14.09.2016

Stapo Zürich

«Unsere Naivität und Kreativität sind Teil des Erfolgs»

Die Stadtpolizei Zürich gilt in der Schweiz als das aktivste und innovativste Polizeikorps auf den Sozialen Medien. Soeben konnte die Stapo auf Twitter den 50'000-sten Follower begrüssen. persoenlich.com sprach mit Michael Wirz, Chef Kommunikation, über das Erfolgsrezept und die weiteren Pläne auf den Online-Plattformen.
Stapo Zürich: «Unsere Naivität und Kreativität sind Teil des Erfolgs»
Entwickelte für die Stadtpolizei Zürich das Konzept für die Sozialen Medien: Michael Wirz, Chef Kommunikation. (Bild: zVg.)
von Christian Beck

Herr Wirz, die Stadtpolizei Zürich hat nun über 50'000 Follower auf Twitter. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Was sicher ein Erfolgsfaktor war, dass wir zum Start unserer Aktivitäten auf den Sozialen Medien im Jahr 2011 die Aktion #stapo24 durchgeführt haben (persoenlich.com berichtete). Während 24 Stunden verbreiteten wir über Twitter alle unsere Einsätze. Das sorgte für eine grosse Aufmerksamkeit und eine Startreichweite von etwa 3000 Followern.

Wir haben auch von Beginn weg die Community miteinbezogen und wollten immer authentisch auftreten. Authentizität ist auf diesen Kanälen extrem wichtig. Die User wollen Menschen sehen und nicht nur Organisationen. Wir arbeiteten nie mit einer Agentur zusammen, sondern haben immer alles selber gemacht. Und wir haben das Vertrauen unseres Kommandanten, so können wir schnell und unbürokratisch handeln.

Sie führen also keinen Monolog wie andere Unternehmen, sondern Sie suchen den Dialog?
Genau, das ist ganz wichtig. Viele nehmen sich zwar vor, in einen Dialog zu treten – man muss es dann aber auch machen. Unser Versprechen ist: Wir beantworten jede Frage öffentlich. Wenn wir das in Einzelfällen nicht können, erklären wir aber warum. Das dient der Transparenz und der Erhöhung des Vertrauens, was schliesslich unser übergeordnetes Kommunikationsziel ist.

Und aus diesem Grund ist der Auftritt auf Twitter für Sie so wichtig?
Der PR-Aspekt ist das eine. Wir wollen die Nähe zu den Bürgern zeigen, die sich heute ebenfalls in solchen sozialen Netzwerken aufhalten. Wir wollen dort sein, wo auch die Leute sind. Ein anderer Aspekt ist, dass wir dank Twitter sehr schnell die Bevölkerung erreichen.

Können Sie uns da ein Beispiel nennen?
In letzter Zeit gab es einige Male Überschall-Knalls von der Luftwaffe. Wir konnten diese Nachricht sehr schnell verbreiten und so aufklären. Und das ist für uns eine Arbeitserleichterung, weil es uns viele Anrufe auch seitens der Medien erspart. Auf einen Schlag sind alle informiert.

Die Polizei München war bei einem Amoklauf auf Twitter sehr aktiv und warnte die Bevölkerung. Wäre ein solches Vorgehen auch bei der Stadtpolizei Zürich denkbar?
Ja, auf jeden Fall. Wir haben die entsprechenden Konzepte und sind vorbereitet. Gerade in solchen Sonderlagen sehe ich grosse Chancen für diese Kanäle. Man gelangt schnell an die Bevölkerung und ist auch nicht unbedingt auf das Stromnetz angewiesen. Tweets können auch vom Handy abgesetzt werden.

Präventiven Charakter hatten die Videoclips, die auf eine lockere Art und Weise vor dem Verkehrsaufkommen vor Konzerten warnen sollten. Wird weiterhin auch mal Witziges zu sehen sein?
Die sozialen Netzwerke sind kein Bereich, wo es immer nur um todernste Sachen gehen sollte. Aber natürlich dürfen wir nicht «sauglattistisch» werden. Wir müssen immer als Behörde auftreten, trotzdem kann man die Sprache diesen Netzwerken anpassen. Aber der Inhalt muss zu 100 Prozent stimmen. Das erste Video produzierten wir ganz spontan innert zwei Stunden – und es war extrem erfolgreich: Wir haben weit über 100'000 Leute erreicht und es wurde auch von den Medien aufgenommen. Ich glaube, unsere Direktheit, die gewisse Naivität und Kreativität sind Teil unseres Erfolgs.

Und es folgten einige Videos mehr…
Ja, wir waren froh, gab es nicht noch mehr grosse Konzerte (lacht). Irgendwann gehen einmal die Ideen aus. Zum Glück aber kommen irgendwann immer wieder neue.

Auch auf Facebook hat die Stapo 18'000 Fans. Wie unterschiedlich werden die Kanäle bespielt?
Fahndungen beispielsweise bringen wir auf beiden Kanälen. Ansonsten kann man auf Facebook besser mit Bildern arbeiten, kann ganze Galerien erstellen. Emotionale Geschichten funktionieren auf Facebook besser als über die 140 Zeichen auf Twitter.

Auch iCops beschäftigt die Stadtpolizei Zürich – seit einem Jahr einen männlichen und seit Kurzem auch einen weiblichen. Beide sind auf Facebook und Instagram tätig. Wie zufrieden sind Sie?
Sehr zufrieden. Die beiden ermöglichen einen niederschwelligen Zugang zur Polizeiarbeit, insbesondere für die Jüngeren. Wir haben die bürgernahe Polizeiarbeit, wie sie auf der Strasse auch vorkommt, einfach in den Online-Bereich erweitert. Und das wird rege genutzt.

Haben die beiden iCops überhaupt Zeit für normale Polizeiarbeit?
Sie sind je zur Hälfte auf der Strasse unterwegs, als normale Quartierpolizisten, und zu 50 Prozent auf den sozialen Netzwerken. Sie berichten immer über sich selbst – wir geben ihnen die Geschichten nicht vor. Auch hier: Es ist authentisch und direkt, das sorgt für ein grosses Interesse. Der Dialog, den wir suchen, findet tatsächlich statt.

Wie wichtig sind die sozialen Medien in der Zukunft für die Stadtpolizei Zürich?
Die Welt verändert sich schnell, auch die einzelnen Plattformen. Wir halten Augen und Ohren immer offen – Stichworte Snapchat, Live-Videos auf Facebook, Periscope, auch hier probieren wir gewisse Dinge aus. Man darf nicht einschlafen und muss sich dorthin bewegen, wo sich auch die Bevölkerung hinbewegt.



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Kommentare

  • Anita Krebs, 15.09.2016 10:14 Uhr
    Herzlichen Glückwunsch. Ihr macht es wirklich richtig. Auch ich bin schon lange totaler Fan ... Immer unaufgeregt, interessant, authentisch, informativ und total sympathisch! Und durch die «neue» Frauenpower endlich auch komplett ;-))
Kommentarfunktion wurde geschlossen

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