10.08.2015

PostFinance

"Es ist alltäglich, dass Give Aways abgegeben werden"

Die Bezahlapp "Twint" schenkte Journalisten ein Guthaben von 100 Franken und löste damit statt Begeisterung Kritik aus. Johannes Möri, Kommunikationsverantwortlicher von PostFinance, dem Mutterunternehmen von Twint zeigt sich im Gespräch mit "persönlich" erstaunt über das mediale Echo und sagt, wie es zu diesem Betrag gekommen ist.
PostFinance: "Es ist alltäglich, dass Give Aways abgegeben werden"

Herr Möri, Sie haben an Ihrem Launch Event den anwesenden Journalisten 100 Franken Guthaben geschenkt, damit sie Twint ausprobieren können. Was konnten sie sich damit kaufen? 
TWINT hat am 6. August im Kino Riffraff in Zürich vor rund 35 Medienschaffenden und Bloggern die erste Payment- und Shopping-App der Schweiz vorgestellt. Zu Beginn der Informationsveranstaltung konnten sich alle Gäste durch das Scannen eines QR-Codes ein Guthaben von 100 Franken auf die TWINT-App ihres Smartphones laden, um das Bezahlen an der Ladenkasse in der Praxis zu testen. Zu diesem Zweck haben vier Partner, die TWINT bereits als Zahlungsmittel akzeptieren, direkt vor Ort ihre Produkte respektive ein Mittagessen verkauft. 

100 Franken Guthaben ist für ein Mittagessen und Testkäufe relativ grosszügig. Wie sind Sie auf die Summe gekommen? 
Die 100 Franken setzten sich zusammen aus den Spesen für die Anreise und das Mittagessen sowie für den Kauf von TWINT-Gadgets und weiteren Produkten, die an solchen Anlässen sonst verschenkt werden. Gerade Blogger arbeiten oftmals auf eigene Rechnung und haben keinen Verlag im Rücken, der ihre Reise- und Verpflegungsspesen übernimmt. Deshalb erachteten wir den Betrag als angemessen. 

Das Mittagessen war dann aber gratis und das Guthaben wurde nach dem Anlass auch nicht gelöscht. Haben Sie damit gerechnet, dass diese 100 Franken Anstoss zu Kritik geben würden? 
Das Mittagessen hätte auch mit dem TWINT-Guthaben bezahlt werden sollen, wurde aber im emsigen Treiben entgegen unserer Planung teilweise gratis abgegeben. Dass die 100 Franken isoliert betrachtet von einzelnen Journalisten als zu hoch erachtet wurden, können wir nachvollziehen. In der Gesamtbetrachtung ist das Echo, das dieses Guthaben nun auslöst, jedoch erstaunlich. Der Anlass fand in einer bescheidenen Location statt und zum Mittagessen gab es ein einfaches Thai-Curry. Die Pro-Kopf-Kosten inklusive dem Guthaben bewegten sich im für einen solchen Anlass üblichen Rahmen. 

Journalisten erhalten immer wieder Geschenke, Testprodukte oder Einladungen für Abendessen und Übernachtungen, die den Wert von 100 Franken weit übersteigen und trotzdem regt sich selten jemand darüber auf. Weshalb ist das bei einem Geldguthaben anders? 
Es ist in der Tat alltäglich, dass an solchen Anlässen Give Aways abgegeben werden. Da TWINT eine Zahlungslösung und somit nicht physisch greifbar ist, war es naheliegend, den Gästen ein Guthaben zur Verfügung zu stellen, mit dem sie die App testen konnten. Nebst dem Guthaben hat TWINT keine weiteren Geschenke an die Teilnehmer abgegeben. Alles vor Ort musste mit diesem Guthaben gekauft werden, selbst Merchandise-Artikel von TWINT. 

Ein Kommentarschreiber auf "Tagesanzeiger.ch/Newsnet" meinte: "Anstelle des tollen Relaunches, gibts einen Artikel über Bestechung. Totalversagen der Marketingabteilung." Würden Sie rückblickend anders verfahren?
Rückblickend kann man immer gewisse Dinge anders machen. Wir hätten beispielsweise die Teilnehmer beim Laden des Guthabens zwischen verschiedenen Beträgen wählen lassen können und klarer kommunizieren sollen, dass das Restguthaben auf Wunsch zurückgegeben werden kann. Wir waren auf diese Möglichkeit vorbereitet. 

Sie zeichnen Twint gerne als innovatives Startup, fahren aber eine Marketingstrategie, die sich nur ein finanzstarkes Unternehmen, wie es PostFinance eben eines ist leisten kann. Wie wollen Sie den Spagat zwischen Konzept und Praxis schaffen? 
TWINT ist eine 100%-Tochter von PostFinance und profitiert selbstverständlich davon, eine grosse und auch ressourcenstarke Mutter im Rücken zu haben. Die Ausgliederung von TWINT aus dem Mutterhaus und die Positionierung als innovatives Startup hat praktische Gründe. Bildlich gesprochen ist TWINT ein Schnellboot, das sich losgelöst vom grossen PostFinance-Tanker rasch, agil und frei von strukturellen Fesseln bewegen kann. Dies ist eine Grundvoraussetzung dafür, um mit der rasanten technologischen Entwicklung im Mobile Payment Schritt halten zu können.

Interview: Lucienne Vaudan, Bild: zVg



Kommentar wird gesendet...

Kommentare

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240423