TV-Kritik

Gilli The Rock

Markus Gilli, Chef und starker Mann von TeleZüri, TeleBärn und Tele M1 ist als Journalist ein Tausendsassa. Immer am Ball und ganz nah an den aktuellen Themen, spitz und provokativ in der Fragestellung. In seinen Gesprächen steht er schlitzohrig stets beiden Parteien bei. Eine, seine (erlaubte) Masche. Gilli (Schweizer Journalist 2013, und weitere Auszeichnungen) ist weit über die Zürcher Grenzen hinaus längst zu einer TV-Institution geworden. Das begann so richtig, als Roger Schawinski seinen Sender 2001 an Tamedia verkaufte. Diese veräusserte TeleZüri später bekanntlich an die AZ Medien von Peter Wanner, Gillis heutigen Arbeitgeber.

Der 61-jährige Talker, Journalist, Chrampfer und dossiersichere Gilli stellt in seinen Talk-Sendungen (die notabene einst von Schawinski erfunden worden sind…) permanent die richtigen Fragen. Und er zeigt als Fels des Senders auch bei über 200 Live-Sendungen pro Jahr keinerlei Ermüdungserscheinungen. Seine Spezialthemen sind Politik sowie Wirtschafts- und Gesellschaftsthemen. Dieser Mann hat aber keinerlei Berührungsängste und kann auch mit Leuten aus dem Showbusiness oder noch schrilleren Gästen gut umgehen. Und er arbeitet als Top-Journalist nach dem professionellen Motto: «Es gibt keine nachrichtenlose Tage, es gibt nur ideenlose Tage.»

Oft schafft Gilli auch exklusive Gespräche. Ausserdem hat er Erich Gysling als Experten für internationale politische Themen gewonnen. Dieser ist immer noch ein Grandseigneur unter den Schweizer Journalisten – und wurde nach seiner Pensionierung von den Leutschenbachern einfach links liegen gelassen. Nicht als Einziger. Übrigens: Vor über zwanzig Jahren hatte Peter Schellenberg, der damalige Direktor des Schweizer Fernsehens, eine tägliche Talk-Show zum aktuellen Geschehen angedacht. Realisiert wurde eine solche bekanntlich nie. Die Frage, welcher Sender dabei gewonnen und welcher verloren hätte, konnte folglich nie geklärt werden.

Am Montag waren der Berner Professor und Wirtschaftsjurist Peter V. Kunz sowie SP-Nationalrätin Chantal Galladé Gillis Gäste im «TalkTäglich». Es ging um kinderlose Menschen, die laut Kunz in unserem Land diskriminiert werden. Galladé bot, meine ich, die besseren Argumente.

Am Dienstag am Talk-Drücker: Oliver Steffen. Er lieferte mit dem Kriegsberichterstatter und Islam-Experten Kurt Pelda ein spannendes Gespräch ab über die radikalen Moscheen in der Schweiz (Schwerpunkt Winterthur). Steffen kann auch gut News und «SonnTalk». Ich wundere mich schon lange, dass er noch nicht von SRF «abgezügelt» worden ist. Möglicherweise hat er andere Pläne: Der 42-jährige talentierte Journalist und studierte  Betriebswirtschaftler könnte in einigen Jahren Gillis Nachfolger werden.

Im Talk vom Mittwoch war wieder Markus Gilli (startete seine Karriere vor 37 Jahren bei Radio 24) an der Reihe. Gäste: unter anderem der charmante Tessiner Swiss-Flugkapitän Roberto Battaglioni, der «seine» Boeing 777 am 1. Februar wegen Triebwerk-Ausfall unplanmässig am Polarkreis statt in Los Angeles landen musste.

Der Dritte in der der Runde der TeleZüri-Talker: Hugo Bigi. Die Aushilfskraft ist der Mann für die leichten Fälle und für Themen mit meist weniger Relevanz. Und er ist der politisch Überkorrekte. Es ist ja nett, wenn man immer wieder auch verbal an die Frauen denkt (mache ich liebend gerne auch), aber der sprachlichen Einfachheit halber darf doch in Talk-Sendungen auch mal nur die männliche Form verwendet werden. Damit lebt heute sogar Alice Schwarzer im Fernsehen gut. Ich könnte mir vorstellen, dass Bigi bei einem Restaurant-Besuch in der «Wilden Frau» neben dem Salzstreuer auch noch eine Salzstreuerin verlangt…

Zwei störende Details beim täglichen Talk: Wenn  die Zuschauer schon zum Mitdiskutieren aufgefordert werden, sollten auch mindestens drei Meinungen auf dem Sender zu vernehmen sein. Oftmals ist es nur eine, wenn auch selten sogar keine. Ausserdem: Die in letzter Zeit deutlich sichtbare «Getränke-Ausstellung» auf dem Talk-Tisch macht sich bei allem Verständnis für Sponsoring allein schon rein optisch nicht gut.

Wenn wir schon bei TeleZüri sind: Wie der «Tatort» gehört für mich längst auch der «SonnTalk» zum Sonntagsausklang. Eine Sendung, die meist Freude macht. Vor allem dann, wenn Sonja A. Buholzer nicht eingeladen ist.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

Kommentar wird gesendet...

Kommentare

  • Thom Brändli, 24.02.2017 09:36 Uhr
    Nun, die journalistischen Qualitäten von Markus Gilli stehen wohl nicht zur Diskussion. Er begeistert SEIN Publikum. Aber es gibt auch jene ausserhalb von Zürich, die ohne den Züri-Touch à la Gilli sehr gut auskommen. Von einer aufs ganze Land projezierten TV-Institution zu schreiben, ist doch etwas hochgestochen. Vielleicht ein Grund, warum das SRF ihn noch nicht "abgezügelt" hat.
  • Nico Herger, 23.02.2017 14:26 Uhr
    Hoffentlich übernimmt Bigi den Sonntalk nie. Ausser Buholzer gibts noch ein paar andere, die Abstinenz leichtmachen: Girsberger, Pardini und alle Juso*innen.
  • rene grütter, 23.02.2017 11:00 Uhr
    sensationelle leistung von herr gilli ! grösster wunsch : schawinski und gilli sollen sich endlich versöhnen !!!
Kommentarfunktion wurde geschlossen
Zum Seitenanfang20240424