05.03.2015

Magazin Z

"Es geht nicht mehr ums Label, sondern um die Kennerschaft"

Nach acht Jahren gönnt sich das "Z" ein neues Gewand. Das grossformatige Lifestyle-Magazin, das achtmal jährlich der "Neuen Zürcher Zeitung" und der "NZZ am Sonntag" beiliegt, passt sein Styling einem veränderten Luxusverständnis an. Was ist heute Luxus? Wir haben Nicole Althaus gefragt, - sie ist seit September für alle Magazine der "NZZ am Sonntag" verantwortlich. Ein Gespräch über Privilegien, die Zusammenarbeit mit Tyler Brûlé und Althaus' Ambitionen auf die Chefredaktion.
Magazin Z: "Es geht nicht mehr ums Label, sondern um die Kennerschaft"

Frau Althaus, am Wochenende erscheint das neue Magazin "Z" "mit einem gewandelten Luxusverständnis". Wie hat sich Ihr persönliches Luxusverständnis verändert, seit Sie bei der NZZaS sind?
In einem halben Jahr ändert sich das nicht. Und wohl auch nicht aufgrund eines Jobwechsels. Mit dem Alter allerdings schon. Ich habe heute andere Bedürfnisse als früher, aber auch andere Möglichkeiten, sie zu befriedigen.

Was bedeutet "Luxus" beruflich für Sie?
Bei den AZ Medien hatte ich den Luxus, mich mit "Wir Eltern" auf ein einziges Magazin zu konzentrieren. Jetzt habe ich nicht mehr nur ein einziges Baby, dafür arbeite ich bei der "NZZ am Sonntag" mit einigen der besten Journalisten der Schweiz zusammen. Ausserdem steht mein Bürotisch an der Falkenstrasse, am schönsten Platz der Stadt, mitten in Zürich. Das ist nach den Jahren in Aarau für mich persönlich ein grosser Luxus. "Wir Eltern" habe ich sehr gerne gemacht. Der Job als Chefredaktorin war sowohl persönlich, als auch beruflich wichtig. Aber nach den Jahren beim Mamablog und "Wir Eltern" bin ich nun nicht unglücklich, mich nicht mehr nur mit Elternthemen zu beschäftigen. Es gehört zum Luxus meines Berufes, sich immer wieder neuen Themen zuwenden zu können, sich intellektuell herausfordern zu lassen.

Und was bedeutet "Luxus" für Sie persönlich?
Mein Job ist gleichzeitig meine Leidenschaft. Es ist ein grosser Luxus, mit seinen Interessen Geld verdienen zu können. Zudem wohne ich sehr schön: in Wädenswil, nah am See.

Dies sind alles nicht-materielle Dinge.
Ja. Ich trage wenig Schmuck, mache mir nichts aus teuren Autos, liebe Brockenhäuser und Flohmärkte und reise nicht an wahnsinnig exotische Feriendestinationen. Bei Kleidern allerdings, da leiste ich mir ab und an ein teureres Stück.

Nach welcher Art Luxus wollen Sie "Z" neu ausrichten?
Laut Gottlieb Duttweiler Institut gibt es drei Phasen im Luxusverständnis: Die kindliche Phase aufstrebender Länder, die erstmals viel Geld zur Verfügung haben. Luxus ist dort gleichbedeutend mit Konsum. Darauf folgt die adoleszente Phase, in der es um Status geht, und die vom Labelfetischismus geprägt ist. In der adulten Phase wird der Konsum bewusster und das reife Luxusverständnis setzt auf Qualität und Authentizität. Das Erleben-Wollen ist wichtiger als das Kaufen-Müssen. Der Schweizer Konsument befindet sich irgendwo zwischen der adulten und der reifen Phase. Das "Z" versucht dieses Luxusverständnis abzubilden.

Wie zeigt sich das?
Der Bio-Boom beim Essen ist ein Beispiel. Die Leute wollen Qualität. Einige Konsumenten würden ein Schweinchen am liebsten taufen, bevor sie es essen. Sie wollen keine Massenprodukte von der Bahnhofstrasse, sondern suchen das besondere Stück im Atelier des Designers. Beim neuen Luxus geht es nicht mehr ums Label selber, sondern um die Kennerschaft – selbst wenn der Kunde der einzige ist, der weiss, dass sein Produkt hochwertig ist. Auch die Reisebranche beobachtet diesen Trend nach Authentizität. Touristen wollen nicht mehr in grossen Hotelbunkern ausserhalb übernachten, sondern in den Innenstädten wohnen, in Hotels, die ein spezielles Ambiente bieten, das man nur in dieser Stadt findet. Das Hilton mag noch so luxuriös sein, es sieht in New York gleich aus wie in Tokio oder Paris.

Und wie repräsentiert das "Z" dieses neue Luxusverständnis?
Wir setzen auf Optik und Haptik, wir nutzen die Vorzüge des Magazins und setzen uns vom Online-Lifestyle-Content ab: Wertiges Papier, grosszügige Fotostrecken, ein zukunftsweisendes Layout und aufwändig produzierte Geschichten. Für die erste Ausgabe haben wir Simone Cipriani, der für die Uno die Ethical Fashion Initiative ins Leben gerufen hat, in Genf getroffen und nach Florenz an die Modemesse Pitti begleitet. Er versucht internationale Designgrössen wie Stella Mc Cartney oder Vivienne Westwood mit kleinen Handwerksbetrieben in Afrika oder Hawai für eine langfristige Zusammenarbeit in Kontakt zu bringen.

Was ist sonst noch neu?
Beim Launch 2007 war "Z" die erste grossformatige Lifestyle-Beilage einer Schweizer Zeitung. Das erfolgreiche Produkt wurde oft kopiert; "Encore!" gehört dazu oder "icon" von "Die Welt". Zudem starteten Luxus-Marken, etwa die Warenhäuser Globus und Jelmoli, eigene Lifestyle-Magazine mit ähnlichem Look und Feel. Letztlich wurden überall Luxusprodukte einfach grossformatig abgebildet. Wenn ein Magazinkonzept im Corporate Publishing angelangt ist, wird es Zeit sich zu verändern und einen neuen Massstab zu setzen.

In der Mitteilung zum Launch schreiben Sie von "kreativem Savoir-vivre".
Das ist nicht meine Formulierung, aber ich weiss, was gemeint ist: Im neuen "Z" findet man einen Hoteltipp neben einer neuen Monografie eines spannenden, aber wenig bekannten Künstlers, das kleine Schwarze von Akris neben einem Bericht über die neue afrikanische Haute Cuisine in Paris. Das ist eine Art kuratierter Lebensgenuss. Ausserdem hat "Z" auch einen Meinungsteil, in dem renommierte Stimmen aus der Kunst- , Mode- , und Kulinarikszene zu Wort kommen.

Sie arbeiteten mit Tyler Brûlé zusammen. Wie nahm er Einfluss?
Die Agentur von Tyler Brûlé hat ein erstes Konzept und Design gemacht und dieses mit uns weiterentwickelt. Die Agentur, die auch "Monocle" herausgibt, ist international bestens vernetzt und verfügt über viel Magazin-Know-how. Sie hat uns nicht nur wertvollen Input gegeben, sondern uns auch mit vielversprechenden Talenten in Kontakt gebracht.

Was genau machen Sie eigentlich in Ihrer Funktion in der erweiterten Chefredaktion der NZZaS?
Ich bin für die Magazine der NZZaS zuständig, also für "Z", "Stil", "Residence", "Frame" und "Bücher am Sonntag". Dort weniger für alltägliche Redaktionsaufgaben, sondern mehr für die organisatorische Struktur, die Koordination zwischen Verlag, Produktion und Redaktion sowie für die grundsätzliche optische und inhaltliche Ausrichtung. Daneben bin ich Kolumnistin und Autorin für die NZZaS.

Die NZZ sucht ja immer noch einen Nachfolger für Markus Spillmann. Werden Sie sich als NZZaS-Chefredaktorin bewerben, sollte Felix E. Müllers Posten freiwerden?
Nein, das werde ich nicht tun. Ich weiss, was ich kann, aber ich weiss auch, was ich nicht - oder noch nicht - kann. Ich habe mich das letzte Jahrzehnt in Magazinen hauptsächlich mit gesellschaftlichen und familienpolitischen Themen auseinandergesetzt. Der Chefredaktor-Job bei der NZZsS setzt enorm breites Wissen voraus, viel Erfahrung und exzellente Vernetzung und zwar in jedem Bereich. Ausserdem braucht es eine gute Nase für strategische Neulancierungen. Ich bin lernfähig und lernfreudig. Aber nach sechs Monaten bei der NZZsS bringe ich die Voraussetzung für diesen Posten nicht mit. Das ist keine weibliche Bescheidenheit, sondern einfach nur ein gesunder Respekt vor dieser Aufgabe.

Interview: Edith Hollenstein, Bild: zVg



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