24.09.2015

Michael Fueter

"Es war einfach unglaublich lustig!"

Der Schweizer Regisseur Michael Fueter hat für Mitsubishi Electric einen Werbespot mit Jerry Stiller realisiert. Mit persoenlich.com sprach er über die Dreharbeiten mit dem legendären Komiker in den USA, bei denen ein Beteiligter vor lauter Lachen sogar aus dem Fenster gefallen ist.
Michael Fueter: "Es war einfach unglaublich lustig!"

Herr Fueter, wie ist es mit einem Star wie Jerry Stiller zu arbeiten?
Grossartig. Nach dem üblichen Bammel, nur mit dem Laptop bewaffnet als Vertreter des weltberühmten schweizerischen Humors in New York eine amerikanische Comedy-Ikone zu inszenieren, verflog die Angst, kaum hatten wir uns bei den Proben kennengelernt. Die erste halbe Stunde verging nämlich damit, dass Jerry vor sämtlichen Anwesenden eine ebenso präzise wie enthusiastische Zusammenfassung einiger meiner Filme zum Besten gab, die ich ihm vor Antritt meiner Reise habe zukommen lassen. Ich war ebenso baff wie gerührt, und das Eis gebrochen.

Welche Spots waren denn nach seinem Geschmack?
Soweit ich mich erinnern kann, waren das unter anderem der Film "More Than Mountains" für Schweiz Tourismus, die Feldschlösschen-Kampagne mit den Filmen "Matterhorn" und "Reissverschluss", sowie der Spot "Bank Robbery" für Renault Kangoo.

Wie ist diese Zusammenarbeit überhaupt zustande gekommen?
Ich wurde von einem amerikanischen Creative Director angefragt, mit dem ich bereits früher Projekte realisiert hatte. Zu meiner Überraschung ging es dieses Mal nicht um Visual Storytelling, sondern um dialoglastige, amerikanische Comedy. Entsprechend erstaunt war ich über die Einladung zum Pitch und ich schätzte meine Chancen auf Null und darunter.

Und wie sind Sie an die Umsetzung gegangen?
Ich habe das Script umgeschrieben. Die Mitsubishi-Electric-Kampagne thematisiert die Auseinandersetzung des Verbrauchers mit seinem Energiebedarf und den damit verbundenen Kosten. Das schlechte Gewissen und der Widersacher ist dabei immer der Darsteller selbst. Die ursprüngliche Idee war zwar bereits "Jerry vs. Jerry", ich habe sie aber insofern erweitert, dass der eine Jerry dem anderen Jerry im Streit eröffnet, dass er leider überhaupt nicht lustig sei. Von Jerry Stiller weiss ich, dass er das Script seiner - leider kürzlich verstorbenen - Frau Anne Meara zeigte. Anne fand die Idee, dass Jerry Jerry nicht lustig findet, so witzig, dass sie ihm sagte: "Jerry, you have to do this!".

Was ist Ihnen von den Dreharbeiten (Spots siehe unten) besonders in Erinnerung geblieben?
Es war einfach unglaublich lustig! Als Drehort habe ich eines dieser typischen Einfamilienhäuschen in New Jersey gewählt und eines der Hauptprobleme war, dass mein Regieassistent andauernd Kunde und Agentur im weit entfernten Nebenzimmer anweisen musste, bitte nicht so laut zu lachen, denn schliesslich mussten auch die Tonaufnahmen brauchbar sein. Angeblich ist sogar einer vor Lachen aus dem Fenster gefallen, - glücklicherweise war das Zimmer ebenerdig. Jerry hat sich so in seine Rolle reingesteigert und verausgabt, dass mir sein dreiköpfiges Management während der Dreharbeiten mit leisen Gesten zu verstehen gab, ihn etwas zu beruhigen, denn schliesslich sei der Mann doch schon einiges über Achtzig. Ebenfalls sehr amüsant war, dass sich Jerry beim Drehen immer wieder zu mir umdrehte und fragte: "Michael, tell me, now which Jerry am I here?"

New York ist bekanntlich eine Filmstadt. Das bedeutet auch, dass es Filmproduktionen möglichst einfach gemacht wird, auf öffentlichem Grund zu drehen. Wie erleben Sie Zürich diesbezüglich?
Obwohl es seit einiger Zeit eine Filmkommission gibt, erstaunt es mich leider immer wieder, wie steinig der Weg zu Drehbewilligungen ist. Immerhin ist der Grossteil der Schweizer Filmindustrie in Zürich ansässig und damit nicht nur ein - zugegebenermassen bescheidener - Wirtschaftszweig, sondern auch ein Botschafter für das Image dieser Stadt.

Internetspots sind gerade ein grosses Thema. Bekommt der teure und aufwändig produzierte Werbefilm Konkurrenz?
Dank dem Web ist der internationale Vergleich viel unmittelbarer und beschränkt sich nicht mehr nur auf Festivals oder die Branchenmedien. Dies hat glücklicherweise dazu geführt, dass die Ansprüche gestiegen sind. Die Kehrseite der Medaille besteht darin, dass dies nicht immer im Einklang mit den finanziellen Mitteln steht, und dass aus unerfindlichen Gründen der Glaube besteht, ein Internetspot sei billiger zu produzieren als eine Film fürs Fernsehen oder fürs Kino. Die Umsetzung eines Filmes muss vor allem eines sein; adäquat. In Abhängigkeit von der Geschichte kann ein Internetspot unglaublich teuer sein und ein TV-Spot spottbillig. Schlimm sind diejenigen Filme, bei denen man spürt, dass man mit allen Mitteln etwas in die Welt gesetzt hat, was man sich partout nicht leisten konnte.

Der klassische Werbefilm steht also nicht vor dem Aus?
Im Gegenteil. Das Bewegtbild nimmt an Bedeutung und Bedarf ständig zu. Und aufgrund der Tatsache, dass das Internet nach wie vor ein Media-Dschungel ist, ist die Bandbreite bezüglich Filmlängen bei Online-Plattformen bedeutend flexibler und damit der zu erzählenden Geschichte bzw. Aussage dienlicher. Im TV ist meistens zuerst die Länge eines Films gesetzt, dann kommt die Geschichte.

Sie haben immer mal wieder Ambitionen geäussert, einen Spielfilm zu drehen. Wie steht es um diese Pläne?
Diese Pläne bestehen nach wie vor und sind im Moment sogar so konkret wie noch nie, da ich tatsächlich endlich einen Stoff gefunden habe, bei dem es gefunkt hat.

Interview: Lucienne Vaudan, Bild: zVg

 

Verantwortlich bei Ames Scullin O'Haire Advertising Inc.: Atlanta Michael Bourne (Creative Director & Script), Michael Fueter (Script & Director & Editor), Hungry Man New York (Production Company), Kevin Byrne (Executive Producer), Tony Cantale (Line Producer), Barry Markowitz ASC (Director of Photography), Gian Dolder @Stories Zürich (Sound FX), Dave Macloed & Dean Montenegro @Spacetrain Zürich (Music) und Fabian Kimoto @Stories Zürich (Colour Grading). (pd)

 

 

 

 

 

 



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