25.09.2013

Fög

Qualität in den Medien erodiert weiter

Relevanz der Nachrichten hat abgenommen.
Fög: Qualität in den Medien erodiert weiter

 

Die Schweizer Medien ordnen Ereignisse zunehmend schlechter ein. Die Berichterstattung sei oftmals episodenhaft und vermittle kein Hintergrundwissen. Zu diesem Schluss kommt das Jahrbuch 2013 "Qualität der Medien Schweiz".

Insgesamt sei die Qualität in den Schweizer Medien in den vergangenen elf Jahren weiter erodiert, stellen die Studienautoren am Mittwoch bei der Präsentation des Jahrbuchs fest. Medientitel mit hoher Qualität hätten spürbar an Auflage und Nutzung verloren, während Angebote mit niedriger Qualität massiv zugelegt hätten.

Besonders ausgeprägt sei dieser Trend in den Westschweizer Medien gewesen, sagte Co-Studienautor Mark Eisenegger. Als Ursache sieht er die anhaltende Medienkonzentration. Vorreiter dieses Prozesses sei die Tamedia, die in der Romandie auf einen Marktanteil von 68 Prozent komme.

Softnews auf dem Vormarsch
Soziologieprofessor Kurt Imhof, der das Jahrbuch ins Leben gerufen hat, kam an der Medienkonferenz auf die Medienschelte von Bundespräsident Maurer zurück. Dessen Kritik treffe im Kern zu, denn "wir haben einen Verlust an Vielfalt auf allen Ebenen in der Medienlandschaft zu beklagen". Maurer hatte vor zwei Wochen in einer Rede am Verlegerkongress beklagt, dass die Medien in der Schweiz inhaltlich gleichgeschaltet seien und sich zu stark von ihrer staatspolitischen Rolle entfernt hätten (persoenlich.com berichtete).

Ein besonders schlechtes Zeugnis stellt das Jahrbuch den Gratiszeitungen und den Online-Angeboten der Boulevard-Medien aus. Diese würden die Ereignisse am wenigsten einordnen, und der Gehalt an Softnews sei überdurchschnittlich hoch. Besser schnitten dagegen die Boulevard-Zeitungen ab.

Punkto Nachrichtenqualität steht das öffentlichrechtliche Radio nach wie vor an der Spitze, gefolgt von den überregionalen Abonnementszeitungen wie "Neue Zürcher Zeitung", "Le Temps" oder "Tages-Anzeiger". Die Online-Portale schaffen es dagegen nicht in die Hitliste der Titel mit höchster Qualität. Sie rangieren im Mittelfeld oder weiter unten.

Unerfüllte Versprechungen des Internets
Abgenommen hat auch die Relevanz der Nachrichten: Softnews rückten 2012 im Vergleich zum Vorjahr etwas stärker in den Vordergrund. Eine Erklärung mag sein, dass das vergangene Jahr durch prominente Sportereignisse wie Olympia geprägt war, wie Eisenegger bemerkte.

Sorgen bereitet den Forschern die Entwicklung der Informationsmedien von Presse, Radio und TV. Sie seien einem Nutzungsschwund ausgesetzt, lautet nicht zum ersten Mal der Befund der Studie. Im Vergleich zum Vorjahr seien allein bei der Informationspresse die Werbeerlöse 2012 um 183 Millionen Franken zurückgegangen. Die Informationsmedien seien aber ein "unverzichtbares Element der Demokratie", konstatieren die Forscher. Aus ihrer Sicht lässt sich unter den heutigen Bedingungen das bestehende Angebot aber in Zukunft nicht sichern. "Die Versprechungen des Internets haben sich bislang nicht erfüllt", sagte Eisenegger.

Mythen widerlegt
Nicht verschont blieben auch die Verleger und Chefredaktoren, denen die Forscher vorwerfen, immun gegen Kritik zu sein. Der "Mythos von der besten Zeitungslandschaft aller Zeiten" sei langfristig aber fatal. Der Appell der Forscher: Die Medienzunft müsse die Standards im Journalismus wieder stärken.

Für den Verband Schweizer Medien stellt das Jahrbuch grundsätzlich kein "brauchbarer Gradmesser" für den Zustand der Medien dar. Die Lektüre lasse an dessen Objektivität und wissenschaftlicher Seriosität zweifeln, teilte der Verband mit. Zudem sei nominelle Titelvielfalt kein hinreichendes Qualitätskriterium.

Das Jahrbuch 2013 "Qualität der Medien Schweiz Suisse Svizzera" wurde vom Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich verfasst. Finanziert hat die Studie die Stiftung Öffentlichkeit und Gesellschaft. (sda)



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