18.07.2003

Hansjürg Fehr

"Demokratie hat Vorrang vor Monopolen"

Die Konzessionsvoraussetzungen für private Radio- und TV-Stationen sollen wesentlich verschärft werden. Die zuständige Kommission des Nationalrats empfiehlt, Verlagen mit marktbeherrschender Stellung künftig keine Konzession mehr im gleichen Raum zu erteilen. Weiter soll ein Medienunternehmen neu maximal zwei Fernseh-Konzessionen erwerben können. Der Entscheid ist unter Verlegern umstritten. Der Initiant des Vorstosses, SP-Vizepräsident Hansjürg Fehr (Bild), erläutert heute auf "persoenlich.com" seine Beweggründe für den Vorstoss. Ein betroffener Verleger, Hanspeter Lebrument (Südostschweiz), legt anschliessend seine Sichtweise dar.
Hansjürg Fehr: "Demokratie hat Vorrang vor Monopolen"

"Medien sind nicht Produkte wie beliebige andere. Medienunternehmen sind daher auch spezielle Firmen. Sie operieren nicht nur im Kreislauf der Wirtschaft, sondern haben eine zentrale Funktion in der Demokratie. Die marktwirtschaftlichen Gesetzmässigkeiten führen früher oder später zu monopolistischen Verhältnissen. Im schweizerischen Pressewesen ist dieser Zustand weitgehend erreicht, nicht auf der nationalen Ebene, aber in den meisten Regionen. Statt zwei oder drei Tageszeitungen gibt es nur noch eine. Der herausgebende Verlag besitzt nicht selten auch das in der Region dominante Lokalradio, und es gibt kaum ein privates Regionalfernsehen, das unabhängig ist vom marktbeherrschenden Medienunternehmen. Die schweizerische Medienlandschaft ist auf regionaler Ebene also geprägt vom Multimedia-Monopol. Das ist gewiss vorteilhaft für das marktbeherrschende Medienunternehmen, aber ist es auch gut für die Bedürfnisse der Demokratie?

Demokratie ist nicht nur auf die freie Meinungsäusserung am Stammtisch angewiesen, sondern auf die möglichst vielfältige Präsentation von Informationen und Meinungen in den Massenmedien. Demokratie verträgt sich nicht mit Eintopf, sie braucht Vielfalt, Auseinandersetzung, Wettbewerb der Ansichten. Sie ist darauf angewiesen, dass die höchst unterschiedlichen Sichtweisen, Analysen, Lösungsvorschläge umfassend in den öffentlichen Diskurs eingebracht werden können.

Monopolistische Medienstrukturen sind nicht demokratiegerecht. Die publizistischen Bedürfnisse unserer föderalistischen und direkten Demokratie haben für mich Vorrang vor den Interessen marktmächtiger Medienunternehmen. Und ich wundere mich immer wieder von Neuem, wie ausgerechnet jene Leute, die sonst den Wettbewerb fast vergöttern, nichts mehr von ihm wissen wollen, wenn es um die eigene Branche geht. Dabei ist Wettbewerb nirgends so nötig wie in der demokratischen Debatte.



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