TV-Kritik

Lichterlöschen bei der SRG?

Im Kreuzfeuer der Kritik steht die SRG schon länger. Mit der No-Billag-Initiative befindet sie sich, 87 Jahre nach ihrer Gründung, auf der Kippe. Was passiert, wenn keine Gebühren mehr gibt? Die «Rundschau» hat sich in einem Schwerpunktthema damit befasst.

Aufschlussreich gleich zu Beginn der Sendung das Statement des erfolgreichen TV-Unternehmers Dominik Kaiser (3+): «Gut gemachte Infosendungen ohne Gebührengelder sind in der Schweiz nicht machbar. Unsere Vorgängersender TV 3, Tele 24 und auch die Programmfenster von RTL/Pro 7 sind daran gescheitert, dass sie sehr stark auf Information gesetzt und viel Geld in diesen Bereich investiert haben.» Kaiser ferner: «Wenn es die SRG wirklich nicht mehr geben würde, dann würden wir sehr rasch noch mehr in Unterhaltung und Fiktion investieren, aber nicht in News und Information.»

Kaiser ist überzeugt, dass Google und Facebook von den Werbegeldern profitieren würden. «Grundsätzlich wäre es schlecht, wenn Geld in zwei amerikanische Unternehmen abwandern würde, die in der Schweiz nichts in Inhalte investieren.» Verleger traten nicht in dieser «Rundschau» auf. Peter Wanner, König der Regionalfernsehen, erteilte dem Magazin eine Absage.

Gregor Rutz verkauft «No Billag» nach wie vor so, als wäre die Idee zur Initiative auf seinem Mist gewachsen. Der schlitzohrige SVP-Nationalrat über die TV-Information: «Die ‹Tagesschau› hat eine so tolle Reichweite und gute Qualität, dass sie über Werbung sogar noch gewinnbringend refinanziert werden könnte.»

Ich bin in guter Gesellschaft, wenn ich die überwiegend sackschwachen, fadenscheinigen und durchsichtigen Argumente und Strategien von Rutz, Rickli, Plan(B)igler & Co. nicht mehr hören mag. Ebenso wenig unkritische Erklärungen wie die von No-Billag-Gegnerin Edith Graf-Litscher (SP) in dieser «Rundschau». Olivier Kessler hatte einmal mehr den wenig überzeugenden, in der Sache verbissenen Mitbegründer Andres Kleeb (schaut keine Sportsendungen) vorgeschickt. Dieser erschien bei Sandro Brotz mit dem Buch «No Billag?» von Roger Schawinski. Bloss: Kleeb scheint dieses höchstens rudimentär gelesen zu haben. Brotz befragte und moderierte übrigens sehr ausgewogen.

Auch der «Rundschau»-Auftritt von Ladina Heimgartner bot erneut viel Durchzogenes und kaum Filet. Die RTR-Chefin und Stellvertreterin der Generaldirektion muss im Abstimmungskampf ihren Kopf regelmässig für die SRG-Bosse Jean-Michel Cina und Gilles Marchand hinhalten. Immerhin versprach sie einmal mehr: «Es wird Reformen geben und wir müssen effizienter werden.» Wie ihr Chef Marchand stellt sie den Verkauf der Admeira-Aktien zur Diskussion. Gegen die eben erst von Medienministerin Doris Leuthard neu angepeilte Radio- und TV-Gebühr von 300 Franken getraute sie nichts einzuwenden. Abschliessend prophezeite Heimgartner Lichterlöschen bei Annahme der Initiative.

Ausser Dominik Kaiser hat in dieser Spezial-«Rundschau» nur noch einer wirklich überzeugt: Marco Romano, Tessiner Nationalrat. Der Parteifreund von Doris Leuthard gehört zu den No-Billag-Gegnern, kritisiert aber die SRG mit offenem Visier: «Man hat jahrelang die Diskussion verweigert, alle Reformen gebremst und gestoppt und sich nicht an die technologische und gesellschaftspolitische Entwicklung angepasst. Es gab markante Reformen bei Post, Swisscom und SBB. Bei der SRG hat man immer gesagt, nein, bei uns ist es so wie es ist. Und nur bei uns gibt es Qualität.»

Romano weiter: «Ich wünsche mir, dass diese Initiative abgelehnt wird. Und ich hoffe auf Reformen, bevor eine neue ähnliche Initiative kommt. Diese würde dann wahrscheinlich durchkommen, weil sie wohl taktisch besser strukturiert wäre. Ausserdem sollte die SRG den Privaten mehr Freiraum geben.»


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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Kommentare

  • Ben Zeller, 26.01.2018 01:06 Uhr
    Als ich sehr jung war....das war so um die Jahrtausendwende, 2000, 2001, hörten wir Jungen zwei Radio-Sender: Radio 105 (damals ein total angesagter, hipper Radiosender, danke Herr Scaglione) und VIRUS (ebenfalls ein hippes Radio... von der SRG). Total out war unter den Jungen Radio 24 (s'Kommerz-Radio vo Züri). 105 und Virus damals....Das waren die beiden Sender, die ich abgespeichert hatte. Dazu gab es OOPS!, eine Jugendsendung auf SRF2, unter dem Segen des legendären TV-Direktors Peter Schellenberg (der brachte noch eigene Formate! Schellenberg war ein "brand"). Damals waren die Schweizer Medien, irgendwie, sehr innovativ, frech, frisch. Auch die staatlichen. Das ist heute nicht mehr so. Kein freches Oops! mehr, 105 ist längst aufgekauft und gibts nicht mehr in der frischen Version, und auch Virus' Stern ist am sinken. Die Schweizer Rundfunk-Landschaft....wird wieder zur Wüste wie in den 70ern-Jahre. Schade!
  • Giuseppe Scaglione, 25.01.2018 14:04 Uhr
    @Heinz Probst: Ich weiss zwar nicht, was Sie im Leben schon alles geleistet haben, dass Sie sich ein Urteil über andere Personen (die Sie nicht mal persönlich kennen) leisten können. Trotzdem beantworte ich Ihre Frage: Ihrer Logik entsprechend dürften sich rund 50% aller "Privatmedien" in diesem Land nicht zur Initiative äussern. Denn diese würden ohne Gebühren jedes Jahr massive Verluste einfahren. Und auch Herr Schawinski dürfte gemäss dieser Logik kein Buch schreiben, da er mit seinen Radiosendern seit dem Start jedes Jahr hohe Verluste einfährt. Im Gegensatz zu den zahlreichen "privaten" Radio- und TV-Stationen, die Gebühren erhalten, sind wir damals mit Radio 105 weder medial noch wirtschaftlich gescheitert. Wir hatten beim Publikum und bei Werbekunden grossen Erfolg (3x Radio Of The Year). Wenn, dann sind wir an der Wahl des (falschen) Investors gescheitert. Dieser hat uns - trotz wasserdichter Finanzierungsvereinbarung und vollmundigen Versprechungen - zwei Wochen vor Weihnachten den Stecker gezogen und dadurch ein Unternehmen, das es zuvor fast 17 Jahre (!!) gab, direkt in den Konkurs geführt. Die Idee (und die Marke) hat jedoch überlebt: Heute heisst es nicht mehr Radio 105, sondern my105. Wie gesagt, ich weiss nicht, wer Sie sind. Aber bauen Sie zuerst einmal ein Unternehmen von Null auf und betreiben es dann mit Erfolg während mindestens 17 Jahren. Und wenn Sie dann, wie Sie sagen scheitern sollten, wünsche ich Ihnen den Mut und die Kraft, wieder aufzustehen, nochmals bei Null anzufangen und das neue Unternehmen wieder zu einem Erfolg zu machen. Think about it.
  • Heinz Probst, 25.01.2018 13:13 Uhr
    Es fällt auf, dass in der Debatte zu Radio und Fernsehen Leute Ihr Wissen und Unwissen, auch ihre Weisheiten kund tun, welche vom Metier wenig oder nichts verstehen oder in diesem Bereich medial oder wirschaftlich durchgefallen, also gescheitert sind. Was sagt Giuseppe Scaglione dazu?
  • Giuseppe Scaglione, 25.01.2018 11:22 Uhr
    Von Abspecken und Reformen ist die Rede. Nur: Solange die SRG alles für alle anbieten darf (oder muss) und dies automatisch zum Service Public erklärt wird, gibt es für Private keinen Platz. Zum schwammigen Begriff Service Public noch dies: Ich hatte vor Jahren einmal vom (inzwischen leider verstorbenen) Medienrechtsprofessor Dr. Wolfgang Larese ein kleines Gutachten zu diesem Thema machen lassen. Er kam zu folgendem Schluss: Grundversorgung bzw. service public heisst einzig, dass die Abruf- bereitschaft für das Publikum sichergestellt werden muss. Es heisst nicht, dass auch tatsächlich abgerufen werden muss. Es braucht den Bund nicht zu kümmern, ob ein Bürger Radio- oder Fernsehpro- gramme abrufen will. Nur für den Fall, dass er abruft, müssen diese Minimalleistungen zur Verfügung stehen. Inhalt dieses service public ist nun in der Schweiz die Möglichkeit, jederzeit und überall Programme in den drei (bzw. vier) Landes- sprachen abrufen zu können, welche ein Minimum an Information, an kulturellen Sendungen und an Unterhaltung enthalten. Nicht von Bedeutung ist, ob jedermann die Programme auch abrufen will. Will sich eine grosse Gruppe von Bürgern anders informieren las- sen, z.B. über Zeitungen oder über Internet, so ist dies für die Tat- sache des service public irrelevant. Kein Kriterium für die inhaltliche Definition des service public ist die Möglichkeit, dass bestimmte Gruppen der Bevölkerung Radio und Fernsehen nur dann konsumieren. wenn sie ganz spezielle Sen- dungen enthalten, nämlich sog. Spartenprogramme. Dies ist zu ver- gleichen mit dem Nahrungsmarkt. Gehören Brot und Fleisch und Milch zur Grundversorgung, so sind deren jederzeitige Verfügbar- keit sicherzustellen. Diese Aufgabe wird nicht in Frage gestellt, wenn bestimmte Gruppen nur Fisch und Mineralwasser beziehen. Fisch und Mineralwasser werden dadurch nicht automatisch Teil der Grundversorgung.
  • Fritz Tschanz, 25.01.2018 11:15 Uhr
    Angst macherei ist eine neue Disziplin der SRG. Die Lichter werden nicht ausgehen auch wenn die Initiative angenomen wird. Die SRG muss schlanker werden sie bleibt immer noch die Nummer 1. Die finanziellen Mittel müssen ganz einfach neu verteilt werden. Nichts einfacher wie das.
  • Franz Meier, 25.01.2018 10:32 Uhr
    Herr Hildbrand, berichten Sie nur darüber, dass von der SRG Reformen verlangt werden, oder verlangen Sie selber Reformen? Wenn ja: welche? Die vielen Rufe nach "Abspecken" leuchten mir auf jeden Fall nicht ein. Die SRG muss einem breiten Spektrum von Zuschauern und Zuhörern gerecht werden (Sprachen, Interessen, Alter, Geschmack). Darum braucht es eine Vielfalt an Angeboten. Für mich wäre es jedenfalls ein harter Schlag, wenn Radio SRF 2 oder Radio SRF 4 News "abgespeckt" würden. Einen kleinen Reformvorschlag hätte aber auch ich: Ich wünsche mir vermehrt persönliche Meinungsäusserungen, Kommentare und Einschätzungen von SRF-Journalisten. Natürlich müssten Kommentare als solche gekennzeichnet und von der Berichterstattung abgegrenzt werden. Nach meiner Meinung fürchtet sich SRF zu sehr vor dem Vorwurf, politisch voreingenommen zu sein. Ich sehe allerdings schon jetzt die wütenden Reaktionen aus dem Publikum. Aber die Politik müsste die SRG vor der Wut des Publikums schützen und die Wut nicht noch instrumentalisieren und befeuern.
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