01.04.2015

Ukraine

Einziger TV-Sender der Krimtataren stellt Betrieb ein

Die russische Medienaufsicht hat die Zulassung nicht erteilt.

Der Fernsehsender der tatarischen Minderheit auf der von Russland annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim hat seinen Betrieb eingestellt. Hintergrund ist die Entscheidung der russischen Medienaufsicht, den TV- und Radiosendern der Krimtataren keine Zulassung zu erteilen.

"Um Mitternacht haben wir aufgehört zu senden", sagte die stellvertretende Chefin des Senders ATR, Lilja Budschurowa, am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. Im September war ATR von den Moskau-treuen Behörden auf der Krim des "Extremismus" beschuldigt worden. Der Sender hetze die Tataren auf der Krim gegen die Regierung auf, lautete der Vorwurf. Vor der Zentrale der Rundfunkanstalt in Simferopol versammelten sich am Mittwoch bis zu 200 Mitarbeiter, um gegen die Schliessung zu protestieren. "Die Leute sind furchtbar enttäuscht", sagte Budschurowa, die auch als AFP- Korrespondentin arbeitet.

Kritik aus Kiew

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko verurteilte das erzwungene Aus für den Sender. "Ihr könnt den Sender schliessen, aber ihr könnt nicht die Krimtataren davon abhalten, nach der Freiheit und der Wahrheit zu streben", schrieb der Staatschef im Onlinedienst Twitter. Russland hatte die Krim im März 2014 ungeachtet internationaler Proteste annektiert, nachdem sich die Bevölkerung zuvor in einem umstrittenen Referendum mehrheitlich für den Beitritt ausgesprochen hatte. Zwei Wochen zuvor hatte Staatschef Wladimir Putin russische Spezialtruppen auf die Krim geschickt. Die krimtatarische Minderheit wandte sich mehrheitlich gegen die Annexion. Moskau geht seither mit harter Hand gegen die Minderheit vor - Aktivisten wurden festgenommen und Anführer von der Krim verbannt. Von den rund zwei Millionen Bewohnern der Krim, die mehrheitlich russische Wurzeln haben, gehören etwa 300'000 dem muslimischen Turkvolk der Tataren an.

Unter Diktator Josef Stalin wurden sie als "Nazi-Kollaborateure" verfolgt und zwangsumgesiedelt. Erst zum Ende der Sowjetunion durften sie in ihre Heimat zurückkehren. Putins Staatsführung bestreitet eine Benachteiligung der Minderheit vehement. (sda)



Kommentar wird gesendet...

Kommentare

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240420