26.08.2013

Publigroupe

"Entlassungen bekannt zu geben, ist nicht einfach"

CEO Arndt Groth und Publicitas-Chef Alain Bandle im Interview.
Publigroupe: "Entlassungen bekannt zu geben, ist nicht einfach"

Tiefrot sind die Zahlen: Der neue Publigroupe-CEO Arndt Groth musste am Montag einen Verlust von 9,5 Millionen Franken verkünden. Das grosse Sorgenkind bleibt Publicitas - dort werden in der Schweiz bis im März 2014 rund 80 Mitarbeiter die Kündigung erhalten. In einem Kurzinterview im Anschluss an die Medienkonferenz erklären Arndt Groth und Publicitas-Chef Alain Bandle, wie sie mit einer neuen, vollautomatisierten Digital-Plattform die Werbevermarktung wieder auf Kurs bringen wollen, ohne dabei den Mediaagenturen ins Gärtchen zu treten. Zudem wollen die Publigroupe-Chefs neuerdings auch TV-, Radio- und Plakatwerbung vermarkten.

 

Herr Groth, als Sie am Montagmorgen den 9,5-Millionen-Verlust und die Entlassungen bei Publicitas bekannt geben mussten, herrschte pessimistische Stimmung. Wie fühlten Sie sich dabei?
Entlassungen bekannt geben zu müssen, ist nicht einfach. Das ist nie ein gutes Zeichen.

Die Analysten wirkten ungeduldig.
Die Zahlen sind anders als wir sie uns vorgestellt hatten. Das Halbjahresergebnis 2013 präsentiert sich mit minus 9,5 Millionen deutlich schlechter, als wir es budgetiert hatten. Doch, dass wir die neue Strategie für Publicitas heute bekannt geben konnten, bedeutet einen wichtigen Schritt in die Zukunft. Wir sind überzeugt, dass dies der richtige Weg ist.

Im Vorfeld las man in der "SonntagsZeitung" von einer möglichen Schliessung der Publicitas. Dieser Bereich sei nicht überlebensfähig.
A.G.: Die Publicitas-Geschäftsführung hat unterschiedliche Szenarien geprüft. Die Publigroupe-Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat haben sich dann aber für die heute vorgestellte Lösung entschieden. Wir werden mit einer neuen, vollautomatisierten Digital-Plattform die Werbevermarktung wieder auf Kurs bringen und dabei zur ersten Ansprechspartnerin für crossmediale Werbevermarktung werden.

Publigroupe-CEO Arndt Groth und Publicitas-Chef Alain Bandle nach der Medienkonferenz.

Es gab zudem Gerüchte um einen Verkauf. Die NZZ-Gruppe habe Interesse gezeigt.
A.G.: Es gab keine Diskussionen mit der NZZ-Gruppe über einen möglichen Verkauf der Publicitas.

Sie sprechen von einem Abbau von 245 Vollzeiteinheiten, 100 davon in der Schweiz. Was genau bedeuten diese Zahlen? Einige Mitarbeiter arbeiten ja auch Teilzeit. Wie viele Mitarbeiter genau werden Sie bis im März 2014 entlassen müssen?
Alain Bandle: Wir gehen davon aus, dass wir von den 100 einzusparenden Vollzeiteinheiten in der Schweiz 80 aktive Kündigungen aussprechen müssen. Die anderen Stellen werden wir über natürliche Fluktuation einsparen können. Die Kündigungen müssen über die gesamte Organisation hinweg ausgesprochen werden, sie betreffen also nicht nur einzelne Regionen oder bestimmte Aufgabengebiete. Zudem werden 125 Mitarbeiter neu zur Firma Xentive und zu Le Temps transferiert - dies aufgrund der Veräusserung der Mehrheitsbeteiligung oder aufgrund von Änderungen im Zusammenarbeitsmodell mit Medienpartnern.

Nun wollen Sie die Publicitas umbauen. Kernstück soll eine digitale, vollautomatisierte Plattform sein, basierend auf der Technologie von Mediaspectrum und Improve Digital, die den Kunden crossmediale Lösungen anbieten wird. Damit wird Publicitas zu einer Mediaagentur.
A.B: Nein. Wir wollen auf keinen Fall zu einer Mediaagentur werden und diese auch nicht konkurrenzieren. Es ist eine State-of-the-Art Buchungsplattform, ein Frontend, über das Auftraggeber Platzierungen buchen können.

Sie wollen diese Plattform auch kleinen und mittelgrossen Unternehmen anbieten.
A.B.: Kleinfirmen haben bis anhin keinen Zugang zu solchen Vermarktungstools und auch regionale Grossverteiler haben Budgets, die sie nicht über Mediaagenturen einsetzen wollen. Wir werden diesen Unternehmen behilflich sein und ihnen unsere Dienstleistung anbieten.

Die Plattform wird nicht nur Print- und Online-Anzeigen anbieten, sondern alle Werbeformen – auch TV, Radio und Out-of-Home. TV und Radio vermarkten bis anhin Publisuisse und Goldbach, Out-of-Home APG und Clear Channel. Wie genau will Publicitas neu auch in diese Märkte vorstossen?
A.B.: Wir werden sämtlichen Partnern im Markt eine hoch effiziente automatische Medienplattform anbieten, auf welcher sie ihr Inventar monetarisieren können. Konkrete Ergebnisse werden wir jeweils kommunizieren. 

Besser als das Sorgenkind Publicitas entwickeln sich die Geschäftsbereiche "Search & Find" und "Digital & Marketing Services". Mit Local.ch sind Sie, Herr Groth, "sehr zufrieden", wie sie anlässlich der Medienkonferenz sagten. Warum genau steht Local.ch so gut da? 
A.G.: Local.ch verdient sein Geld vor allem mit dem Verkauf von Werbung auf der eigenen Plattform local.ch – im Printbereich und immer häufiger online und mobile. Bei Local.ch haben wir eher das Problem, dass wir Schwierigkeiten haben, neue, geeignete Mitarbeiter zu finden. Wir brauchen gute Verkäufer, diese zu bekommen ist nicht einfach.

Ist im "Search & Find"-Bereich nicht Google-Maps viel stärker?
A.G.: Wir vergleichen uns nicht mit Google, sondern mit dem anderen grossen Directory-Anbieter der Schweiz, mit search.ch. Google ist beim Verkauf von Werbung kleiner und lokaler Unternehmen nicht sehr stark, daher messen wir uns eher mit denjenigen Wettbewerbern, die ihr Geld mit einem ähnlichen Geschäftsmodell verdienen.

Interview: Edith Hollenstein, Hauptbild: Keystone

 

 

 

 

 

 



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