14.09.2014

NZZ

"E-Paper-Abos müssen unbedingt gleichwertig behandelt werden"

Verloren haben fast alle, ganz besonders die NZZ: Nach den neusten Wemf-Zahlen von letzter Woche macht sich an der Falkenstrasse aber nicht nur Enttäuschung breit, sondern auch Ärger. NZZ-Verlagschef Steven Neubauer fordert, dass die Wemf endlich auch E-Paper-Leser erfasst. Denn NZZ und NZZaS hätten zusammengezählt bereits 27'000 Digital-Abos.
NZZ: "E-Paper-Abos müssen unbedingt gleichwertig behandelt werden"

Herr Neubauer, die neuen Wemfzahlen sind für die ganze Branche schlecht ausgefallen (persoenlich.com berichtete). Doch die NZZ musste besonders stark Federn lassen: Die "NZZ am Sonntag" verlor 51'000 Leser (auf 415'000) und die "Neue Zürcher Zeitung" gar 24'000 (auf 255'000). Welche Konsequenzen haben diese Zahlen?
Unsere Leser nutzen vermehrt digitale Kanäle, um unsere Inhalte zu konsumieren. Die Zahlen der Wemf spiegeln das nicht wider. Sie zeigen uns aber, dass wir uns bewegen müssen und das tun wir. Als klarer Marktführer bei den Digitalabos haben wir dafür eine gute Ausgangsbasis.

Mit Verlusten in welcher Grössenordnung müssen Sie rechnen?
Die Entwicklung der Leserzahlen kann ich nicht vorhersagen. Wir rechnen aber generell damit, dass die Bedeutung der digitalen Kanäle zunehmen wird.

Bei der Wemf-Erhebung werden E-Paper-Leser bewusst nicht mitgezählt. Was bedeutet dies für die "NZZ am Sonntag" und die "Neue Zürcher Zeitung"?
Die Wemf erhebt aktuell tatsächlich nur die Leserschaft der gedruckten Zeitungsausgaben. Stand heute haben wir auf Basis unserer eigenen Daten bei der "Neuen Zürcher Zeitung" ca. 16'000 rein digital verbreitete Abos. Bei der NZZ am Sonntag sind es ca. 11'000. Davon sind bei beiden Titeln jeweils mehr als 75 Prozent bezahlte Digitalabos.

Und die anderen?
Ca. 25 Prozent sind digitale Gratisabos, die wir einsetzen um neue Kunden zu gewinnen. Beispielsweise haben wir eine Kooperation mit einem Apple Reseller. Käufer eines iPads erhalten ein 3-Monats-Gratisabo der NZZ und erhalten am Ende der drei Monate ein Angebot für ein bezahltes Abo.

Was fordern Sie von der Wemf?
Die Leserschaftszahlen der Wemf berücksichtigen die Nutzung dieser E-Paper-Abos nicht. Da diese 1:1 der Druckausgabe entsprechen, müssen sie nach unserem Verständnis zukünftig unbedingt gleichwertig behandelt werden. Gleiches gilt für die E-Paper Nutzung unserer Print-Abonnenten, die das E-Paper automatisch im Print-Abo mit erhalten.

Aber ist ein Leser des E-Papers gleich viel wert wie ein Leser der gedruckten Ausgabe? 
Für mich spielt es keine Rolle welchen Kanal unsere Kunden nutzen. Wir wollen auf allen relevanten Zugangswegen ein passendes Angebot bieten. Für den Werbemarkt sind die E-Paper-Leser meiner Meinung nach gleichwertig, da es sich um eine identische Replika der gedruckten Zeitung handelt. Die Inserate werden 1:1 widergegeben.

Dabei kann auch ein Digital-Abo von mehreren Personen benützt werden. 
Wir können das noch nicht exakt messen. In unseren Daten sehen wir aber, dass gleiche Logins für mehrere E-Paper-Downloads verwendet werden - was für Personen, die in einem Haushalt leben selbstverständlich möglich sein soll.

Was, wenn jemand sein Passwort für den NZZ-Account an mehrere Kollegen weitergibt? 
Missbräuche sind noch nicht vollumfänglich auszuschliessen. Aber wir prüfen regelmässig die unverhältnismässige Mehrfachnutzung von Logins, ähnlich wie das die "Financial Times" macht. Solche Fälle sind für uns auch eine Chance zusätzliche Abonnenten zu gewinnen.

NZZ-Verwaltungsratspräsident Etienne Jornod legte kürzlich dar, wie er mit Investitionen in die Publizistik das Überleben des Traditionshauses sichern will (persoenlich.com berichtete). Was bedeutet dies für Sie und Ihre Digital-Strategie?
Wir müssen wirtschaftlich unabhängig sein, um unabhängigen Journalismus betreiben zu können. Darum investieren wir in die Publizistik und die Optimierung sowie den Ausbau unserer Angebots- und Produktpalette, insbesondere in neue digitale Produkte. 

Woran genau tüfteln Sie?
Wir arbeiten an einer Reihe von zielgruppenspezifischen Produktkonzepten. Für Details ist es jetzt aber noch zu früh. Ab 2015 dürfen Sie einige neue Angebote von uns erwarten. Eines der ersten wird NZZ.at in Österreich sein, mit dem wir spätestens im ersten Quartal 2015 an den Markt gehen wollen.

Was bedeutet dies für die Arbeitsabläufe in den Redaktionen und die Arbeitsanforderungen an einzelne Journalisten?
Wir arbeiten sehr eng mit der Redaktion und der Technologie zusammen. Für Details zu den Arbeitsabläufen in der Redaktion muss ich an meinen Kollegen Markus Spillmann verweisen, der als Chefredaktor diesen Bereich verantwortet.

Inwiefern gibt es Pläne, Ressorts der NZZ und NZZaS zusammenzulegen?
Solche Pläne sind mir nicht bekannt.

Fragen: Edith Hollenstein, Bild: zVg


Steven Neubauer ist Leiter Marketing und Produkte und Mitglied der Unternehmensleitung der NZZ-Mediengruppe.



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