11.06.2013

bild.de

"Wir haben es hier mit einem Paradigmenwechsel zu tun"

Als erste Boulevard-Zeitung macht "Bild" nun ernst mit der Paywall. Am Dienstag gab es auf bild.de bereits zehn kostenpflichtige Artikel im Angebot. Diese Paid-Content-Strategie interessiert die Branche brennend: auch in der Schweiz. Denn nach der "Neuen Zürcher Zeitung" werden im Dezember 2013 der "Tages-Anzeiger" und später auch "Blick" kostenpflichtig werden. Wie macht es Axel Springer? Donata Hopfen, Geschäftsführerin von Bild-Digital, erklärt Details zu BildPlus und sie beschreibt erste Leser-Reaktionen, die nicht nur positiv ausfielen.
bild.de: "Wir haben es hier mit einem Paradigmenwechsel zu tun"
Frau Hopfen, "Bild" wagt sich als erste Boulevardzeitung hinter die Paywall. Wie ist der Start verlaufen? 
Wir sind zuversichtlich, die Technik läuft, die erste Resonanz von den Nutzern ist positiv. Allerdings ist es noch viel zu früh, um sich wirklich zufrieden zurückzulehnen. Das ist erst der Anfang, es liegt noch ein langer Weg vor uns.
 


Welche Reaktionen erhielten Sie seitens der Leserschaft?
Es gab positive Resonanz, aber natürlich auch kritische Stimmen, zum Beispiel in den sozialen Netzwerken (Anm. d. Redaktion: vgl. z.B. meedia.de). Dass BildPlus nicht bei allen sofort auf Gegenliebe stösst, ist ja normal und war auch vorhersehbar. Wir haben es hier mit einem Paradigmenwechsel zu tun und so etwas sorgt naturgemäss auch für kontroverse Meinungen und Diskussionen. Das muss man zur Kenntnis nehmen, sich gegebenenfalls der Kritik stellen und es aber auch aushalten. 
Und wie ist das Echo aus der Branche?
Es freut uns natürlich, dass vor allem andere Medien, bei aller Zurückhaltung und sachlichen Kritik, unserem Schritt in Richtung Bezahlinhalte auch Respekt zollen. 
 


Für welche Inhalte müssen die Leser jetzt bezahlen? 
Alle Inhalte, die nur "Bild" kann und die nur "Bild" hat, die exklusiven Geschichten, die besonderen Interviews und Hintergründe, die einzigartigen Fotos - das sind zukünftig BildPlus-Inhalte. Für die reinen Nachrichten muss der User nichts bezahlen. 

Wie erkennen die Leser, welche Texte, Videos, Fotostrecken bezahlpflichtig sind?
 ... an dem BildPlus-Logo auf der Seite bzw. auf dem Artikel. 
 
 


BildPlus setzt auf ein Freemium-Modell: Das bedeutet, dass kostenfreie und kostenpflichtige Inhalte parallel auf Bild.de angeboten werden. Reine Nachrichten bleiben gratis. Nach welchen Kriterien wird selektiert, was bezahlpflichtig ist?
Diese Entscheidung muss die Redaktion an jedem Tag und bei jeder Geschichte neu treffen. Dafür gibt es zwar ein grobes Raster, aber da jede Geschichte und Themenlage anders ist, gibt es keinen kategorischen Entscheidungsrahmen. 
 


Wer genau bestimmt darüber? Sind es z.B. einzelne Redaktoren, der Ressortleiter oder der Verkaufsleiter?
Die Entscheidung ob ein Inhalt BildPlus oder kostenfrei ist, liegt ganz klar bei den Verantwortlichen in der Redaktion, also letztlich bei den Ressortleitern und der Chefredaktion.

Nachdem die Nutzer für 0.99 Euro ein erstes Monatsabo kaufen, verlängert sich dieses automatisch um einen weiteren Monat, wenn nicht gekündigt wird. Zudem steigen dann die Kosten. Verärgern Sie nicht so die Leserschaft? 
Wir haben ein sehr faires und transparentes Preissystem entwickelt. Jeder kann im ersten Monat jedes Paket für 99 Cent testen, er muss sich nur vorher für eines der drei Angebote entscheiden. Allerdings kann der Abonnent jederzeit, auch in der Testphase, ganz einfach bei den Konto-Einstellungen sein Abo kündigen. Dafür braucht es nur drei Klicks. Aber wir hoffen natürlich, dass das nur Wenige tun. 

99 Cent als Einstieg: Laufen Sie nicht Gefahr, die redaktionellen Inhalte zu günstig zu verkaufen? Warum haben Sie sich für einen so tiefen Einstiegspreis entschieden?
Wir wollen die Nutzer an unser Angebot heranführen. Sie sollen das Marken-Abo kennenlernen und testen können. Wenn sie dann die Vorteile der Nutzung von "Bild" auf allen Kanälen ausprobiert haben, gewinnen wir sie hoffentlich als dauerhafte Abonnenten. Wir finden, das ist ein faires Angebot. 

Was, wenn ein bezahlpflichtiger Text über Social Media verlinkt wird: Fällt dann die Bezahlpflicht weg?
Nein, wenn jemand über Verlinkungen via Google oder Social Media auf unsere BildPlus-Artikel kommt und kein Abonnent ist, dann muss er ein Abo abschliessen um den ganzen Beitrag lesen zu können. 

In der Schweiz führte die NZZ als erste Zeitung eine Paywall ein. Diese ist aber porös und lässt sich relativ einfach austricksen. Mit welcher Technologie arbeiten Sie, um Umgehungsstrategien zu verhindern?
Keine Sicherheitstechnologie ist hundertprozentig und bestimmt wird es auch Lücken in unserem System geben, die wir noch nicht geschlossen haben. Aber damit müssen wir leben. Und, ganz ehrlich, wenn sich jemand so intensiv mit dem Auffinden unserer Inhalte beschäftigt, zeigt es doch auch, wie wertvoll diese sind. 

Bei "Bild" zahlt man für die Markennutzung, statt für einzelne Texte. Warum haben Sie sich für diese Strategie entschieden?
Mit unserem Abo bieten wir ganz bewusst die ganze Markenwelt. Aber Kern dieser Welt sind ganz klar die journalistischen Inhalte. Unsere Strategie kann man daher ganz klar auf den Punkt bringen: Wir bieten alle Inhalte der Marke Bild auf allen Kanälen, rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr. 

Springer hatte beim Bieterverfahren des Ligaverbandes im Frühjahr 2012 den Zuschlag für die audiovisuellen Medienrechte der Bundesliga erworben. Können Sie erklären, die das Angebot "Bundesliga bei Bild" aussehen wird?
Das Angebot startet mit der neuen Saison. Da dürfen sich alle Nutzer überraschen lassen. 

Interview: Edith Hollenstein

 

 

 



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