TV-Kritik

Die «Rundschau» ist ein Must

Ich war gerade mal 18 Jahre alt, als die «Rundschau» 1968 startete. Das Redaktionsteam der wöchentlichen Polit- und Wirtschaftssendung (mit den Top-Journalisten Hans O. Staub, Heiner Gautschy, Erich Gysling, Annemarie Schwyter, Willy Kaufmann) sass an einem halbrunden Tisch und moderierte nach Fachgebiet die Themen.

Im Laufe der Jahrzehnte erlebte die Sendung viele Ups und Downs. Seit rund viereinhalb Jahren moderiert Sandro Brotz. Im Frühjahr 2013 übernahm Mario Poletti die Leitung des Magazins. Und seitdem geht es aufwärts. Woche für Woche gelingt es dem «Rundschau»-Team (18 Journalistinnen und Journalisten, 14,5 journalistische Vollzeitstellen), mit hartnäckigen Recherchen und enthüllenden Reportagen die Tageszeitungen abzukochen. Vier Beispiele: Justiz-Skandal im Kanton Uri, Folterkommandant als Asylbewerber, Dschihadisten-Netzwerk Winterthur und seine Drahtzieher oder das Assad-Interview. 

Trotz Fussball-EM erreichte die «Rundschau» letztes Jahr gegen 300’000 Zuschauer pro Ausgabe, Tendenz steigend. Das Polit-Magazin ist für mich längst zu einem wöchentlichen Must geworden. In seinen ersten beiden «Rundschau»-Jahren hatte ich Mühe mit Moderator Sandro Brotz, ein hervorragender Journalist und früherer Ringier-Kollege. Er trat in der Sendung oft als Wadenbeisser auf. Inzwischen moderiert und befragt Brotz souverän. Er wurde ein TV-Monsieur.  

Am vergangenen Mittwoch berichtete die Sendung über Massenprediger und Sektenführer Ivo Sasek, an dessen Veranstaltungen SVPler wie Luzi Stamm und Ulrich Schlüer auftraten. Ein starker Beitrag. Ebenso die Reportage über Bauern, die den wirtschaftlichen Druck nicht mehr aushalten und suizidal werden. Harmlos war der letzte Beitrag über Theresa May und den Brexit.

Insgesamt verdient die «Rundschau» die Bestnote. Ich freue mich auf den nächsten Mittwoch.

 


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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Kommentare

  • Giuseppe Scaglione, 02.03.2017 22:21 Uhr
    Das sehe ich anders: Der Bericht über die Bauern, die den wirtschaftlichen Druck nicht mehr aushalten und Suizid begehen war zwar tatsächlich beeindruckend und sehr bewegend. Hingegen war der Beitrag über den angeblichen Sektenführer (von dem ich bisher noch nie etwas gehört hatte) ein Trauerspiel des sog. Qualitätsjournalismus. Ich werde das Gefühl nicht los, dass es bei diesem Bericht eigentlich nur darum ging, die geplante No-Billag-Initiative und ihre Macher zu diskreditieren. Bei der SRG scheint man sehr nervös zu sein und macht seit einiger Zeit einen Fehler nach dem anderen...
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