TV-Kritik

«Hallo No-Billag!» – Spielhaus bei SRF

Spielhaus und Jekami am Leutschenbach: 50 Kinder, Jugendliche und ältere Semester durfte eine Woche lang bei Radio und Fernsehen mitschaffen – als Publikumsmitarbeiter. Mit einer über 13-stündigen Monstersendung wurde die Selbstbeweihräucherung und offensichtliche Reiz-Offensive gegen die bevorstehende «No-Billag»-Abstimmung Freitagnacht abgeschlossen.

Über 1200 Zuschauerinnen und Zuschauer von 14 bis 87 Jahren hatten sich als Publikumsmitarbeiter für «Hallo SRF!» beworben: Schüler, Studenten, Gymi-Lehrer, Sekretärinnen, Psychologinnen, Hotelangestellte, Kommunikationsfachleute, Chorleiter oder Pflegefachfrauen. 50 durften sich eine Woche lang verwirklichen. In 20 SRF-Redaktionen wie «10 vor 10», «Glanz & Gloria», «Meteo», «Echo der Zeit», «Puls», «Kassensturz», bei SRF 3 und Musikwelle. 

Immerhin wurden am Freitag zwei neue Stars entdeckt: Der 22-jährige ETH-Student Mauro Hermann moderierte auf dem Dach bravourös «Meteo». Psychologin, Bloggerin und Comedian Yonni Meyer (35) präsentierte ganz prima «10 vor 10» (siehe Video unten). Zwei reife Leistungen.

Herzig die Kids bei «Glanz & Gloria». «Cool!». «Mega lässig!». «Es isch alles so toll!».  Publikumsmitarbeitende und SRF-Profis lagen sich nach der gemeinsamen Produktionswoche in den Armen.

 


Der linientreue Nik Hartmann führte von morgens um 9 bis 22.30 Uhr motiviert durch den Marathon. Katharina Locher, Jann Billeter und Mario Grossniklaus waren seine besten Reporterkollegen. Die einzigen selbstkritischen Worte des Tages kamen von Tristan Brenn. 

Von Hartmann auf US-Präsident Donald Trump angesprochen, sagte der TV-Chefredaktor ohne Umschweife: «Wir machten im Vorfeld und bei den Wahlen den Fehler, dass wir zu sehr auf den Mann gespielt haben. Wenn man einen Politiker Etiketten-mässig immer als Populist bezeichnet, finde ich das nicht gut.» Und: «Da haben wir einen Lernprozess durchgemacht.»

Ruedi Matter hatte immer wieder harmlose Fragen von Zuschauern zu beantworten. Der SRF-Direktor prägte den Schlüsselsatz am Leutschenbacher Happy Day: «Dank der Werbung haben wir tiefere Gebühren.» Mit Betonung auf «tiefere».

Für Radio und Fernsehen geht die Rechnung nach der üppigen «Hallo SRF!»-Woche auf. Die glückseligen Publikumsmitarbeitenden haben Mamis, Papis, Omas, Opas, Tanten, Onkel, Gotten, Göttis, Cousinen, Cousins, Nichten, Neffen, Gspänli, Partnerinnen, Partner. Die werden die No-Billag-Initiative jetzt erst recht ablehnen.

SRF liess sich schon immer eine ganze Menge einfallen, um nutzbringende Freundschaften zu erhalten und neue Fankreise zu erschliessen. Bereits früher durften Sprösslinge von Promis «Glanz & Gloria» moderieren. Ein paar Vorschläge, falls vor der Abstimmung eine weitere «Hallo SRF!»-Woche geplant sein sollte: Irina Beller moderiert «Einstein» und Sepp Blatter den «Kassensturz». Johann Schneider-Ammann die «Arena» und Mike Shiva «Sternstunde Philosophie». Vera Dillier das «Echo der Zeit» und Vujo Gavric den «Kulturplatz». Beat Breu das «Sportpanorama», Hakan Yakin den «Literaturclub». Und Milo Moiré das «Wort zum Sonntag».


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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Kommentare

  • Zangger Julien, 15.10.2017 17:04 Uhr
    "Spielhaus bei SRF"! Oh, schon fast dachte ich bei diesem Titel von Herrn Hildbrand, die 70er-Jahre-Kultsendung "Das Spielhaus" kehre zum Staatssender zurück. "Das Spielhaus" kannte jedes Kind, im "Spielhaus" wurde gebastelt, gezaubert, gelacht. Und Franz und René hatten einen festen Platz. Die Titelmelodie war einzigartig, einprägend. Damals hatte das Schweizer Fernsehen noch eigene Formate, einen eigenen Stil. Die Leute vom Leutschenbach waren kreativ. Heute leider, gleicht SRF jedem anderen deutschsprachigen Sender, Formate werden kopiert. Einzig vielleicht, dass es bei SRF etwas unprofessioneller daher kommt. In der Tat war die PR-Aktion 'Hallo SRF' eine Art Spielhaus, oder viel eher eine Spielwiese. Einen Mehrwert für die Zuschauerin, den Zuschauer war nicht zu erkennen, ausser, dass es evtl. interessant für diejenigen war, die sich mal als SGR-Angestellter betätigen konnte. Für diese PR-Aktion von SRF gibt es nur ein Wort: Peinlich! Zum Abschalten.
  • Kathrin Betschart, 15.10.2017 14:53 Uhr
    "Hallo SRF!" war doch nichts anderes als peinliche PR in eigener Sache, die viel Gebührengelder kostete. Totale Selbsbeweihräucherung. Mamis, Papis, Omas der Teilnehmenden und wenn Sie hier alles aufzählen werden vielleicht gegen die NoBillag-Initiative stimmen. Doch ob das die übrigen Zuschauenden auch so lustig fanden? Bin mir nicht sicher. Ich habe mir meine Meinung zur No Billag-Abstimmung nun gemacht............
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