11.11.2014

Ringier

"Unternehmen müssen gezielt nach Frauen suchen"

Sie führte 40 Leute. Nun aber verlässt Nachrichtenchefin Karin Baltisberger nach sieben Jahren den "Blick". Sie geht zur Mobiliar, wo sie Leiterin Unternehmenskommunikation und Direktionsmitglied wird. Die Philosophie der Versicherungsgesellschaft habe sie überzeugt, und dass das Unternehmen aktiv Frauenförderung betreibe, sagt die 31-Jährige im Interview. Firmen sollten nicht darauf warten, dass sich Frauen bei ihnen melden. Sie müssten Frauen gezielt angehen. Das gelte auch für Ringier.
Ringier: "Unternehmen müssen gezielt nach Frauen suchen"

Frau Baltisberger, Sie hängen Ihren Chef-Job bei Ringier an den Nagel und wechseln zur Mobiliar. Freuen Sie sich auf mehr Gemütlichkeit?
Im Gegenteil. Ich suche keine Gemütlichkeit, sondern die Herausforderung. Bei der Mobiliar geht es um vielfältige Kommunikationsfragen, auch auf strategischer Ebene. Das Unternehmen muss seine Kommunikation auf die digitalisierte Welt ausrichten. Das interessiert mich sehr.

Warum wechseln Sie?
Der neue Job ist eine Chance und eine Horizont-Erweiterung. Ich bin Leiterin Unternehmenskommunikation und Mitglied der Direktion. Das bedeutet, dass ich einen Schritt in eine neue Richtung machen und gleichzeitig viele meiner Fähigkeiten einbringen kann. Wenn ein Journalist in die Kommunikation wechselt, sprechen viele von einem Seitenwechsel. Meiner Meinung nach haben die beiden Berufsbilder aber sehr viele Ähnlichkeiten.

Den Abschied vom Journalismus sehen Sie also nicht als definitiv.
Ich kann mir gut vorstellen, irgendwann in den Journalismus zurückzukehren. Am liebsten als Chefredaktorin. Aber vorerst möchte ich mich voll und ganz auf meine neue Aufgabe konzentrieren.

Wie viel besser verdienen Sie bei der Mobiliar als beim "Blick"?
Der Lohn war nicht die Entscheidungsgrundlage. Ich will nicht primär viel Geld verdienen, sondern ein interessantes Aufgabengebiet haben.

Dass der Job als Kommunikationsverantwortliche je nach Unternehmen spannend sein kann, ist durchaus vorstellbar. Doch warum zieht es Sie ausgerechnet zu einer Versicherung?
(lacht). Die Werte der Mobiliar, ihre Firmenphilosophie, die zum Beispiel auch Frauenförderung beinhaltet, überzeugten mich. Ebenso wie der CEO Markus Hongler und seine Vision. Ich mag Unternehmen, die einen Plan haben. Und die Mobiliar hat einen.

Was genau macht das Unternehmen im Bereich Frauenförderung besser als andere?
Die Mobiliar setzt sich aktiv dafür ein, dass Frauen in Führungspositionen kommen. Ziel ist eine ausgeglichene Geschlechterverteilung in Kaderpositionen. Das ist nicht nur ein Lippenbekenntnis. Das Unternehmen hat erkannt, dass die Frauenförderung auch ein Gewinn für das Unternehmen ist. Um das Ziel zu erreichen, wird grosser Aufwand betrieben.  

Kam die Mobiliar auf Sie zu oder bewarben Sie sich auf die Stelle?
Ein Head-Hunter kam auf mich zu.

Werden bei Ringier Frauen zu wenig gefördert und welches wären hierbei die wichtigsten Massnahmen, die ein Unternehmen ergreifen sollte?
Meiner Meinung nach hat Ringier das gleiche Problem wie viele Firmen: Frauen in Kaderpositionen und vor allem im Topmanagement sind rar. Unternehmen dürfen nicht darauf warten, dass sich Frauen bei ihnen melden. Sie müssen gezielt nach ihnen suchen. Genauso wichtig ist aber, dass man auch intern Frauen weiterbringt und befördert. So hat es meine frühere Chefin Andrea Bleicher bei mir gemacht und so habe ich es bei meinen Teamleiterinnen gehalten. Die beiden haben noch eine grosse Zukunft vor sich. Ich hoffe, sie werden meine Nachfolge antreten.

Werden Sie selber bei Mobiliar auch Frauenförderung betreiben? 
Natürlich ist mir das weiterhin ein grosses Anliegen. Es geht mir nicht darum, Frauen zu bevorzugen, aber sie zu unterstützen und ihnen, falls nötig, Mut zuzusprechen.

Sie sind erst 31 Jahre alt. Warum sind Sie so schnell vorwärts gekommen? 
Ich arbeite sehr gerne, bin fleissig und ehrgeizig. Ausserdem sehr organisiert und immer gut vorbereitet. Diese Fähigkeiten haben mir sicher geholfen, vorwärts zu kommen. Aber das alleine reicht nicht: Es brauchte auch Leute, die mein Talent erkannten, an mich glaubten und mir Chancen ermöglichten. Und dann muss man den Mut haben, die Chancen zu packen.

Warum starten Sie erst in einem Jahr?
Ich fange am 1. Juni bei der Mobiliar an. Nach dreimonatiger Einführung starte ich dann am 1. September offiziell in der neuen Position. In den letzten Jahren habe ich sehr viel gearbeitet. Die Zeit bis zu meinem Stellenantritt möchte ich darum für mich nutzen und plane auch eine längere Reise.

Interview: Edith Hollenstein, Bild: zVg

 


Karin Baltisberger hat im Jahr 2007 den Diplomstudiengang "Journalismus und Organisationskommunikation" an der ZHAW in Winterthur abgeschlossen. Schon während des Studiums arbeitete sie für den "Blick", wo sie nach Abschluss eine feste Stelle antrat. Im Jahr 2013 übernahm sie als Nachfolgerin von Andrea Bleicher die Leitung des Nachrichten-Ressorts. (eh)

 

 



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