24.07.2015

Battere

"Ein gutes Produkt spricht für sich selbst"

"persoenlich.com" stellt in einer Interviewserie Schweizer Startups vor. In der ersten Folge geht es um Battere Now, einen mobilen Aufladeservice für Smartphones. Im Gespräch mit persoenlich.com erzählen die Jungunternehmer, weshalb sie keine Pressemitteilungen verschicken und trotzdem die Lieblinge der Journalisten sind.
Battere: "Ein gutes Produkt spricht für sich selbst"

2013 gründeten Andreas Braendle, Can Olcer, Mirko Hofmann und Simon Schwarzenbach Battere und statten seither Firmen mit wiederverwendbaren, solarstrombetriebenen Batterien aus. Neuerdings spannen sie mit Zürcher Bars und Läden zusammen und vermieten externe Ladegeräte fürs Handy, die ebenfalls mit Solarstrom betrieben sind. Zwei Franken werden dem Kunden über seine Kreditkarte, die gleichzeitig als Depot dient, pro 24 Stunden abgebucht. Ist das Handy wieder voll, können die Nutzer die Batterie an einem der Partnerlokale deponieren.

Herr Olcer, lässt sich damit schon Geld verdienen?
Can Olcer: Im Moment noch nicht. Aber es ist eine Frage des Volumens. Zur Zeit haben wir 500 User und zehn Stationen. Wir sind gerade daran, das Uservolumen, aber auch das Angebot an Stationen zu vergrössern. Bis Ende Jahr werden wir in der Stadt Zürich mit 30 bis 40 Locations zusammenarbeiten. Zudem gehen wir diesen Sommer in die Marketingoffensive und sind an Events und Festivals präsent.

Ihr Marketingbudget dürfte wie jenes der meisten Startups relativ klein sein. In den Medien sind Sie aber sehr präsent. Wie machen Sie das?
Andreas Braendle
: Mein Eindruck ist, dass Schweizer Medien sehr gerne über Startups berichten. Das mag dem Wunsch von vielen entsprechen, sich ebenfalls selbstständig zu machen. Dieses Interesse führt zu einem Sog in der Berichterstattung.
Mirko Hofmann: Wir haben nie auf grosse und teure Marketingmassnahmen gesetzt. Wir bereiten unsere Geschichten spannend auf und verbreiten sie über Social-Media-Kanäle, das wird dann oft aufgegriffen.
Andreas Braendle: Was zum Beispiel wirklich gut funktioniert, war unsere Stellenanzeige. Wir haben einfach unseren eigenen Traumjob beschrieben und auf Facebook gestellt. Das haben viele Leute lustig gefunden und geteilt. Plötzlich hatten wir auf unserer Website unheimlich viel Traffic. Viele Leute haben unsere Firma tatsächlich über diese Stellenanzeige kennengelernt.

Wie planen Sie Ihre Kommunikationsarbeit?
Andreas 
Braendle: Eigentlich sind wir nur einmal, bei der Lancierung von Battere Now aktiv einen Journalisten angegangen. Ansonsten sind die Medien immer auf uns zugekommen.
Can Olcer: Wir wollen unsere Geschichten auch nicht verheizen. Wir kommunizieren nur, wenn wir wirklich etwas Spannendes zu erzählen haben.
Mirko Hofmann: Als ehemaliger Blick-Journalist habe ich die Erfahrung gemacht, dass Pressemitteilungen meistens langweilig sind und von niemandem gelesen werden. Im Gegenteil: Man riskiert, für die Medien uninteressant zu werden, wenn man alles vermeldet.

Also sind Kommunikations- und PR-Abteilungen für die Katze?
Andreas 
Braendle: Na ja, wir sind ein kleines Unternehmen und können frisch von der Leber weg kommunizieren, ohne dass jedes Komma mit zwölf verschiedenen Abteilungen abgesprochen werden muss. Wir kommunizieren häufig über unsere privaten Facebook-Accounts. Das wird von unseren Freunden aufgenommen und geteilt.
Mirko Hofmann: Unter unseren Facebookfreunden sind auch einige Journalisten und Leute aus der Kommunikationsbranche, das ist sicher ein Plus.
Edwin Winkler: Wir überlegen uns schon gezielte Marketingmassnahmen. Aber wir sind auch der Überzeugung, dass ein gutes Produkt für sich spricht. Deshalb fokussieren wir unsere Ressourcen eher auf die Entwicklung und die Zufriedenheit unserer Kunden anstatt auf das Drumherum.

Was sind denn die spezifischen Herausforderungen bei Battere Now?
Andreas 
Braendle: Wir stehen vor zwei Schwierigkeiten: Zum einen müssen wir das Produkt bekannt machen und zum anderen gilt es, den Leuten das Prinzip, etwas auszuleihen und zurückzubringen, näher zu bringen. Gutes Marketing ist für uns deshalb, wenn wir die Idee direkt erklären können. Das gelingt uns am besten, wenn wir an Events, Festival und Konferenzen persönlich anwesend sind und mit den Menschen sprechen und ihnen das Akku-Pack zeigen können. Wenn die Leute die Dienstleistung einmal gesehen und ausprobiert haben, dann kommen sie wieder.
Edwin Winkler: So wie bei Heroin. Du probierst es einmal und kommst nicht mehr davon los (lacht).
Andreas Braendle: Strom hat auch einen ähnlichen Suchtfaktor. Spass beiseite: Mit dem Akku-Pack bieten wir eine Dienstleistung, die auch für Brands interessant ist weil sie sich bei potenziellen Kunden beliebt machen können, indem sie ihnen eine Ladung Strom schenken. Insofern funktionieren wir selbst als Marketingmedium. Mit der SBB haben wir da auch bereits einen ersten grossen Partner.

Sie scheinen viel Spass zu haben bei dem was Sie tun. Aber was sind die Schattenseiten des Unternehmertums?
Can 
Olcer: Viele stellen sich wahrscheinlich vor, man könne ein Startup nebenher aufziehen und erst wenn sich der Erfolg abzeichnet voll auf die Karte setzen. Das funktioniert so nicht. Man muss 24 Stunden, sieben Tage die Woche am Ball bleiben, sich ständig hinterfragen und den Status quo anpassen. Es braucht viel Geduld und Durchhaltevermögen, um mit Misserfolgen umgehen zu können.

Wieviele Stunden investieren Sie in die Arbeit?
Can 
Olcer: Es können auch mal 80, 90 Stunden pro Woche sein. In der Regel aber um die 60.
Andreas Braendle: Es fühlt sich für mich nicht so sehr nach Arbeit an. Ich weiss zum Beispiel gar nicht welchen Wochentag wir heute haben. Ich tue etwas, was mir sehr viel Spass bereitet. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit lösen sich auf. Deshalb könnte ich gar nicht sagen, wie viele Stunden ich arbeite.
Can Olcer: Ich messe das eben! Klar sitze ich vielleicht nicht 90 Stunden im Büro. Aber ich überlege mir konstant, was noch zu tun wäre. Ich kann nicht vor dem Fernseher sitzen und abschalten.

Viele junge Unternehmen scheitern auch an unterschiedlichen Visionen und Vorstellungen im Team. Wie gehen Sie damit um?
Edwin Winkler
: Ich bin erst später dazugestossen und mir ist sofort aufgefallen, dass wir gar nicht gross über unsere Arbeitsauffassung und Ziele diskutieren müssen, sie stimmen fast automatisch überein. Wir sind Freunde und haben das gleiche Ziel.

Über Battere: Die Firma wurde 2013 von Andreas Braendle, Mirko Hofmann, Simon Schwarzenbach und Can Olcer in Zürich gegründet. Erklärtes Ziel ist die Reduktion des Batterienabfalls. Das junge Unternehmen lädt wiederverwendbare Batterien mit Solarstrom auf und macht die Batterien für ihre Kunden gleich praktisch wie Einwegbatterien. Der firmeneigene Velokurier sorgt dafür, dass die Kunden mit geladenen Batterie versorgt sind. Eine wiederaufladbare Batterie kann in fünf Jahren bis zu 100 Einwegbatterien ersetzen, sagen die Gründer von Battere. Das Unternehmen beschäftigt mittlerweile neben den vier Gründern drei Angestellte.

Interview: Lucienne Vaudan, Bild: zVg

 



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