten. Wir möchten wissen, was diese interessiert und was sie aus unseren Meldungen machen. Und natürlich interessiert es uns, ob das auch gelesen wird. Künftig wird der Newsexpress uns immer abends ein Mail mit den meistgelesenen SDA-Meldungen der letzten 24 Stunden schicken. Dadurch erhalten wir ein Feedback, das wir sonst als Lieferant nie erhalten. Hier können wir von den Messtools der Redaktionen profitieren. Zudem werden wir verstärkt darauf achten, was die Journalisten aus unseren Meldung machen, sprich wie sie Titel und Lead formulieren.

Wie haben Sie bisher den Erfolg Ihrer angelieferten Meldungen gemessen?
Man sieht auf den Portalen natürlich, inwiefern die SDA-Beiträge bearbeitet und ergänzt werden. Aber wir wissen nicht, wie die Nachrichten beim Endnutzer ankommen. Ein systematisches Auswertungstool haben wir nicht. Insofern ist es heute ein wenig ein Blindflug.

Die SDA lernt vom Newsexpress, wie die Journalisten dort Meldungen antexten. Der «Neue Zürcher Zeitung», auch eine Kundin von Ihnen, wäre wohl wenig geholfen, wenn Sie News in Tamedia-Format angeliefert bekäme.
Die Ansprüche unserer Kunden unterscheiden sich stark. Es nicht möglich jedem Kunden ganz gerecht zu werden. Da wir aber schwergewichtig Nachrichten zum Pflichtstoff liefern, ist der Unterschied dann doch nicht so gross.

Mit welchen Medienhäusern sind Treffen geplant?
Wir sind regelmässig in Kontakt mit unseren Kunden und werden mit allen das Thema Rückmeldung besprechen.

Die SDA soll den Redaktionen relevante und verifizierte Nachrichten liefern. Nun orientiert sie sich – zumindest teilweise – an Klickzahlen.
Nein, wir orientieren uns nach wie vor an unserem Grundauftrag, den uns unsere Besitzer gegeben haben. Aber der Journalismus und damit unsere Kunden unterliegen dem stetigen Wandel. Gerade als Agentur ist es wichtig zu wissen, was die Redaktionen wollen, was sie nutzen und was ihnen nützt. Wir liefern Fact News, keine Fake News. Darauf müssen sich unsere Kunden verlassen können. Und wie gesagt: Wir sind für die Grundversorgung an Information verantwortlich. Wenn wir als nationale Agentur die Wahl zwischen einer Meldung zu einer Haifisch-Attacke in Australien und einer Meldung aus der Ständeratskommission hätten, würden wir uns immer für letztere entscheiden.

Sie sprechen das Interview mit Newsexpress-Chef Peter Wälty an. Was halten Sie vom Bonussystem, das er zurzeit testet?
Jeder Journalist hat ein Interesse daran, gelesen und im besten Fall auch verstanden zu werden. Ich bin nicht generell gegen solche Anreize, solange sie fair und nach klaren Kriterien vergeben werden. Auf den Onlineredaktionen hat man die nötigen Messtools dafür.

Wäre das bei der SDA auch denkbar?
Nein, bei uns lässt sich die Nutzung der Artikel ja eben nicht messen. Zudem ist die Wahrnehmung der journalistischen Arbeit und der Berufsethik bei den Mitarbeitenden einer Nachrichtenagentur besonders stark ausgeprägt. Wir arbeiten im Team, da wäre es schwierig herauszufiltern, wer den Bonus nun verdient hat und wer nicht.

Früher hat die SDA für Journalisten getextet, jetzt liefern Sie fertige Onlinemeldungen. Wie will sich die SDA in den kommenden Jahren weiterentwickeln?
Wir müssen ganz klar multimedialer werden und an unserem Storytelling arbeiten. Während im Print immer weniger Platz für SDA-Meldungen bleibt, geht es im digitalen Journalismus heute nicht mehr ohne. Die Branche steht unter enormem Druck. Also müssen wir schauen, wie die künftige Arbeitsteilung zwischen Agentur- und Kundenredaktionen verbessert werden kann. Denn sowohl die Kunden als auch wir müssen wohl in Zukunft mit weniger Mitteln auskommen.

 



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