20.04.2015

Kot&Köter

"Das Problem liegt an beiden Enden der Leine"

Wulf Beleites, Herausgeber einer Anti-Hunde-Zeitschrift, über kläffende Werber und Satire.
Kot&Köter: "Das Problem liegt an beiden Enden der Leine"

"Ermittlungsverfahren gegen Anti-Hunde-Zeitschrift", vermeldete persoenlich.com vor wenigen Wochen unter Berufung auf die deutsche Tagespresse. Das Hamburger Satire-Magazin "Kot&Köter" habe zur Vergiftung von Vierbeinern aufgerufen, hiess es. Wir wollten genauer wissen, was es mit dem Magazin, der Strafanzeige und dem Genuss von Hundefleisch auf sich hat. Ein Interview mit Herausgeber und Chefredakteur Wulf Beleites, 67.

Herr Beleites, welches Hundegericht empfehlen Sie aktuell?
Da ich dem Frühling noch nicht recht traue und wir immer wieder mit recht stürmischem und kühlen Wetter rechnen müssen, ist die innerliche Wärme, die durch den Verzehr von Hundefleisch hervorgerufen wird, genau das Richtige. Zum Fest passt vortrefflich das "Altsächsische Kanonenfutter aus der Alano-Hundekeule", eingelegt in Rotwein, zubereitet mit viel Knoblauch und Kräutern der Provence.

Jahrelang existierte Ihre Anti-Hunde-Zeitschrift "Kot&Köter" nur als Name. Sie traten in Talkshows und Radiosendungen auf ohne je ein Heft publiziert zu haben. Ein grosser Bluff. Jetzt, nach den ersten drei Ausgaben, wurde gegen Sie angeblich Strafanzeige eingereicht (persoenlich.com berichtete). Ist das mit der Strafanzeige nun auch ein Bluff, um auf die Zahl der dringend benötigten 5000 Abos zu kommen?
Die Strafanzeige ist kein Bluff. Die Ermittlungsakte liegt bei der Staatsanwaltschaft Hamburg. Meine Vernehmung durch das Landeskriminalamt fand am vergangenen Montag statt, bezeichnenderweise in den Diensträumen der Abteilung „Staatsschutz“. Dank der medialen Aufmerksamkeit, die dieser Angriff auf "Kot&Köter" nach sich zog, plätschern jetzt wieder vermehrt Abo-Anfragen ein. Ich bin dem Anzeigenden richtig dankbar.



Sie schienen die Zeit als Chefredakteur ohne Blatt sehr zu geniessen. Was hat schlussendlich zur tatsächlichen Gründung des Heftes geführt? Wieso gibt es "Kot&Köter" heute?
2013 veranstaltete die dju, die Deutsche Journalisten Union ihren jährlichen Journalistentag unter dem Motto "Genug gejammert". Neue Wege für einen unabhängigen Journalismus sollten gezeigt werden. Ich schlug das Thema "Crowdfunding" vor, und wie immer bei Gewerkschaftern hiess es sofort: "Gutes Thema, mach mal." - Also startete ich einen Selbstversuch. Und es hat geklappt. Innerhalb eines Monats wurden im Netz 7000 Euro für eine Nullnummer von "Kot&Köter" gespendet. Da stand ich in der Pflicht, das Heft auch tatsächlich auf den Markt zu bringen.

Sie geben eine Anti-Hunde-Zeitschrift heraus. Warum sind gerade Hunde die Zielscheibe? Menschen können viel anstrengender sein, oder nicht?
Ein Hund ist für einen Menschen das ideale Vehikel, sein Machtgehabe und seine Arroganz zu demonstrieren und zu dokumentieren. Hund und Halter bilden eine tragische und oftmals gefährliche Symbiose. Das Problem liegt an beiden Enden der Hundeleine.

Sind Sie nicht einfach nur neidisch auf den Erfolg von Lassie, Kommissar Rex, Laika, Struppi, Beethoven und Konsorten?
Lassie könnte als Vorbild dienen, wurde sie doch nacheinander von 18 Collie-Rüden gespielt. 18 weitere Ausgaben ist daher mein Nahziel. Laika hingegen wurde ins All geschossen und verreckte dort. Das möchte ich meinen Autoren und Lesern ersparen. Und mit Kommissaren habe ich ja gerade meine Erfahrungen gemacht. Also: kein Neid auf die berühmten Hunde, geben sie doch reichlich Futter für die Zeitschrift her.

Was macht gute Satire aus?
Es gibt keine "gute" oder "schlechte" Satire, sondern nur Satire oder stümperhafte Versuche. Es gibt gute und schlechte Witze, herrliche Aphorismen und schlimme Kalauer. Satire will und muss angreifen und aufklären. Satire muss mit den Mitteln der Übertreibung arbeiten, mit der Überziehung den Nerv treffen.

Wie weit sind Sie von Ihrem Ziel von 5000 Abonnenten entfernt?
Wir liegen jetzt bei 1000 Abonnenten. Fehlen also noch viertausend, damit ich endlich meinen Autoren und Mitarbeitern faire Honorare bezahlen kann.

Lässt es sich als bekanntester Anti-Hunde-Journalist leben?
Ich bin jetzt 67 Jahre alt, habe 45 Jahre als Journalist gearbeitet und kann von meiner mittelprächtigen Rente leben. Sollten wir aber die Marke von 5000 Abos knacken, werde ich auch in die Verlagskasse greifen. Und sollten wir demnächst mehr Leser haben als "Dogs", beantrage ich die Schweizer Staatsbürgerschaft.

Der beste Anti-Hunde-Witz?
Kommt ein Hund um die Ecke ...

Gibt es eine Hunderasse, die Sie speziell stört?
Nein: Kennst du einen, kennst du alle. Ich bin aber ein Freund des Grubenhundes.

Letzte Frage: Welche Hunderasse entspricht am ehesten den Werbern?
Bei den Kreativen ist es sicherlich der Mops (siehe Hauptbild, Anm. d. Red.) oder die französische Bulldogge. Die administrativen Werber neigen eher zu einem Weimarer oder Windspiel. Und die Grossen im Geschäft entsinnen sich ihrer Anfänge und legen sich – jetzt mächtiger – eine englische Bulldogge zu.

Interview: Adrian Schräder//Bild: Keystone, zVg

Das Interview erschien in ähnlicher Form im der diesjährigen ADC-Festzeitschrift "ungewöhnlich".
 



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