14.03.2015

NZZ-Gruppe

"Wir werden sicher kein Hundefutter verkaufen"

Tamedia glänzt, die NZZ ächzt: Die beiden Unternehmen haben sich eine grundsätzlich andere Strategie zurecht gelegt, um den Medienwandel zu bewältigen. Während sich Tamedia mehr und mehr vom Journalismus verabschiedet und ihr Glück im Digitalen sucht, fokussiert die NZZ voll auf die Publizistik. Veit Dengler hat die Druckerei in Schlieren geschlossen und in den nächsten Monaten will der NZZ-CEO Schlag auf Schlag mehrere neue redaktionelle Produkte lancieren. Kann er damit ausreichend Einnahmen erwirtschaften? persoenlich.com hat an der Zürcher Falkenstrasse nachgefragt.
NZZ-Gruppe: "Wir werden sicher kein Hundefutter verkaufen"

Herr Dengler, einen Tag nachdem Ihr direkter Konkurrent ein Top-Ergebnis präsentierte, mussten Sie am Freitag 40 Millionen Verlust bekannt geben. Ärgert oder verletzt dies Ihren CEO-Stolz? 
Der Verlust ist auf die Schliessung der Druckerei und die damit zusammenhängenden Wertberichtigungen und Rückstellungen zurückzuführen. Das ärgert mich überhaupt nicht, im Gegenteil: Ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden, denn wir sind mitten in einem Umbau. Die Transformation läuft gut, doch sie dauert natürlich einige Zeit und wird erst in ein paar Jahren Früchte tragen.

Mit welchem Zeitraum rechnen Sie?
Als wir Anfang 2014 unsere Strategie verabschiedet haben, haben wir klar kommuniziert, dass sich dies 2014 und 2015 negativ im Ergebnis niederschlagen wird. Die positiven Effekte werden sich erst ab Mitte 2016 einstellen.

Der Geschäftsbereich NZZ liegt 0.9 Millionen im Minus, während er 2013 noch 8.3 Millionen Gewinn machte. Wie kam diese grosse Differenz zu Stande?
Im Geschäftsbereich NZZ sind 2014 die grössten Investitionen in Publizistik und Technologie angefallen. Zudem haben wir bestehende Produkte weiterentwickelt und neue entwickelt und lanciert. Dazu zählen im Printbereich etwas das Filmmagazin Frame und im Digitalen NZZ.at.

Sie haben zudem die Regionalzeitungen zusammengelegt. Hat sich inzwischen heraus kristallisiert, wo Kooperationen möglich sein werden?
Wir sind daran, sowohl im kommerziellen wie auch im redaktionellen Bereichen Synergiepotential zu identifizieren und zu nutzen. Das ist ein laufender Prozess.

Was wird sich ändern?
Das sind viele kleine Änderungen, die wir sukzessive umsetzen.

Wie eng werden Sie mit dem neuen Chefredaktor zusammenarbeiten?
Genau wie sein Vorgänger rapportiert Eric Gujer an mich und in publizistischen Belangen an den Verwaltungsratspräsidenten. Wir werden etwa im Projekt NEO, also der Anpassung unserer Print-Ausgabe an die veränderten Leserbedürfnisse, sehr eng zusammenarbeiten. Auch mit Felix E. Müller und Anita Zielina werde ich eng zusammenarbeiten.

Wie stark konnten Sie bei der Wahl Einfluss nehmen?
Der Chefredaktor wird vom Verwaltungsrat bestimmt. Ich wurde, wie auch die Redaktion, in die Auswahl miteinbezogen. Ich hatte dabei eine beratende Funktion.

Was steht für 2015 zuoberst auf der Agenda?
Wir wollen laufend Produkte lancieren. Unser Ziel ist es, jedes Quartal ein neues Produkt auf den Markt zu bringen. Diesem Ziel sind wir jetzt schon voraus. Wir haben dieses Jahr NZZ.at gestartet, das "Magazin Z“ völlig überarbeitet und im April werden wir "NZZ Geschichte" herausbringen, ein Magazin mit vierteljährlichem Erscheinungsrhythmus und eigenen Inhalten. Dieses Magazin bedient eine Marklücke, denn in der Schweiz gibt es bislang noch kein Geschichtsmagazin.

Mit Ihrem Fokus auf die Publizistik richten Sie das Unternehmen deutlich entgegen der Strategie Ihrer Konkurrenten aus. Tamedia und auch Riniger setzen auf neue Ertragsquellen, Online-Rubrikenmärkte, E-Commerce. Wie wird die NZZ künftig die weggebrochenen Einnahmen erwirtschaften?
Tamedia befindet sich ja in sehr breiter Gesellschaft. Auch Burda oder Axel Springer setzen auf diese Strategie. Diese Unternehmen nehmen Geld aus dem traditionellen Zeitungsgeschäft heraus und sparen dort Kosten, um das Geld dann in anderen Bereichen, zum Beispiel bei E-Commerce, wieder zu investieren. Diese Unternehmen verkaufen alles: von Autos bis Hundefutter. Das ist eine valable Strategie. Tamedia setzt sie auch gut um. Doch wir als NZZ-Mediengruppe gehen einen anderen Weg. Unsere Kernaufgabe ist der Bereich Medien. Auf diese Kernaufgabe wollen wir uns konzentrieren.

Sie glauben, dass Sie mittelfristig genügend Geld verdienen, ausschliesslich über Abo-Einnahmen und Werbeverkauf?
Neben dem Kerngeschäft, in dem wir stabil bleiben wollen, haben wir auch die mediennahen Geschäftsfelder mit einer Wachstumsstrategie. Mit Konferenzen oder Wirtschaftsauskunftsplattformen lässt sich Geld verdienen. Da sind wir jetzt schon sehr gut unterwegs. Die Konferenzen haben eine enge Bindung zu unserer Marke. Einige führen wir sogar unter der Marke NZZ durch. Diesen Bereich wollen wir weiter ausbauen. Aber wir werden sicher kein Hundefutter verkaufen.

Sie würden bei der NZZ keinen Stein auf dem anderen lassen und es bestehe der Verdacht, dass Sie sich als Manager profilieren und daher die NZZ-Gruppe kurzfristig auf Vordermann bringen wollen, um dann in die österreichische Politik zu wechseln, schrieb die "Bilanz" kürzlich.
Man darf nicht alles glauben, was man in anderen Medien liest.

Sie glauben aber alles, was Sie in der "NZZ" lesen?
Natürlich. (lacht)

Ihr Vertrag läuft laut dem "Bilanz"-Artikel 2018 aus. Was wollen Sie nachher machen?
Das stimmt – wie einiges in diesem Artikel – nicht. Im NZZ-Management haben wir keine zeitlich befristeten Verträge.

Was sind Ihre Ziele für die nächsten drei Jahre? Nach welcher Vision richten Sie Ihre Entscheidungen aus?
Wir wollen mit der Publizistik Geld verdienen. Die Qualität unserer Produkte ist deshalb zentral. Unsere wesentliche Kennzahl ist die Anzahl zahlender Kunden. Im Vordergrund steht nicht die Gegenüberstellung von Print und Digital. Die meisten Menschen sind gleichzeitig Print- und Digital-Nutzer. Für die zahlende Kundschaft verbessern wir unsere publizistischen Produkte und entwickeln neue – sowohl im Stammhaus als auch in den Regionalmedien. Dort haben wir beispielsweise eine Innovationszelle eingeführt, die neue crossmediale Angebote im regionalen Online-Geschäft entwickelt. Aber auch die bestehenden Onlineportalen werden wir weiterentwickeln.

Interview: Edith Hollenstein, Bild: Keystone

 



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