17.11.2016

Jahrbuch Qualität der Medien 2016

«Wir sind näher an der Entwicklungs-Realität dran, als es Verlegern lieb sein kann»

Das fög und die Kurt Imhof Stiftung stellten am Donnerstag in Bern das neue Jahrbuch vor. Stiftungsrat Oswald Sigg spricht mit persoenlich.com über die wirtschaftliche Situation und deren Einfluss auf die Medienqualität.
Jahrbuch Qualität der Medien 2016: «Wir sind näher an der Entwicklungs-Realität dran, als es Verlegern lieb sein kann»
Oswald Sigg – hier an einer Medienkonferenz der Initiative «Für ein bedingungsloses Grundeinkommen». (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
von Matthias Ackeret

Herr Sigg*, das fög (Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft) und die «Kurt Imhof Stiftung für Medienqualität» stellten am Donnerstag in Bern ihr diesjähriges Jahrbuch vor. Hat sich die Qualität seit dem letzten Buch verschlechtert oder verbessert?
Anhand der Forschungsergebnisse kann ich diese Frage nicht einfach mit ja oder nein beantworten. Wichtig scheint mir hierzu vor allem die Erkenntnis, dass bei den jungen Erwachsenen die Konsumenten qualitativ hochstehender Medien stark vertreten sind. Andererseits ist der Anteil von Konsumenten kostenloser Informationsmedien (Gratispresse, Social Media) stetig am Wachsen.

Inwiefern hat die wirtschaftlich schwierige Situation der Medien Einfluss auf die Medienqualität?
Die Journalistinnen und Journalisten sind in den meisten Medien die teuersten Produktionsfaktoren. Wenn hier gespart wird, sinkt die Qualität automatisch. Wirtschaftlich gesehen ist die öffentlich finanzierte SRG gegenüber den privaten Medienunternehmen im Vorteil.

Was müssten die Verlage tun, um die Medienqualität zu heben?
Hierzu macht die fög-Forschung keine speziellen Empfehlungen. Aus meiner Sicht gibt es aber nur eines: Mit Investitionen in die Redaktion und deren Ausbildung sollten vor allem die Zeitungen ihrer wichtigen Aufgabe innerhalb unserer direkten Demokratie gerecht werden.

Ist Ihre Studie nicht sehr stark von der Realität abgekoppelt?
Überhaupt nicht. Vielleicht sind wir teilweise näher an der Realität gewisser Entwicklungen als es den Verlegern lieb sein kann.

Erst vor wenigen Wochen hat der Stiftverein Medienqualität Schweiz Ihr Rating (MQR) vorgestellt. Wodurch unterscheiden sich die beiden Untersuchungen?
Im Jahrbuch werden langfristige Entwicklungsdynamiken zur Qualität der Medien aufgezeigt. Beim MQR steht das aktuelle Qualitätsranking im Vordergrund.

Wie finanzieren Sie Ihre Studie?
Das Jahrbuch wird durch die Kurt Imhof Stiftung für Medienqualität finanziert, die ihre Mittel verschiedenen öffentlichen und privaten Donationen verdankt.

Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen für die Schweizer Medien?
Dass sie ihre fundamentale Rolle in unserem politischen System nicht verlieren.



*Oswald Sigg ist Alt-Vizekanzler der Schweizerischen Eidgenossenschaft, ehemaliger Bundesratssprecher und heute im Stiftungsrat der Kurt Imhof Stiftung.



Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240426