29.10.2014

Ex Libris

"Die Stärke der Filialen haben wir zu defensiv kommuniziert!"

Ex-Libris-Chef Daniel Röthlin über die Neugestaltung seiner Läden.
Ex Libris: "Die Stärke der Filialen haben wir zu defensiv kommuniziert!"

Herr Röthlin, was hat Sie dazu bewogen, in Zusammenarbeit mit MetaDesign (persoenlich.com berichtete) für Ex Libris eine neue Markenidentität zu entwickeln?
Unsere neue Markenidentität verkörpert die heutige Ex Libris und entspricht dem Zeitgeist. In der Vergangenheit haben wir unsere Produkte strukturiert verkauft und den Kunden kaum zum Verweilen in der Filiale eingeladen. Bücher, Filme, Musik und Games sind aber emotionale Produkte die auch, mehr denn je, nach einer entsprechenden Begleitkommunikation und –Aufmachung rufen. Zusätzlich ist jetzt aber auch im Rahmen unserer Gesamt-Strategie die Zeit reif für diesen Schritt. Nach der technologischen Entwicklung im Rahmen unserer Cross-Channel-Strategie und der Bereinigung des Filalnetzes haben wir uns jetzt ein neues Kleid verpasst. So gehen wir mit einer abgerundeten und harmonischen Markenidentität in die Zukunft.

Worauf legen Sie beim neuen Auftritt Wert, und wie ist die Zürcher Markenagentur MetaDesign zum Handkuss gekommen?
Emotionalität und Wärme kommen in unserer technologischen Gesellschaft immer mehr abhanden. Dem begegnen wir mit unserem neuen Auftritt: Wir wollen Nähe schaffen, indem wir da sind, wo unser Publikum ist. Wir kennen die Wünsche unserer Kunden. Wir gehen auf unsere Kunden zu, über den persönlichen Kontakt wollen wir Vertrauen schaffen und einladend wirken. Und wir engagieren uns, indem wir individuellen Wünschen mit Leidenschaft und Kompetenz begegnen. Diese Werte leben wir nicht nur, sondern wir drücken sie neu auch im visuellen Auftritt aus und verbinden sie mit dem technologischen Fortschritt. MetaDesign hat uns im vergangenen Herbst gezeigt, dass sie verstehen, woher wir kommen und wo wir hin wollen. Natürlich hat uns auch die fachliche Kompetenz überzeugt, aber genauso wichtig waren der persönliche Zugang und die Zusammenarbeit, die vom ersten Moment an harmoniert hat.

Wen sprechen Sie mit der neuen Marke an?
Wir sprechen neue Zielgruppen an, die die attraktive Preise schätzen und auf Convenience und Lifestyle Wert legen. Es ist uns aber auch wichtig, dass sich unsere bestehenden Kunden weiterhin bei Ex Libris zu Hause fühlen. Das wollen wir im persönlichen Kontakt und mit Kommunikation erreichen. Generell bewegen wir uns weg von einer transaktionsorientierten zu einer inspirierenden Welt. Damit treffen wir unserer Meinung nach den Nerv der Zeit. 

Viele Jugendliche beziehen ihre Musik heute über iTunes oder Spotify. Wo liegen die Chancen für einen Medienanbieter wie Ex Libris?
Musik ist nur ein Teil unseres Sortiments, wir spüren ein starkes Wachstum im Buch, wo wir auch dieses Jahr wieder Marktanteile gewonnen haben. Sie sprechen aber mit Ihrer Frage die Technologie und den digitalen Konsum an. Indem wir mit dem digitalen POS das Internet an den Verkaufspunkt bringen, sprechen wir auch ein eher jüngeres, online-affines Publikum an. Alle unsere Filialen werden mit gratis WLAN ausgetattet sein. So können unsere Kunden auf ihren eigenen Smartphones in Musik-CDs reinhören oder sich den Trailer zum Film im Regal anhören. Zudem zeigen Screens im Laden, welche Produkte gerade online oder in anderen Filalen gekauft werden. Beim Scannen des Produktes an der Kasse werden dem Kunden Artikel angezeigt, die ihn auch interessieren könnten. In beiden Fällen werden das nur Angebote sein, die es auch in der Filiale gibt. So bilden wir das was im Online-Shop und auf der App läuft vor Ort ab. 

Sie verändern Ihre 80 Filialen Zug um Zug. Warum wählen Sie dieses Vorgehen?
Wir schauen auf einen einjährigen Markenprozess zurück, in dem wir unzählige wichtige Fragen beantwortet haben. Der neue Auftritt ist ein echter Schritt. Dafür muss man erst richtig gehen lernen. Wir starten im November mit drei Pilotfilialen und geben uns ein halbes Jahr Zeit, um Erfahrungen zu sammeln. Diese werten wir sorgfältig aus und lassen sie ins Umbaukonzept der übrigen Filialen einfliessen. Im Frühsommer stellen wir sämtliche Touch Points – von Online bis runter zum Lastwagen - auf das neue Design um. Die knapp 80 Filialen bauen wir ab Frühsommer sukzessive um, der Zeitplan ist noch offen, sowas geht nicht von heute auf morgen.

Bleiben alle Ihre 80 Filialen in der Schweiz auf Dauer bestehen? Oder müssen Kunden und Mitarbeitende langfristig mit Schliessungen rechnen?
Unser Filialnetz ist ein tragendes Element im Cross-Channel-Mix, zusammen mit unseren weiteren Kanälen Online, Mobile und Hotline. Ohne Filialen funktioniert Cross-Channel nicht. Wir prüfen aber laufend, ob das Netz rentabel ist: Letztlich entscheidet der Kunde mit seinem Einkaufsverhalten, wie viele Standorte wir unterhalten. In den Läden vor Ort können wir zudem unsere Persönlichkeit verstärkt spielen, weil hier das Persönliche, der Service und das Ambiente auch gefragt sind. Filialen werden von den Kunden aber auch geschätzt, um ihre online getätigten Bestellungen abzuholen, Rechnungen zu bezahlen, Retouren zu tätigen und weitere Artikel zu bestellen. Diesen Gedanken leben wir über "App die Post – online bestellen, in der Filiale abholen". Diese Stärke der Filialen haben wir in der Vergangenheit zu defensiv kommuniziert. 

Fragen: Matthias Ackeret



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