TV-Kritik

«Polizist» Ulrich Giezendanner überzeugt

In der neuen Serie «He!matland» («Vier zum Volk») lässt SRF zwei Nationalräte und zwei Nationalrätinnen für je drei Tage in einem anderen Umfeld arbeiten. Auf einem Gebiet, das ihrer politischen Gesinnung eher widerspricht. Ulrich Giezendanner (SVP/AG) durfte als erster ran. Der dienstälteste Nationalrat kämpft in Bern seit über 25 Jahren für weniger Gesetze. Geschwindigkeits-Kontrollen will er keine. Und Radarfallen findet er Abzockerei.

Darum tauschte der Verkehrspolitiker das Rednerpult gegen eine schusssichere Weste und ging mit der Verkehrspolizei Uri drei Tage auf Streife. Beim ersten Einsatz mit den Polizisten Michael und Silvio nach einem Einbruch in Altdorf war es dem sonst so lautstarken Politiker und «Polizei-Aspiranten» spürbar unwohl. Er blieb stumm. Vorerst.

In Schuss kam der Fuhrhalter der Nation bei Verkehrskontrollen. Autos und Lastwagen liegen ihm näher als Einbrecher. Ein Autofahrer ohne aktuelle Vignette wurde von Michael und Silvio mit 200 Franken gebüsst. «Geldmacherei!» lautete der Kommentar von Giezendanner. Die Verkehrsbussen hält er für viel zu hoch. «Diese sollen nur die Kassen füllen.» Die Schuld dafür gibt der Aargauer Unternehmer der Politik. Der populäre SVP-Nationalrat: «Ich will, dass die Polizei vermehrt auf Drögeler losgeht statt auf Verkehrssünder.» Zur Durchsuchung eines Autos wegen Verdachts auf Drogen kam es während Giezendanners Polizeidienst tatsächlich. «Es verdammts huere Puff», sagte der Mann der klaren Worte beim Blick in den anrüchigen Wagen.

Am Ende des dritten Dienst-Tages hatte der Praktikant genug. Während einer Nachtschicht-Pause sagte der Nationalrat beim (verschütteten) Kaffee übermüdet: «Ich will hei!»

Giezendanner kämpft mit Freunden seit vielen Jahren gegen den vermeintlichen «Linksdrall» der SRG. Nie mochte er den früheren SRF-Chefredaktor und Kurzzeit-Direktor Ueli Haldimann. Dieser prägte, so der Aargauer Politiker, «mit seiner ultralinken Gesinnung die SRG». Der SVP-Nationalrat ist TeleZüri gewogen und schätzt Markus Gilli.

Lieber Ueli Giezendanner, wie schon der viel zu früh verstorbene Glarner Ständerat This Jenny gehören Sie für viele Schweizer zu den «Gmögigen» von der SVP. Auch für mich. Ich bin sicher, wir sind uns einig: Die «Linken vom Schweizer Staatsfernsehen» haben eine gelungene und sympathische Sendung mit Ihnen und über Sie gemacht.

In den nächsten drei Wochen sehen wir Petra Gössi (FDP), Alois Gmür (CVP) und Jacqueline Badran (SP) im Reality-Check. Die SRG ist auf das Wohlwollen im Parlament so sehr angewiesen wie noch nie ihrer über 80-jährigen Geschichte. Ein Schelm, der denkt, dass dies bei der Planung der neuen Serie eine Rolle gespielt hat oder ein Hintergedanke war.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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