TV-Kritik

Cina-Blabla bei «Schawinski»

«Schawinski» ist die Sendung, bei der ich nicht begreife, dass sie Zuschauer verloren hat. Die neue Ausgabe war entlarvend. Sie hat definitiv gezeigt, dass SRG-Präsident Jean-Michel Cina von Radio und Fernsehen so viel versteht wie ein Pferd vom Harfenspielen. Und dass er keine Visionen hat. Merke: Ein Boss ohne Visionen führt nicht.

Nein, Roger Schawinski hat Cina nicht mit Samthandschuhen angepackt. Aber aus dem phrasendreschenden Freestyle-Denker war nichts rauszuholen. Cina (schaut kaum fern) hörte zu, was Schawinski sagte. Aber er wollte nicht verstehen, was dieser meinte. Mit guten Umfragewerten im Rücken war der nette Walliser aufgedrehter, aber auch entspannter als in der «Arena» zu «No Billag».

Was habe ich vom Vorsteher der bedrohten SRG erfahren? Dank Cina weiss ich endlich, dass die SRG einen «Leistungsauftrag» hat und «wichtig ist für den nationalen Zusammenhalt». Dass es bei den Medien ein «verändertes Nutzungsverhalten» gibt. Dass man in der SRG «Lösungen angestrebt» und dass «diskutiert» wird. Dass es im Verwaltungsrat zu Veränderungen kam und Ausschüsse gebildet worden sind. Dass die SRG bereit ist, ihre Admeira-Anteile zu verkaufen (persoenlich.com berichtete). Dass sich die SRG gewandelt habe und «Reformbedarf da ist». Wo, hat der Präsident nicht verraten. Weil er es – samt seinen Gspänli von der Generaldirektion – offenbar selber nicht weiss. Oder sich nicht wirklich um eine Reorganisation und Verschlankung bemüht. Selbst wenn an der Berner Giacomettistrasse Zukunftsbilder da wären: Visionen ohne Aktionen bleiben Illusionen.

Wäre Cina clever oder zumindest gut beraten gewesen, hätte er die Chance gepackt und Schawinskis Zuschauern knapp fünf Wochen vor der Abstimmung eins, zwei Zückerli serviert. Direkt nach der Sendung spürte ich die Versuchung, am 4. März ein Ja einzulegen. Nach einem halbstündigen Nachtspaziergang mit dem Dackel meines Nachbarn hatte ich mich wieder beruhigt. Lumpi schaut zwar gerne Tierfilme, ansonsten versteht auch nichts von Medien. Aber zum Runterfahren ist ein Bummel mit ihm gesünder als Walliser Wein.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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Kommentare

  • Widmer Roman, 02.02.2018 17:57 Uhr
    @Peter Keller: Es ist einfach unglaublich: Den SRF-Moderatoren wird von der SRG-Führung angeordnet, sich bei der No-Billag-Initiative zurückzunehmen mit persönlichen Äusserungen. Dabei wären es DIE SRF-Moderatoren und -Moderatorinnen, die voller Herzblut für ein NEIN kämpfen könnten! Die verstehen etwas von der Materie, und viele machen einen guten Job. Der VR-Präsident der SRG hingegen schadet nur der SRG, lesen Sie dazu auch die neue Meldung auf Persönlich.com vom 2.2.2018 betr. Admeira..... einfach unglaublich, diese Inkompetenz, Einfach unglaublich das so jemand an der Spitze der SRG ist. Ich wünschte, mein Nachbar hätte einen Hund, so würde ich meine Meinung zur NO-Billag immer wieder relativieren (um auf Herr Hildbrand hinzuweisen). Setzt endlich mal ein eine Aargauer an die Spitze der SRG, und wenns geht, jemand von der SVP, und nicht immer von der CVP. Und dem SRG-Präsidenten gehörte ein Maulkorb umgelegt (und nicht den SRG-Moderator/innen, denn sie sind schlussendlich die Leidtragenden).
  • Peter Kelelr, 01.02.2018 16:02 Uhr
    @Ben Zeller, sehr geehrter Herr Zeller "nur Walliser" weil Leute, beispielsweise aus Zürich, für die eh nur "Üsserschwizer" sind. Tatsache ist doch einfach, dass die SRG dauernd am Honigtopf war und den Service Public Auftrag völlig missverstanden hat. Nimmt man beispielsweise SRF2, welcher bei der Lancierung hauptsächlich als Spielfilmkanal gedacht war, kommt heute so ziemlich alles auf diesem Kanal, aber wohl kaum Spielfilme oder dann am Samstagabend irgendwelche Schinken aus den 70ern, zum gähnen. Mir tun einfach die vielen fähigen Mitarbeiter leid, die dann unter die Räder kommen, wenn die NO Billag Initiative angenommen wird. Mir geht es gleich wie einigen Kommentatoren, ich lege ein JA in die Urne, denke ich zeitweise, dann nachdem ich den Kopf gelüftet habe, bin ich bereit mit einem Nein beim Urnengang, den fähigen Leuten, noch eine Chance zu geben, wünsche aber, dass die zurücktreten, die ohne Visionen und Strategien, der Initiative den Weg geebnet haben und Platz gemacht wird für die Fähigen.
  • Oliver Brunner, 31.01.2018 09:54 Uhr
    Herr Widmer fasst die Malaise im Hause SRG sehr gut zusammen. Nur ein starkes Ja am 4. März hilft diesen VerBlatterisierung der SRG zu verhindern.
  • Ben Zeller, 31.01.2018 00:10 Uhr
    Warum sitzen eigentlich immer Walliser an solch hohen Posten der SRG? War nicht schon der ehemalige SRG-Generaldirektor Armin Walpen aus dem Wallis? Sorry, aber an einem solchen Posten gehört jemand aus dem Mittelland, von mir aus aus Solothurn, Aarau oder Gossau SG. Auch jemand aus einer grossen Schweizer Stadt wie Zürich, Basel, Bern, Lausanne oder einfach aus einer urbanen Agglomeration wäre denkbar. Dort, wo die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer lebt. Walliser haben einfach nicht so das Gespür, was in der Kernschweiz alles so abgeht. Die leben irgendwie in ihrer eigenen, kleinen Welt. Nicht repräsentativ. Und warum nicht mal ein SRG-Präsident, der der FDP oder gar der SVP angehört? Darf natürlich auch eine Präsidentin sein. Da müsste die SRG (u.a.) endlich mal über die Bücher!
  • Marlene Frick, 30.01.2018 23:42 Uhr
    @Herr Widmer: es ist nicht nur Feuer im Hause SRF, sondern das Gebälk im Hause SRF ist morsch und einsturzgefährdet. Die Performance des VR-Präsidenten der SRG im Interview in dieser Talk-Sendung halte ich - um Sie zitieren zu dürfen - schlicht für einen Witz! Wie heisst es doch? Der Fisch stinkt vom Kopf her. Das ist sehr schade und wie ich mir vorstellen kann auch frustrierend für viele motivierte und professionelle SRG-Mitarbeitende.
  • Beat Sieber, 30.01.2018 18:19 Uhr
    Herr Widmer hat den Nagel auf den Kopf getroffen!
  • Widmer Roman, 30.01.2018 14:17 Uhr
    Eigentlich kein «Schawinski»-Zuschauer mehr, habe ich die Sendung vom 29.1. aufgrund der TV-Kritik von Herrn Hildbrand angeschaut. Fürwahr: Der SRG-Präsident erweist der SRG im Hinblick auf die No-Billag-Initiative einen schlechten Dienst. Ich sehe da einen «Präsidenten», in dem keinerlei Feuer, nicht mal ein Zündhölzchen-Funke, für die SRG zu lodern scheint. Und er scheint nicht das Feuer zu erkennen, dass ziemlichen Rauch im Hause SRG verursacht. Es sind nicht «einige Exponenten, die die SRG ein bisschen kritisieren (und das freundlicherweise auch dürfen)». Herr Cina scheint nicht wahrhaben zu wollen, dass die Unzufriedenheit mit der SRG in der Bevölkerung ziemlich gross ist. Zu seichte Unterhaltung, zu gross, zu arrogant, zu uneinsichtig. Und es besteht «nicht die Tendenz», dass junge Leute ihr Programm selber zusammenstellen. Nein, Herr Cina, die meisten jungen Leute tun ihr Programm längst nur noch selber zusammenstellem. Ich denke, die Leute wollen endlich hören und sehen, dass die SRG sich bewegt - und zwar massiv. Unglaublich, dass solche Leute, die wirklich nur «Blabla» verbreiten, den «Dampfer» SRG steuern. Oder eigentlich: Nicht steuern. Denn in der ganzen Debatte bräuchte es bei der SRG Leute, die das Ruder endlich in die Hand nehmen und den Leuten signalisieren: Hey, wir haben Eure berechtigte Kritik gehört! Hey, wir erkennen viel Reformbedarf! Hey Bevölkerung, liebe Kunden, wir nehmen Euch ernst und machen nur für Euch Programm! Wir werden verändernt! Denn Ihr seid es, die uns bezahlen! Bei der SRG muss es Visionäre, Kreative und Macher geben, und keine Posten-sammelnde Verwalter im Range eines Oberleutnants mit null Vision, null Vorstellung, wie man die SRG aus dem Kritikhagel führen könnte. Genau wenn man solche Leute wie der SRG-Präsident reden hört - gähn! - ist man sofort bereit, ein «Ja» in die Abstimmungsurne zu werfen. Und nicht alle haben die Möglichkeit, des Nachbars Hund Gassi zu führen, um sich doch noch einmal umzubesinnen.
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