03.08.2015

Filmerei

"Es braucht Generalisten, die ganzheitlich denken"

In Teil zwei unserer Startup-Serie sprechen Sven Rufer und Thileeban Thanapalan darüber, wie sie sich das Filmen selbst beigebracht haben, was Web- von Werbefilmen unterscheidet und weshalb sie ihren Kunden weit mehr als Videos anbieten.
Filmerei: "Es braucht Generalisten, die ganzheitlich denken"

Herr Rufer und Herr Thanapalan, was bieten Sie Ihren Kunden mit "Filmerei"?
Sven Rufer: Wenn man es auf einen Nenner bringen will, dann machen wir Webfilme. Obwohl das etwas abwertend klingt. Aber das Problem haben zur Zeit alle, die Onlinecontent herstellen, auch Journalisten. Oft geht vergessen, dass Geschichten im Web anders erzählt werden müssen. Heute wollen viele Kunden nicht mehr 200'000 Franken für einen klassischen Werbespot ausgeben. Sie brauchen stattdessen Content für die Website und die eigenen Social Media-Kanäle. Die heutige Zeit verlangt nach Information und Unterhaltung – also Infotainment. Die Nachfrage nach dieser Art von Bewegtbild wächst und das bieten wir unseren Kunden.

Thileeban Thanapalan: Dadurch, dass wir keine klassischen Werbefilme machen und die festen Rollen des Kamermanns, Regisseurs, Cutters wegfallen, ist unsere Planungszeit viel kürzer und wir können sehr schnell und aktuell sein.

Herr Rufer kommt aus der Werbebranche, Herr Thanapalan, Sie haben die Agentur Feinheit mitgegründet und kommen aus der Onlinebranche. Aus der Filmbranche sind Sie beide nicht. Wie sind Sie darauf gekommen, Filme zu produzieren?
Thileeban Thanapalan:
Wir haben uns in der Mitte unseres Könnens getroffen. Es heisst ja, Content is King und wir sagen, King of Content ist Film. Text, Bild und Musik kommen zusammen und erzählen eine Story dadurch viel intensiver und emotionaler. Nach unseren Erfahrungen ist die perfekte Länge eines Webfilms 100 Sekunden, gemessen an der Aufmerksamkeitsspanne der heutigen Internetuser. Kommt dazu, dass vor ein paar Jahren eine Filmproduktion noch sehr teuer war. Heute kann im Prinzip jeder sein Equipment kaufen und loslegen. Ganz so einfach ist es dann aber eben doch nicht. Das haben wir als Chance gesehen.

Aber wie man einen Film umsetzt, wussten Sie beide auch nicht, als Sie sich mit Ihrer Firma selbstständig gemacht haben.
Thileeban Thanapalan:
Wir haben das Pferd von hinten aufgezäumt. Wir wussten aus unseren früheren Jobs, wie ein Film sein muss, um eine Botschaft zu transportieren,. Ich habe schon als Jugendlicher gefilmt, ganz fremd war mir das Metier also nicht. Die Domain filmerei.ch habe ich bereits 2006 gekauft.
Sven Rufer: Ich kannte die Konzeptarbeit. Das Können haben wir uns in den letzten zwei Jahren autodidaktisch angeeignet. Wir haben uns zum Beispiel unsere Kunden unter anderem danach ausgesucht, welche Lerneffekte das Projekt für uns hat. So haben wir uns zwar Schritt für Schritt, aber trotzdem im Eiltempo professionalisiert. Und dafür mit sehr, sehr vielen Freinächten und Wochenenden bezahlt.

Die Branche klagt, Kunden wollten immer mehr Leistung für immer weniger Geld. Wie schaffen Sie den Spagat zwischen Anspruch und Möglichkeit?
Thileeban Thanapalan: Das ist natürlich ein Nachteil der digitalen Demokratisierung. Jeder kann im Prinzip mit einem Smartphone und ein paar Programmen Filmchen produzieren. Das führt dazu, dass die Kunden von einem professionellen Anbieter viel mehr erwarten. Aber Kunden merken schnell, dass wir ihnen einen Mehrwert bieten, der oft auch über das technische hinausgeht. Angefangen bei der Idee, über das Storytelling bis hin zum Upload mit ästethischem Thumbnail, professioneller Beschreibung sowie durchdachter Verlinkung. Das schätzen sie und das ist ihnen ihr Geld wert.
Sven Rufer: Kunden kommen zu uns mit Ideen und weil wir eben nicht nur Filme technisch umsetzen, sondern einen Background aus Werbung und Marketing haben, können wir sie auch dahingehend beraten. Dieser Allrounderansatz, dass man weiss, wie etwas erzählt werden muss, es umsetzen kann und dann auch weiss, wie verbreiten, ist je länger je mehr gefragt. Es braucht Generalisten, die ganzheitlich denken, nicht nur in der Kommunikationsbranche.

Wie schätzen Sie die Entwicklung der Werbebranche in den nächsten Jahren ein?
Thileeban Thanapalan: 
In Zukunft wird der Konsument der Produzent sein – siehe Crowdfunding. Also wird Werbung eher zum affiliate-marketing. In ein paar Jahren wird es die Werbebranche in dieser Form nicht mehr geben, respektive müssen die Agenturen umdenken und sich anpassen. Welche Agentur hatte vor 15 Jahren eine eigene Digital-Abteilung? Und wie sieht’s in 40 Jahren aus, wenn die Welt überwiegend aus digital native besteht? Wer das wüsste, könnte heute schon viel Geld verdienen. Das klassische Plakat oder den klassischen Spot wird es in dieser Form künftig nicht mehr geben. Elemente aus Games, Filmen, Websites  werden interaktiv und dynamisch ineinander verschmelzen.

Sie sind rasch gewachsen und bestehen mittlerweile aus drei Mitarbeitern, zwei Praktikanten und einem Freelancer. Was hat sich dadurch für Sie verändert?
Thileeban Thanapalan:
Als wir noch zu zweit waren, haben wir oft improvisiert. Wir sind mit je einem Rucksack ausgerückt und konnten uns mit unseren Aufträgen über Wasser halten. Jetzt besitzen wir Tonnen an Material, sind viel professioneller und müssen uns gezwungenermassen koordinieren. Das verändert natürlich auch die Arbeit. Wir filmen zwar immer noch selber und werden das auch weiterhin tun, sind aber inzwischen auch mit viel Planungsarbeit beschäftigt.
Sven Rufer: Wir haben jetzt eine gesunde Grösse, das soll so bleiben. Uns ist es wichtig, möglichst nahe am Film zu sein und uns selbst um jedes einzelne Projekt von A bis Z kümmern zu können, denn das ist es, was uns Spass macht.

Die Filmerei wurde 2013 von den beiden Zürchern Sven Rufer und Thileeban Thanapalan gegründet. Angefangen als Autodidakten realisiert die junge Firma heute Werbe-, Image-, Event- und Produktfilme.

Der Jubiläumsfilm zum 1-jährigen from filmerei.ch on Vimeo.

Ein kleiner Rückblick auf die ersten 365 Tage der Filmerei GmbH. http://filmerei.ch

Interview: Lucienne Vaudan, Bild: zVg

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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