TV-Kritik

Leuenberger rechnet mit Walpen ab

Vier Tage nach der No-Billag-Abstimmung stellte SRF das «DOK»-Programm um und sendete den teils kurzfristig produzierten Film «Im Kreuzfeuer – Wie die SRG unter Druck kam.» Aufschlussreich und prickelnd dabei: Die Abrechnung des früheren Medienministers Moritz Leuenberger mit dem damaligen SRG-Generaldirektor Armin Walpen.

Gespiesen mit erhöhten Gebühren und abgesegnet vom Bundesrat entstanden in der 14-jährigen Ära Walpen elf neue Radio- und TV-Programme. Die Strategie des Wallisers: «Ich will die Stellung der SRG massiv ausbauen.» Leuenberger im Film: «Damit hat sich ein Misstrauen gegen einen Moloch aufgebaut, der sehr mächtig geworden ist.» Und: «Aus der grossen Expansion und dem arroganten Auftreten des CEOs (Walpen) ist ein Unmut entstanden.»

Moritz Leuenberger: «Man muss sich das so vorstellen: Die SRG kam mit einer Korona zu einer Sitzung. Dabei bekam man das Gefühl, dass subito alles zusammenbricht, wenn ich nicht mindestens das zusprach, was verlangt wurde. Da wurde mit dem Rechenschieber gerechnet, am Schluss kam ich selber nicht mehr draus.»

Der Medienminister (1995 bis 2010) aufgeregt über den Gebührenbolzer und Lobbyisten Walpen (1995 bis 2010 im Amt): «Wenn ich zusammen mit dem Bakom einen Antrag machte, ging die SRG am Abend vor der Bundesratssitzung zu anderen Bundesräten und forderte diese auf, zu ihren Gunsten zu intervenieren. Die Kollegen sagten mir dann: ‹Ja, Walpen wurde bei uns vorstellig, aber so geht es nicht›. Die Lobbyarbeit der SRG fand ich unverschämt.»

In einem Filmausschnitt wurde auch gezeigt, wie Walpen (liess sich in einem Dienstwagen Marke Porsche Cayenne fahren) 2004 im Bundeshaus dagegen lobbyierte, dass Regionalsender Gelder aus dem Gebühren erhalten. Treu an seiner Seite: Der damalige CVP-Nationalrat und frühere TV-Journalist Norbert Hochreutener. Walpen kam in der «DOK» zu Wort. Er ist bis heute uneinsichtig und liess nicht einmal eine Prise Selbstkritik spüren. Anders sein damaliger Strategie- und Planungsleiter Rainer Keller: «Man hat sich vielleicht etwas zu wohl eingerichtet in einer sehr privilegierten Situation.»

Gilles Marchand hat übrigens keinen Dienstwagen: «Weil ich keinen brauche.»


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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Kommentare

  • Esther Krebs, 09.03.2018 19:06 Uhr
    Endlich wird mir erklärt, wer für das Unbehagen verantwortlich ist, das mich befällt, wenn ich mir den Moloch SRG vorstelle. Erstaunlich, dass ein Genosse Klartext reden musste. Nur schade, hat er das nicht vor der No Billag-Abstimmung getan.
  • Andreas Willy Rothenbuehler, 09.03.2018 11:15 Uhr
    Das finde ich aber hoch anständig von M. Leuenberger.Den Stadtzürcher flüsterte er das vermutlich schon vor den Wahlen.
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