27.05.2015

Fifa

"I do it my way – im Guten, wie im Schlechten"

Keine leichte Aufgabe für Fifa-Kommunikationschef Walter de Gregorio: Anstelle von Präsident Sepp Blatter musste er am Mittwoch vor rund 150 internationalen Journalisten zu den Festnahmen von acht Fifa-Funktionären in Zürich Stellung nehmen. Dabei demonstrierte er Normalität und liess sich nicht aus der Ruhe bringen. Wie macht er das? Lässt er sich in solchen Krisensituationen kurzfristig beraten? Persoenlich.com war vor Ort und beurteilt den Auftritt aus kommunikativer Sicht.
Fifa: "I do it my way – im Guten, wie im Schlechten"

1. Mit dieser Strategie wollte Fifa-Kommunikationschef Walter de Gregorio die Journalisten um den Finger wickeln:

Ein Spaziergang war das sicher nicht: Weil Sepp Blatter sich lieber vornehm zurück hielt, statt vor die rund 150 Journalisten zu treten, musste sein Kommunikationschef in den Ring. Ganz alleine sass er vorne am Tisch. Er wirkte etwas müde, dennoch war er konzentriert und sprach langsam und verständlich. Dabei bemühte er sich, sachlich zu bleiben und seine Botschaft zu platzieren.

De Gregorio verstand es mustergültig, die Aufmerksamkeit von der Verhaftung, der bevorstehenden Wahl und den Korruptionsvorwürfen abzulenken. Die Fifa selbst sei die Geschädigte und Initiatorin der Aktion der Bundesanwaltschaft. Man habe grosses Interesse an einer Aufklärung der Vorwürfe. Der Kongress und die Präsidentenwahl fänden wie vorgesehen statt, betonte er immer wieder. Seine beiden Hauptbotschaften, die er fast schon gebetsmühlenhaft vorbrachte: "Wir, die Fifa, wir sind die Geschädigten" und "Wir kooperieren. Wir wollen Transparenz und helfen dabei, diese herzustellen".

De Gregorio kommt bei den Journalisten nicht nur gut an, weil er sie duzt (vgl. dritter Abschnitt). Kollegial wirkt auch, dass er immer wieder persönliche Episoden einstreut. Sogar bei der offiziellen Medienkonferenz meinte er beiläufig: "Wenn ich im Vorfeld von der Verhaftung gewusst hätte, wäre ich heute früher aufgestanden“. Er habe noch geschlafen, während um 6 Uhr im Baur au Lac die Funktionäre verhaftet wurden. 

2. Lässt sich de Gregorio in solchen Krisensituationen extern beraten oder ist er ein Naturtalent?
"Die Zeit fehlte, um kurzfristig irgendwelche externe Profis um Hilfe zu bitten – auf die ich sowieso nicht gehört hätte", erklärte er im Anschluss an die Medienkonferenz gegenüber persoenlich.com. Und weiter: "I do it my way – Im Guten, wie im Schlechten". So müsse er sich später nicht aufregen über falsche Ratschläge, sagt de Gregorio, der lange als Sportjournalist arbeitete, unter anderem für den "Blick" und auch für die "Weltwoche" oder das "Magazin" geschrieben hatte. Seit 2011 ist er Kommunikationschef bei der Fifa. 

3. Welche Journalisten stellten die wirklich harten Fragen?
Wie bei Medienkonferenzen üblich, wurde es erst im Anschluss an die Rede des Fifa-Sprechers spannend. Nach sieben Minuten schloss Walter de Gregorio seine Ausführungen ab und zahlreiche Journalisten meldeten per Handzeichen Fragen an. Dabei zeigte sich die typisch schweizerische Zurückhaltung. Die ersten zehn Fragen stellten nämlich weder der "Blick", SRF, Tagi oder die NZZ: Aussschliesslich englischsprachige Journalisten wagten es, de Gregorio vor versammlter Journalistenschar zu konfrontieren. Journalisten von Guardian, NYT, CNN, SkyNews, Reuters, Associated Press meldeten sich. Walter de Gregorio, der die meisten mit Vornamen ansprach - wohl, weil er sie noch von seiner eigenen Journalisten-Vergangenheit her kennt, - war bemüht, auch Schweizer Journalisten zu Wort kommen zu lassen. Doch nur ein einziger meldete sich: Peter Hossli vom "Blick". Er fragte, ob Blatter nun, nach den Verhaftungen, seine eigenen Reisepläne ändern werde. 

4. Handelt es sich bei der Verhaftung durch die Justizbehörden um eine von der Fifa veranlasste PR-Inszenierung, wie am Mittwochmorgen auf Twitter diskutiert wurde? 

Dass Joseph Blatter Prognosen zufolge trotz der heftigen Kritik und den Korruptionsvorwürfen übermorgen erneut zum Fifa-Präsidenten gewählt werden wird, spricht für die These "PR-Stunt". Zudem kann es durchaus sein, dass Blatter die eigenen Funktionäre angezeigt hatte, um sein eigenes Image reinzuwaschen. Doch, dass sowohl die schweizerische wie auch die amerikanische Justiz einer von PR-Strategen diktierten Agenda folgen, scheint unwahrscheinlich. 

Dennoch: De Gregorio sagte selber, die Fifa habe gewusst, dass es irgendwann zu Verhaftungen kommen würde. Schliesslich habe man selbst mit einer Anzeige aus dem Vorjahr die Vorgänge ins Rollen gebracht. 

5. Welche Reaktionen gibt es auf die Medienkonferenz?
Wie denn der Präsident das alles aufgenommen habe, fragte ein Journalist. Blatter habe "nicht im Büro getanzt", sei aber "entspannt und ruhig und sieht zu, was passiert", höchstens "der Stresslevel ist heute etwas höher als gestern", antwortete de Gregorio. "Note eins für das Herunterspielen einer Mega-Affäre. Mit Sternchen", wertet Spiegel.de diese Formulierung de Gregorios. Das Onlineportal weist zudem auf einen Text hin, den der heutige Fifa-Kommunikationschef 2010, damals noch als Journalist für die "Weltwoche", über Korruption in der Fifa verfasst hatte. Darin habe er geschrieben: "Wären wir konsequent und ethisch so erhaben, wie wir alle glauben, wir würden die Finger lassen vom Fussball und vom professionellen Wettkampfsport allgemein. Wer beginnt damit?" 

Bericht: Edith Hollenstein, Bilder: Keystone (zwei Bilder oben)

 



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