14.09.2015

Weltwoche

"Ich bepflastere Zürich nicht mit Köppel-Plakaten"

Roger Köppel sagt im Interview, wie sich seine Publizität auf seine Wahlchancen auswirkt.
Weltwoche: "Ich bepflastere Zürich nicht mit Köppel-Plakaten"

Kein Tag ohne Köppel: Einmal ist es der Streit mit Roger Schawinski, ein anderes Mal eine überbordende Talkshow in Deutschland oder ein Videoclip, in dem er mit heruntergezogener Hose die WOZ liest.
persoenlich.com hat den "Weltwoche"-Verleger und SVP-Nationalratskandidaten gefragt, wie sich seine Publizität auf seine Wahlchancen und die "Weltwoche" auswirkt.

Herr Köppel, Sie sind der Star-Kandidat der SVP und dementsprechend medial sehr präsent. Wie verläuft Ihr Wahlkampf bis jetzt?
Danke für die Blumen, aber ich denke nicht darüber nach, wie es läuft, meine Befindlichkeit steht nicht im Zentrum. Ich mache sehr viele Auftritte, um die Themen Asyl, EU, Unabhängigkeit und Schweiz nach vorne zu bringen.

Wie viele Auftritte absolvieren Sie denn ungefähr pro Woche?
Etwas über einen Auftritt pro Abend im Durchschnitt.

Ein wöchentlicher Medienauftritt fällt nun ja weg. Roger Schawinski hat "Roger gegen Roger" abgesetzt. Er sagte, er sei über Sie erschrocken. Tut es Ihnen ein wenig Leid, einen Streitgefährten verloren zu haben?
Ich bin selber erschrocken, dass Roger Schawinski mich nicht mehr verkraftet.

Ursprung des Zerwürfnisses soll eine Zeugenaussage gewesen sein, Roger Schawinski solle vor Gericht die "Weltwoche" im Fall Sarasin entlasten und hat Ihnen das übel genommen. Stimmt das?
Es ist wahr, dass Philipp Sarasin die 'Weltwoche' vor Gericht gezerrt hat, aber zu einem laufenden Verfahren nehme ich keine Stellung.

Sie treten ja nicht nur in der Schweiz auf, sondern werden regelmässig auch in Talkshows nach Deutschland eingeladen. Weshalb ist es Ihnen so wichtig, sich auch in Deutschland zu profilieren?
Profilierung ist gut und der Profillosigkeit in jedem Fall vorzuziehen. Ich werde vermutlich eingeladen, weil in Deutschland sich immer weniger Journalisten und Politiker trauen, in der Öffentlichkeit kritische Meinungen zu vertreten. Ich versuche bei diesen Sendungen, immer auch die Schweiz als Land der Meinungsvielfalt und der Offenheit zu präsentieren. Das ist eine der grossen Stärken unserer direkten Demokratie.

Haben Sie überhaupt noch Zeit, sich um die "Weltwoche" zu kümmern oder haben Sie da Aufgaben abgegeben?
Sicher! Ich habe in diesem Jahr neue, hervorragende Leute rekrutiert wie den Wirtschaftsjournalisten Beat Gygi oder die Kultur- und Gesellschaftsjournalistin Claudia Schumacher. Natürlich unterstützt mich mein Team um Philipp Gut hervorragend. Dafür bin sehr dankbar.

Wie hat sich Ihre Kandidatur eigentlich auf die Verkaufszahlen der "Weltwoche" ausgewirkt?
Bis jetzt positiv, aber ich schliesse nicht aus, dass es auch Rückschläge geben kann, wenn man sich politisch stark engagiert. Das müsste man dann ertragen. Bei so einem Schritt, wie ich ihn gemacht habe, ist es wichtig, dass man mit sich im Reinen ist, dass das Motiv stimmt. In Bern verschenken sie die Schweiz kriecherisch an die EU. Es reicht nicht mehr, nur darüber zu schreiben. Man muss aktiv dagegen kämpfen.

Wie gross ist Ihr Wahlkampfbudget und woher kommt das Geld?
Ich habe noch nicht gerechnet, aber ich freue mich auf Unterstützung jeder Art auf meiner Webseite.

Sie werden doch aber immerhin wissen, wie viel Sie selbst investieren?
Das sehen wir dann. Ich konzentriere meine Mittel auf die Veranstaltung von Vorträgen oder Streitgesprächen zu den erwähnten Themen. Zu Ihrer Beruhigung: Ich bepflastere Zürich nicht mit Köppel-Plakaten.  

Wenn man Sie an Auftritten beobachtet sieht man, dass Sie ein rhetorisches Talent sind. Kommt das spontan oder bereiten Sie sich minutiös auf Ihre Gesprächspartner vor?
Ich versuche einfach, über Themen zu reden, von denen ich etwas verstehe. Wo das nicht der Fall ist, schweige ich.

Interviews hingegen scheinen nicht Ihre Lieblingsdisziplin zu sein, Sie sind bekannt für Ihre ausweichenden Antworten.
Finden Sie? Ich weiche nur aus, wenn es in Befindlichkeitsforschung ausartet. Ich kämpfe für die Staatssäulen der Schweiz, für Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Die sind in Gefahr. Über diese Themen spreche ich gern. Als Person stehe ich seit 15 Jahren in der Öffentlichkeit, bin also nicht ganz unbekannt.

Lange haben Sie und die SVP in diesem Wahlkampf auf die Asyldebatte und die Eritreer in der Schweiz gepocht und damit die Medien dominiert. Dann wendete sich die Stimmung abrupt, als das Bild des kleinen Aylan viral verbreitet wurde. Plötzlich wollen viele Menschen helfen. Wie wollen Sie das thematische Ruder nun wieder herumreissen? 
Ich bin Vater von Buben in diesem Alter, und ich bin dagegen, wie dieses Bild des toten Kindes politisch ausgeschlachtet wurde. Es gibt doch nichts herumzureissen. Die SVP hat seit Jahren eine klare und richtige Linie in der Asylpolitik: Asyl für wirklich Verfolgte; vorübergehenden Schutz für Bürgerkriegsflüchtlinge, am besten vor Ort; konsequente Zurückweisung von illegalen Sozialmigranten. Die EU macht das Gegenteil, Bern zieht mit. Wenn die so weitermachen, werden bald Millionen von Muslimen und Afrikanern nach Europa kommen.  Wir können die nicht alle aufnehmen, das wäre Wahnsinn.

Sie werden immer wieder als Demagoge, Populist oder Bad Guy bezeichnet. Im "surprise" rief man sogar dazu auf, Sie zu töten. Trifft Sie das?
Wer keine Argumente hat, muss es mit Beleidigungen und Morddrohungen versuchen. Gegen einen SVP-Exponenten ist anscheinend alles erlaubt. Ich diskutiere mit Andersdenkenden und rufe nicht zu ihrer Ermordung auf. 

Als Chefredaktor haben Sie Kritikern oft entgegnet, Sie seien nicht Mitglied der SVP. Jetzt, wo dieses Argument entfällt, wie wollen Sie künftig die Unabhängigkeit Ihres Magazins, auf der Sie immer pochten über die Parteigrenzen hinweg sichern?
Ich folge meinen Überzeugungen unabhängig. Die SVP vertritt die mir wichtigen Anliegen am besten: Unabhängigkeit, Selbstbestimmung, Marktwirtschaft, bewaffnete Neutralität. Sollte sich die SVP vom guten Kurs wegbewegen, wäre es meine Aufgabe, kritisch dagegen zu halten.

Sie sind im Clip zu "Welcome to SVP mit heruntergelassener Hose auf dem Klo und WoZ-lesend zu sehen (persoenlich.com berichtete). Wessen Idee war das eigentlich?
Vermutlich die Idee von Roger Schawinski (lacht).

Interview: Lucienne Vaudan, Bild: Keystone



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