27.08.2015

Grosseltern

"Der Werbemarkt hat die Generation ebenso entdeckt wie wir"

Chefredaktor Georg Gindely über eine neue Lesergeneration und mögliche Pläne ins Ausland zu expandieren.

Über 2500 Abonnenten, 90 Werbekunden und neue Büros in der Badener Altstadt: Ein Jahr nach der Lancierung von "Grosseltern" zieht der Verlag 3G Media ein positives Fazit. Chefredaktor Georg Gindely spricht im Interview über die Leser einer "Generation, die es früher nicht gab" und erklärt den Erfolg des Magazins auf dem Werbemarkt. Zudem sagt er, wo sich das Heft noch verbessern kann und spricht über die Möglichkeit ins Ausland zu expandieren.

Herr Gindely, Sie schreiben für Grosseltern, sind selbst aber einige Jahre jünger. Wie wissen Sie, welche Themen Ihre Leser gerade beschäftigt?
Als Vater von zwei Kindern geniesse ich Anschauungsunterricht von meinen Eltern und tausche mich auch regelmässig mit ihnen aus. Zudem spüre ich von Ausgabe zu Ausgabe besser, was die Leser interessiert. Sie liefern uns Ideen, loben uns für Geschichten oder kritisieren uns, wenn ihnen etwas nicht gefällt.

Was gefiel bisher nicht?
Auf dem Cover unserer dritten Ausgabe war eine weisshaarige Grossmutter mit Küchenschürze zu sehen, die mit ihrer Enkeltochter ein Buch anschaut. Das kam gar nicht gut an. Viele heutigen Grossmütter haben wenig bis gar nichts mehr mit dem traditionellen Bild der Grossmutter zu tun, das wir damals auf dem Cover zeigten - auch wenn es diese Grosseltern natürlich auch noch gibt. 

Als das Magazin vor einem Jahr startete, war das Interesse gross. Wie lief es in der Anfangsphase?
Der Start war hervorragend, das positive Echo hat uns selbst überrascht. Neben vielen Schweizer Medien berichtete zum Beispiel die 'Frankfurter Allgemeine Zeitung' FAZ über uns, und zwar gleich zwei Mal. Das hat sicher damit zu tun, dass unser Magazin bis heute die einzige Publikation im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus ist, die sich an Grosseltern richtet.

Wann kommt die erste Ausgabe von "Grands-Parents" und wann erscheint das Heft erstmals in Deutschland?
In den nächsten zwölf Monaten konzentrieren wir uns weiterhin auf die Deutschschweiz und möchten hier viele weitere Abonnenten gewinnen. Wenn uns das gelingt, ist alles möglich.

Am Freitag ist die Jubiläumsausgabe erschienen. Wie viele Abonnenten hat das Magazin, und welche Rolle spielt der Verkauf am Kiosk?
Wir haben unser Ziel von 2500 Abonnenten im ersten Jahr übertroffen. Wir haben zur Zeit knapp 2800 1-, 2- und 3-Jahresabos sowie etwas über 300 Testabos. Der Verkauf am Kiosk war vor allem während den ersten drei Monaten, als verschiedene Medien über uns berichtet haben, sehr wichtig. In der Zwischenzeit hat die Bedeutung als Absatzkanal für uns aber abgenommen.

Nebst Ihnen schreiben zwei weitere Autoren sowie freie Autoren für das Magazin. Jetzt, wo es so gut läuft: Ist ein personeller Ausbau geplant?
Wir haben einen grossen Stamm an festen freien Mitarbeitenden. Das funktioniert hervorragend. Ein Ausbau der Redaktion ist deswegen im Moment nicht geplant.

In seiner Nische steht "Grosseltern" alleine da – wer ist der grösste Konkurrent auf dem Schweizer Markt?
Direkte Konkurrenten gibt es nicht. Die 'Schweizer Familie' ist in unserer Zielgruppe sicher stark, genauso wie die 'Landliebe'. Von beiden können wir viel lernen, möchten uns aber auch ganz klar abgrenzen, und zwar eben mit dem Grosseltern-Enkelkinder-Fokus. Zudem geht es in unserem Heft um wichtige gesellschaftspolitische Fragen, die sich der heutigen Grosseltern-Generation stellen: Wie lange sollen und wollen Grossmütter und Grossväter arbeiten? Wie stark sollen und wollen sie sich bei der Betreuung der Kinder engagieren? Sollen sie die Betreuungsarbeit von den Steuern abziehen können oder eine Entschädigung erhalten? Das sind Themen, die wir immer wieder aufgreifen.

Während Zeitungen und Magazine unter Inserateschwund leiden, kommen Sie mit 90 Kunden gut an im Werbemarkt. Woran liegt das?
Unser Verkaufsteam ist wirklich sehr gut. Der Erfolg auf dem Werbemarkt hat aber auch mit unserer Zielgruppe zu tun. Es ist eine neue Generation, wie es sie früher nicht gab. Es sind fitte, aktive, unternehmungslustige Menschen ab 50, die viel mit ihren Enkelkindern unternehmen, in der Betreuung meist eine sehr wichtige Rolle spielen und deshalb sehr nah dran sind am Leben der Kinder. Daneben sind sie oft noch berufstätig oder engagieren sich freiwillig. Der Werbemarkt hat diese Generation ebenso entdeckt wie wir.

Wo sehen Sie Verbesserungspotenzial?
Durch eine grössere Verbreitung des Magazins möchten wir noch mehr zur Stimme der Grosseltern-Generation werden, die gehört wird. Unseren bereits jetzt grossen Service-Teil möchten wir ausbauen und unseren Lesern noch mehr bieten, vor allem im Bereich rund um das Leben mit den Enkelkindern. Was tun, wenn die Enkelkinder das Heimweh plagt? Verstärken wollen wir auch die Artikel über Trends bei den Enkelkindern. Es interessiert die Grosseltern sehr, was ihre Enkel machen, mit was sie spielen, mit was sie tagtäglich konfrontiert sind. Wir hatten zwar bereits differenzierte Geschichten über die Spielzeugpistolen der "Marke Nerf", über Computergames wie Minecraft oder die heutige Schule im Blatt. Weil wir selber Eltern von Kindern im Alter zwischen 7 und 11 Jahren sind, haben wir uns aber vielleicht etwas zu sehr auf Trends in dieser Altersgruppe konzentriert. In Zukunft wollen wir auch vermehrt Themen rund um das Leben mit kleineren Enkelkindern aufgreifen.

Und inwiefern ist ein Onlineportal ein Thema? Auch Grosseltern nutzen heute Internet und Smartphones.
Es war von Anfang an ein Thema, und die Resonanz auf die Beiträge auf unserer Facebook-Seite ist jeweils gross. Wir möchten unsere Aktivitäten in den sozialen Medien in Zukunft verstärken. Ein Online-Portal ist aber nicht geplant. Wir setzen voll und ganz auf Print.

Sie geniessen den Anschauungsunterricht ihrer Eltern, sagten sie zuvor. Wie oft werden Erlebnisse aus der eigenen Familie zur Story im Magazin?
Es kommt vor, vor allem in der kolumnenartigen Gastrokritik, bei der ich jeweils über einen Restaurantbesuch mit drei Generationen schreibe und was dabei alles schief geht oder gehen kann. Auch beim Wandertipp werden manchmal Familienerlebnisse verarbeitet, und meine Kinder und meine Eltern mussten oder durften auch schon als Fotomodels herhalten.

Kommen Ihre Eltern mit konkreten Themenvorschlägen zu Ihnen?
Ja, immer wieder, auch, weil sie selbst so viel erleben. Sie unternehmen viel mit den Enkelkindern, sind aber auch oft selbst auf Reisen und engagieren sich an vielen Orten freiwillig. Sie haben oft viel mehr los als wir, die mittlere Generation. Manchmal frage ich mich, wie sie das alles unter einen Hut bringen. Das ist übrigens auch immer wieder ein Thema in unserem Magazin.

Sie und ihr Team sind gerade in ein neues Büro umgezogen. Wie gefällt es Ihnen in der Badener Altstadt?
Hervorragend. Unser Büro liegt im Parterre an einer Gasse mit Kopfsteinpflaster. Dieses eignet sich perfekt, um Enkelkinder zum Einschlafen zu bringen, und so sehen wir täglich Grosseltern mit Kinderwagen vorbeigehen. Viele bleiben stehen und sprechen mit uns über unser Magazin, ihr Grosseltern-Sein und die tiefe Verbundenheit mit ihren Enkelkindern. Die Kronengasse in der Badener Altstadt ist übrigens eine richtige Mediengasse geworden. Das Schweizer Büro der 'Zeit' ist im übernächsten Haus eingemietet, und der Verlag 'Hier + Jetzt' ist diesen Sommer ebenfalls hierhergezogen.

Fragen: Michèle Widmer, Bilder: zVg.



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