10.09.2014

Ringier

Stéphane Benoit-Godet wird Chefredaktor von "Le Temps"

Ein Stellenabbau ist im Rahmen der Umstrukturierung nicht ausgeschlossen.
Ringier: Stéphane Benoit-Godet wird Chefredaktor von "Le Temps"

Das Medienhaus Ringier will die Westschweizer Tageszeitung "Le Temps" 2015 in einem gemeinsamen Newsroom mit "L'Hebdo" und "Edelweiss" in Lausanne zusammenführen. Neuer Chefredaktor wird Stéphane Benoit-Godet. Ringier schliesst einen Stellenabbau nicht aus, plant aber vorerst keine Entlassungen.
 
Rund fünf Monate nach der Übernahme von "Le Temps" hat das Zürcher Medienhaus Ringier am Mittwoch die Zukunft der Qualitätszeitung skizziert. Bereits am Dienstagabend war durchgesickert, dass das bisherige Führungsduo abtreten wird.
 
Valérie Boagno, Geschäftsführerin und Mitgründerin der Zeitung, verlässt das Unternehmen. Chefredaktor Pierre Veya (Bild gannz unten) bleibt noch bis im April 2015. Ringier spricht von einer "einvernehmlichen Trennung". Zu den Abgängen beigetragen haben dürfte aber auch die Tatsache, dass "Le Temps" vor dem Umbruch steht.



Die Redaktion soll nach Lausanne verlegt werden; nur rund zehn Mitarbeitende bleiben am bisherigen Hauptsitz Genf.
 
Nachfolger von Pierre Veya wird Stéphane Benoit-Godet (Hauptbild), der bisherige Redaktionsleiter des Wirtschaftsmagazins "Bilan". Er ist für die Redaktion von "Le Temps" kein Unbekannter: Von 1998 bis 2006 war er Leiter des Wirtschaftsressorts.
 
Newsroom mit "L'Hebdo" und "Edelweiss"
In Lausanne ist ein Newsroom mit dem Wochenmagazin "L'Hebdo" und der Monatszeitschrift "Edelweiss" geplant. "Die drei Qualitätstitel sollen dabei inhaltlich voneinander profitieren, publizistisch aber weiterhin unabhängig bleiben", wie Ringier mitteilte.
 
Man sei überzeugt, dass das Synergiepotential nur durch die räumliche Nähe zum Sitz von Ringier Romandie umgesetzt werden könne, sagte Ringier-Mediensprecherin Danja Spring auf Anfrage der sda.
 
Ringier schliesst einen Stellenabbau nicht aus. "Aktuell sind keine Entlassungen geplant", sagte Spring. Im Rahmen der Umstrukturierung der Unternehmen könne es zu doppelt besetzten Posten kommen.
 
Dies könne wiederum den Abbau von Arbeitsplätzen mit sich bringen. Derzeit arbeiten rund 140 Personen bei "Le Temps".
 
Die Vorgaben für den Newsroom werden laut Spring in den kommenden Monaten von einer Projektgruppe erarbeitet. Darin seien Redaktion und Management vertreten.
 
2013 zum Verkauf ausgeschrieben
"Le Temps" ist neben "Le Matin" die einzige überregionale Tageszeitung in der Romandie. Sie spielt eine wichtigere Rolle, als es ihre eher bescheidene Auflage von knapp 40'000 Exemplaren bei einer Reichweite von 99'000 Lesern (MACH Basic 2014-2 der WEMF) vermuten lässt.
 
"Le Temps" ging 1998 aus dem Zusammenschluss der Zeitungen "Journal de Genève et Gazette de Lausanne" und "Le Nouveau Quotidien" hervor. Bis 2013 waren Tamedia und Ringier mit je 46,2 Prozent Hauptaktionäre.
 
Als die beiden Medienhäuser die Zeitung im Oktober 2013 zum Verkauf ausschrieben, ging ein Aufschrei durch die Romandie. Die Führungsriegen der beiden Medienhäuser wurden von der Waadtländer und Genfer Kantonsregierung zu Gesprächen vorgeladen.
 
An der Übernahme waren unter anderem Uhrenfabrikant Jean-Claude Biver, die Wirtschaftszeitung "L'Agefi" und ein "Cercle des Amis du Temps" interessiert. Weil kein passendes Angebot einging, übernahm im April schliesslich Ringier die Zeitung. Ringier-CEO Marc Walder sprach damals von einer "Herzenssache". Man sei bereit zu investieren.
 
Impressum beunruhigt
Der Verein der Freunde von "Le Temps" wollte sich auch nach der Übernahme an der Zeitung beteiligen. Ringier lehnte eine Minderheitsbeteiligung jedoch ab. Ende August gab die Wettbewerbskommission WEKO grünes Licht für die Übernahme.
 
Die Reaktionen zum Umbruch bei der Qualitätszeitung fallen gemischt aus. Der Berufsverband Impressum zeigte sich beunruhigt über einen möglichen Stellenabbau. Die Redaktion habe in den vergangenen Jahren bereits mehrere Restrukturierungen hinnehmen müssen.
 
Die Redaktionsvereinigung bezeichnete den Abgang des Führungsduos und den Umzug nach Lausanne als "tiefen Bruch" mit der Geschichte und der Identität des Titels. Die Redaktion bedauerte zudem, dass sie an den Entscheidungen bezüglich Umzug und Newsroom nicht beteiligt worden war, obwohl der Gesamtarbeitsvertrag das vorsehe.
 
Auch der Präsident der Genfer Kantonsregierung, François Longchamp (FDP), zeigte sich am Mittwoch besorgt. Der Umzug der Mehrheit der Redaktion sei nicht erfreulich, aber die Hauptsorge gelte der Zukunft der Zeitung. (sda)



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