TV-Kritik

«Schawinski» verdient besseren Sendeplatz

Die richtige Sendezeit ist die richtig gewählte Sendezeit. «Schawinski» läuft seit über sechs Jahren zum ungünstigsten Termin: am Montag um 22.55 Uhr. Um diese Zeit befinden sich die meisten Schweizer – gerade zu Wochenbeginn – im Bett. Resultat: Auch mit exklusiven und spannenden Gästen erreicht die wöchentliche Talkshow meistens deutlich weniger als 100’000 Zuschauer.

Vor «Schawinski» läuft das Wirtschaftsmagazin «Eco». Danach folgt ein unsäglich langer Werbeblock. Am Montag waren es wieder fünfeinhalb Minuten. Der Unterbruch ist ein Killer: Währendessen kann man hören, wie die Quote runtergeht. Der Talk im unpünktlichsten Programm Europas begann erneut nach 23 Uhr.

Aktueller Gast bei Roger Schawinski war Sepp Blatter. Der ehemalige Fifa-Präsident («Ich war unvorsichtig aber nie korrupt») redete im Fernsehen zum ersten Mal ausführlich nach seinem Sturz. Ergiebig war das Gespräch nicht, aber interessant allemal: In New York stehen momentan ehemalige hohe Fifa-Funktionäre vor Gericht.

Die derzeitige SRF-Führung hat sich in den letzten Jahren auch in der Programmierung von Sendungen selten durch Flexibilität ausgezeichnet. Dabei wäre dies gerade bei «Schawinski» ganz einfach. Die Sendung verdient einen Sendeplatz direkt nach «10 vor 10». Idealer Tag: Mittwoch. Nur ganz wenige dürften protestieren, wenn der «Kulturplatz» um 22.55 Uhr ausgestrahlt würde.

Die ARD macht seit 20 Jahren beste Erfahrungen mit ihrem Polit-Talk am Sonntagabend. Anne Will (früher auch Sabine Christiansen und Günther Jauch) schafft nach dem «Tatort» sehr beachtliche Quoten. SRF hätte für seine Service-public-Sendung «Schawinski» zum Wochenausklang einen prima Platz. Um 22.20 Uhr. Da läuft «Aeschbacher». Das ist die Sendung, die viele nur noch aus Langeweile schauen. Hardcore-Fans, die «Aeschbacher und andere schräge Vögel» (Aeschbis Lieblingssendung im Sommer) unbedingt sehen wollen, harren auch bis 23 Uhr aus. Ausserdem: Replay-TV ist längst auch in den Altersheimen angekommen.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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Kommentare

  • David Gaugler, 01.12.2017 23:36 Uhr
    Schawinski hat eine Dauerpräsenz im TV seit Jahrzehnten. Immer die Gleichen, immer das Gleiche. Immer die gleiche Masche. Langweilig. Nur schon das Anfangssignet von Schawinski ist sowas von ätzend, wie er wichtig ins Studio läuft: Da hat Schawinski seinen Ego-Auftritt - seine Visage ist anscheindend sooo wichtig, das man sie im Anfangssignet zeigen muss. Das ist der Unterschied von einer Anne Wille - diese Frau stellt nicht sich in den Vordergrund, sondern ihre Gäste. Diese Frau hat Klasse! Diese Klasse findet man bei Fernsehen SRF leider nicht.
  • Richard Rüegg, 01.12.2017 15:57 Uhr
    Manchmal finde ich R. S. einfach unerträglich, etwa wenn er einen Gast einlädt und den dann keinen Satz sagen lässt, obwohl der etwas Substanzielles zu sagen hätte. So geschehen z.B. mit Werner van Gent anlässlich der Entwicklungen in der Türkei. Das war für mich kaum auszuhalten. Danach hatte ich für längere Zeit genug von dieser Sendung. Die Tagesgespräche im Radio SRF finde ich meistens sehr gut. Schade, dass dort Emil Lehmann nicht mehr mit von der Partie ist, weil offenbar pensioniert. Den fand ich einsame Spitze.
  • Robert Weingart, 30.11.2017 21:00 Uhr
    Es hat doch schon den Club und die Arena. Das1:1-Format mit Schawinski ist da nicht ganz "lätz", eine gute Ergänzung. Das lässt sich auch nicht mit Aeschbacher vergleichen, die Art des Talks ist ganz anders.
  • Samuel Zumbuehl, 30.11.2017 11:57 Uhr
    Wo ist der Unterschied zwischen «Schawinski» und «Aeschbacher»? Es gibt keinen. Beides sind m.E. «Schnarchsendungen». Kein Wunder, gehen um 22.55 Uhr die Schweizer/innen ins Bett. Im Schweizer Fernsehen fehlt ein wirklich herausragendes Talkformat, so wie es «Hart aber fair», Maybrit Illner oder Anne Will in Deutschland anbieten. Das sind auch deutlich jüngere, frischere und frechere Moderator/innen, doch immer mit Stil, Anstand, der richtigen Distanz und sympathischer Moderation. Man hat bei ihnen das Gefühl, das sie das Rampenlicht nicht unbedingt suchen. Ganz anders die TV-SRF-Talk-Leute: Der egozentrische, zynische Schawinski (früher SRG-Bekämpfer, heute SRG-Verteidiger) und der stets «betroffen mitfühlende» Aeschbacher sind seit über 30 Jahren ständiger Fernsehpräsenz m.E. absolute Auslaufmodelle. Da schalte ich jeweils ab, nicht ein. Es gibt sie aber, die guten Talker auf SRF, m.E. jedoch nur im Radio: Die Tagesgespräche um 13 Uhr (geführt von Top-Journalisten) und auch Ralph Wicki mit seinem Nachtclub sind absolute Highlights.
  • Nico Herger, 30.11.2017 09:34 Uhr
    Für SRF wäre es brandgefährlich, Schawinski abzuservieren, da er sehr viel Insiderwissen hat.
  • Michel Berger, 30.11.2017 01:05 Uhr
    Ich finde, Schawinski hat den richtigen Sendeplatz, nämlich zur Randstunde. Doch soll man soviel Gebührengelder eigentlich für eine Randstunden-Sendung vergeuden? Sorry, Herr Hildbrand, sie machen hier wieder einmal eine Fehleinschätzung. Ich glaube nicht, dass die Mehrheit des SRF-Publikums nach Schawinski schreit. Viel eher wurde uns diese Sendung aufgezwungen, durch Roger de Weck, ein Kumpel von Schawi. Die Gäste sind weder exklusiv noch spannend, sonder immer die gleichen Verdächtigen. Die Fragen von Schawinski sind auch immer die gleichen. Die SRG-Führung (konkret: Roger de Weck) traf einen Fehlentscheid, dass sie Schawinski ins Programm von SRF nahm. Was für ein Gebührengelder-Verschleiss! Und was Anne Will betrifft: Das ist ein ganz anderes Kaliber, Anne Will ist wirklich gut! Schawinski hingegen ist etwas fürs Altersheim (wie Aeschbacher auch ... hier haben Sie recht!). Sorry, aber ich glaube, wenn Schawinski aus dem Programm von SRF genommen würde, die wenigsten würde dem eine Träne nachtrauern. Ehrlich gesagt, bräuchte es ganz frischen Wind im Leutschenbach - Schawinski und Aeschbacher ist vielleicht noch etwas für Leute im Altersheim, die auch die Montagsabend-Quiz auf SRF schauen. Die jüngere Generation jedoch kennt weder Aeschbi noch Schawi. Irgendwie sind diese zwei vorbei.
  • Pesche Berger, 29.11.2017 16:36 Uhr
    Die Gäste sind langweilig; Thomas Borer, J. Badran, Toni Brunner, A. Rösti, V. Landmann, immer die gleichen Personen wie schon seit Jahren. Blatter war die Ausnahme, sagte aber nichts mit Substanz. Sendung eher abschaffen als verschieben.
  • Claudia Schweri, 28.11.2017 10:54 Uhr
    Er könnte ja zur Abwechslung mal ein paar alte eigene Zitate ausgraben, etwa "Schawinski über die SRG". Das würde den Quoten bestimmt helfen, besonders im Hinblick auf die Abstimmung. Für einen solchen Special wäre die Hauptsendezeit angebracht. Sonst ist die Sendung genau am richtigen Ort, nämlich am Rand.
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