Herr Stöhlker, Coca-Cola und McDonald's fordern den Rücktritt von Herrn Blatter. Werden Sie damit Erfolg haben?
Es sind fünf US-Sponsoren, die den Rücktritt von Fifa-Präsident Sepp Blatter gefordert haben. Die Sponsoren aus Deutschland und Südkorea haben auf eine solche Forderung verzichtet. Da es sich offensichtlich um eine 'politische' Forderung aus den USA handelt, hat Sepp Blatter sie zurückgewiesen. Es gibt genügend Weltkonzerne, die einen Ausfall der US-Sponsoren sofort ausgleichen würden. Deshalb haben die US-Sponsoren auch darauf verzichtet, die geltenden Verträge mit der Fifa zu kündigen. Jean-Claude Biver, VR-Präsident der Schweizer Uhrenmarke Hublot, und der Schweizer Fussballverband mit Peter Gilliéron an der Spitze stehen hinter Sepp Blatter.
Sie haben sehr nahen Kontakt zu Herrn Blatter. Wie geht es ihm?
Präsident Joseph S. Blatter ist durch die Situation gefordert, aber mit seiner grossen Erfahrung und seinem bekannten Stehvermögen hält er dem Druck stand. Er weiss, dass sein Ausfall die Funktionsweise der Fifa wirklich gefährden würde und sieht sich in der Pflicht. Seine Charme hat nicht gelitten und sein 'handshake for peace', den er dem Weltfussball schenkte, hat noch die gleiche Kraft wie zuvor. Er ist ein wenig enttäuscht von den Schweizer Medien, die sein Lebenswerk zu wenig zu würdigen wissen, dies ganz im Gegensatz zur Zürcher Kantonsregierung, die sich ausdrücklich zur Fifa bekannt hat.
Wird er aufgrund der Vernehmung der Schweizer Bundesanwaltschaft zurücktreten?
Aufgrund einer Vernehmung tritt man nicht zurück! Die Bundesanwaltschaft ist jetzt mit den Unterlagen beschäftigt. Präsident Blatter bestreitet jegliches schuldhaftes Verhalten. Dagegen hat die Ethik-Kommission der Fifa das Recht, Sepp Blatter freizustellen. Ob dies der Fall ist, werden wir erfahren.
Aber ist er überhaupt noch handlungsfähig?
Die Fifa wird von ihrem Präsidenten geführt. Er darf in diesem Jahr sein 40-jähriges Fifa-Jubiläum begehen. Wer, wie Sepp Blatter, aus einem Verein mit zwölf Mitarbeitern einen Weltkonzern mit 1,6 Milliarden Fans und 300 Millionen Spielern geschaffen hat, ist immer in der Lage, handlungsfähig zu sein. Hier ist anzumerken, dass die Angriffe gegen den Präsidenten vor allem aus Europa und den USA kommen; in anderen Weltregionen hat er weiterhin treue Verbündete.
Wer führt die Fifa momentan?
Die Pläne der Fifa sind langfristig in der Umsetzung: 2018 Weltmeisterschaften in Moskau, 2022 Weltmeisterschaften in Katar - dazu viele weitere Anlässe. Der Aufbau des Frauenfussballs ist Blatter ein ganz besonderes Anliegen. Er will auch mehr Frauen in den Spitzengremien des Weltfussballs. Deshalb ist ihm die Führung der Fifa ins Blut übergegangen; er erbringt eine Arbeitsleistung von morgens sieben Uhr bis spät in den Abend. Das ist möglich, weil er immer sehr diszipliniert gewesen ist.
Aus Ihrer Warte: Wie geht die ganze Geschichte weiter?
Wichtig ist der Entscheid der Ethik-Kommission, die von Sepp Blatter selbst eingesetzt wurde. An ihrem Urteil kommt niemand vorbei. Fällt es für den Präsidenten günstig aus, wird er die Fifa so weiterführen, wie nur er alleine es vermag. Bis Ende Oktober werden die Kandidaten für die neue Fifa-Präsidentschaft ihre Dossiers einreichen, damit diese geprüft werden können. Wir werden dann sehen, welcher Kandidat am 26. Februar 2016 die besten Karten hat. Das Wahlgremium sind die 209 Mitglieder der Fifa, eine Regelung, die auch von Sepp Blatter eingeführt wurde. Die Bundesanwaltschaft und die US-Justizbehörden werden weitere Untersuchungen durchführen.
Wie schwer ist Uefa-Chef Michel Platini, der Nachfolger von Sepp Blatter werden will, durch diese Untersuchung beschädigt?
Michel Platini ist angeschlagen, das bestätigen sogar die Freunde von 'Platoche' in Frankreich. Vielerorts wird er 'Blatter-Klon' genannt, was mindestens Sepp Blatter nicht gerecht wird, dessen Leistungen für den Fussball unbestritten sind. Spricht die Ethik-Kommission der Fifa Michel Platini nicht frei, ist es um seine Kandidatur wohl geschehen. Dann werden die Karten neu gemischt, ob ein Europäer oder ein Afrikaner, Lateinamerikaner oder Asiate die Fifa führen wird.
Wissen Sie, warum Sepp Blatter Michel Platini den Millionenbetrag bezahlt hat?
Die Fifa hat Michel Platini das vereinbarte Honorar für seine Leistungen bezahlt.
Wie sieht Ihre jetzige Tätigkeit aus?
Ich mache meine tägliche Arbeit als PR-Berater für ein gutes Dutzend Schweizer und internationaler Klienten. Ausserdem stehe ich für den Digitec-Gründer Marcel Dobler, der für die FDP im Kanton St. Gallen für den Nationalrat kandidiert, mitten im Endspurt vor den Wahlen am 18. Oktober. Mit Sepp Blatter habe ich laufend Kontakt, als sein "Ghost" gewissermassen, der die Szene rund um die Fifa aufmerksam verfolgt.
Fragen: Matthias Ackeret, Bild: Keystone
Der Zürcher Kommunikationsberater Klaus J. Stöhlker ist im Hintergrund für die Fifa tätig und steht in engem Kontakt mit deren angeschlagenen Präsidenten Sepp Blatter.
