«Ich möchte nicht denselben Job machen, bis ich 60 Jahre alt bin»

von Michèle Widmer

Frau Hildebrand, nach nur eineinhalb Jahren bei «Puls» verlassen Sie das Schweizer Fernsehen. Hat Ihnen die Aufgabe nicht gefallen?
Im Gegenteil. Die Arbeit bei der Sendung war toll, genauso wie das Team. Und ich konnte dort wichtige Erfahrungen sammeln. Ich werde bald dreissig und bin seit zehn Jahren im Medienbusiness tätig. Für mich war schon länger klar, dass ich bald eine neue Herausforderung suche. Also habe ich Augen und Ohren offen gehalten und mich inspirieren lassen.

Wer mal drin ist, der bleibt, heisst es sonst von Journalisten am Leutschenbach. Ihr Weggang überrascht.
Diese Einstellung entspricht mir gar nicht. Meine Arbeit bei «Glanz & Gloria» und «Puls» hat mir Spass gemacht, aber sie ist noch nicht das Ende meiner beruflichen Laufbahn. Ich möchte nicht denselben Job machen, bis ich 60 Jahre alt bin. Und nun hat sich eine Tür aufgetan.

Sie wechseln von der SRF-Bühne sozusagen in die Manege des Zirkus Knie und werden dort Kommunikationschefin. Was war ausschlaggebend?
Ich war mit meiner Schwester an Pfingsten im Zirkus Knie. Wir haben uns gemeinsam vorgestellt, wie cool es wäre, mit dem Zirkus auf Tournee zu sein und einmal in diese Welt abzutauchen. Am Tag darauf bin auf der Zirkus-Webseite auf die offene Stelle gestossen und habe mich beworben.

Und wurden zum Vorstellungsgespräch eingeladen.
Ja, ich habe insgesamt vier Runden durchlaufen.

Was hat Sie am Schluss überzeugt, den Job anzunehmen?
Mich erwartet eine aussergewöhnlich spannende Aufgabe. Der Zirkus ist ein Ort, an dem es Staunen in Echtzeit noch gibt. Ich bin mit dabei auf der Tournee und wohne in dieser Zeit in meinem eigenen Zirkuswagen. Um diesen selbst fahren zu können, muss ich sogar noch die Lastwagenprüfung machen. Ich werde dann mit Leuten auf der ganzen Welt zu tun haben. Mich als Menschenfreund fasziniert das.

Und nebst dem Wohnwagen: Wo haben Sie ihr fixes Büro?
Der Zirkus Knie ist in Rapperswil stationiert. Von dort aus werde ich in den Wintermonaten arbeiten.

Welche Themen werden Sie in Ihrem neuen Job beschäftigen?
In zwei Jahren wird der Zirkus Knie 100 Jahre alt. Dieses Jubliäum kommunikativ zu begleiten, wird eine grosse und spannende Aufgabe, auf die ich mich freue.

Wie gross ist Ihr neues Team?
Ich führe zwei Mitarbeiter, die etwa im selben Alter sind wie ich. Wir arbeite eng mit dem dreiköpfigen Marketingteam zusammen.

Mit dem neuen Job wechseln Sie die Seite vom Journalismus in die Kommunikation. War das ein bewusster Entscheid?
Nein, wie gesagt, habe ich einfach nach etwas Neuem Ausschau gehalten. Ich bleibe ja in der Medienbranche und werde mehr als zuvor mit Journalisten zu tun haben.

Nebst Ihrer Arbeit bei SRF haben Sie diverse Moderationsaufträge absolviert. Werden Sie dies als Kommunikationschefin des Zirkus Knie weiterhin tun?
Ja, das ist bereits mit meinem neuen Arbeitgeber abgesprochen. Auch für den Zirkus Knie ist es gut, wenn ich den Namen nach Aussen trage.

Sie sind studierte Germanistin und absolvieren zurzeit an der Universität Zürich den zweiten Master für das höhere Lehramt. Wie lässt sich das Studium mit dem neuen Job vereinbaren?
Ich bin gerade im Schlussspurt. Deshalb starte ich im Oktober zuerst in einem 50-Prozent-Pensum beim Zirkus Knie. Danach werde ich Vollzeit einsteigen.