21.05.2015

ADC

Google nähert sich den Schweizer Werbeagenturen

Weil es bei den Schweizer Kreativen an Digitalwissen mangelt, wird Frank Bodin die ADC/bsw-Kreativschule ausbauen - insbesondere für die Kreativen von Digital-Agenturen und für junge Media-Planer. Dabei will der Präsident des Art Directors Club mit Google kooperieren.
ADC: Google nähert sich den Schweizer Werbeagenturen

Ungenügend im Digital-Know-how: Dass viele Schweizer Werbeagenturen zu wenig von Online und Social Media verstehen, ging aus einer Studie hervor, die die Universität St.Gallen im Auftrag des bsw swiss leading agencies verfasst hatte (persoenlich.com berichtete).

Das Papier zeigte wissenschaftlich auf, was man in der Branche unter vorgehaltener Hand immer wieder hört: Schweizer Werbe-  und Mediaagenturen denken noch immer sehr klassisch. Daher ist der Online-Anteil am Gesamtwerbevolumen mit 10 Prozent gering, gerade wenn man jeden Tag beobachten kann, dass die Schweizer Konsumenten einen immer grösseren Teil ihrer Aufmerksamkeit dem Computer-Bildschirm, resp. Smartphone widmen.

Frank Bodin im Kontakt mit Google

Weil es bei den Werbern mit dem Verständnis der digitalen Welt hapert, sucht der Art Directors Club (ADC) nun das Gespräch mit Google. Während der ADC-Deutschland für 2015 eine enge Kooperation vereinbart hatte, gibt es auch in der Schweiz diesbezüglich Pläne. Präsident Frank Bodin ist in regelmässigem Kontakt mit Patrick Warnking, dem Country Manager von Google Schweiz (vgl. Bild unten). "Dabei haben wir auch schon Möglichkeiten zur Kooperation diskutiert und es gibt diverse Ideen", sagt Bodin gegenüber von persoenlich.com.

Der ACD-Präsident und CEO von Havas Worldwide Zurich hat bereits eine Vorstellung über die Zusammenarbeit. Um dem Mangel an Digitalwissen entgegenzuwirken, will Bodin nämlich das Angebot der ADC/bsw-Kreativschule stark ausbauen, "insbesondere auch für die Kreativen von Digital-Agenturen und für junge Planner", wie er sagt. Dazu gehöre auch das Nachdenken über mögliche Kooperationen mit weiteren Partnern und Hochschulen. "Für gewisse Module könnte ich mir Google als exzellenten Partner vorstellen", so Bodin.

Google unter Druck

Google dürfte einer solchen Kooperation nicht abgeneigt sein, im Gegenteil: Die Initiative dazu könnte auch von Patrick Warnking kommen. Google braucht Goodwill. Denn in Europa wächst der Unmut gegen den übermächtigen IT-Konzern. In Deutschland wurde 2014 das Leistungsschutzrecht über Monate intensiv diskutiert. Schliesslich mussten die Verlage zurück rudern. Dass Google am längeren Hebel sitzt, zeigte sich auch in Spanien, wo der Internetkonzern seinen Dienst "Google News" nach der Gesetzesreform kurzerhand abgestellt hat. Doch für Google stehen weitere Hürden an: Seine marktbeherrschende Stellung beschäftigt nun die EU-Kommission.

Mehr Raum für Kreativität

Solche heftige Kritik ist vom ADC nicht zu hören. Präsident Bodin weist zwar darauf hin, dass Google durchaus Interessen verfolgt, die denjenigen der Kreativindustrie entgegenlaufen. Doch seine Meinung dürfte im Wesentlichen mit derjenigen von Patrick Vogel, dem Präsidenten des ADC-Deutschland übereinstimmen: "Google kann uns helfen, einen relevanten Dialog mit den Konsumenten herzustellen“, so Vogel im "Handelsblatt". Und gegenüber dem deutschen Branchenblatt horizont.net erklärt er seine Hoffnungen im Detail: "Das traditionelle Mediasystem hat Kreativität oft verhindert oder gebremst. Man hat Standardwerbeformate für Container fabriziert; die 1/1 Seite, den 20-Sekünder, das Rectangle-Banner. Heute gibt es zwei Möglichkeiten, mit dem Internet umzugehen: Via Penetranz mit Takeovers und Pre-Rolls oder über Content, der so interessant ist, dass er via Google gesucht wird", so Vogel.

Der Traum vom grossen Viralhit

In welche Richtung die Nachhilfe für Schweizer Werber gehen könnte, skizzierte Reto Strobl, zuständig für VideoAds bei Google Schweiz vor Monatsfrist in einem persoenlich.com-Interview über "True View", das auf Youtube angebotene Online-Video-Werbeformat, von dem sich Werbetreibende eine grosse Zukunft erhoffen. "True View" lässt dem Werber nur fünf Sekunden lang Zeit, den Zuschauer zu fesseln. Danach springt das Feld "Überspringen" auf, der User kann die laufende Werbung wegklicken. Der Auftraggeber zahlt nur, wenn ein User das ganze Video angesehen hat. Einen solchen True-View-Renner zu landen, wie es im letzten Jahr z.B. Jung vom Matt/Limmat für ProInfirmis gelungen ist, wird zum grossen Ziel ambitionierter Werber. Dazu müssen sie umdenken, denn klassische Spots dauern 30 Sekunden und haben daher eine ganz andere Spannungskurve.

Von Kreativen, die das Video-Werbe-Handwerk besser beherrschen, profitiert auch Google. Sie helfen mit, dass sich die Werbebudgets schneller Richtung Online verschieben.

Text: Edith Hollenstein, Bilder: Keystone



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