TV-Kritik

Sehnsucht nach Hüppi und Russi

31 Jahre kommentierten Matthias Hüppi und Bernhard Russi im Schweizer Fernsehen die alpinen Skirennen der Männer. Eine Idealbesetzung. Nach der WM im Februar machten die beiden Schluss. Sie waren bis zu ihrem letzten Einsatz lebhaft wie Popcorn in der Pfanne. Stefan Hofmänner und Marc Girardelli sind ihre Nachfolger (persoenlich.com berichtete). Die erste Bilanz ist sehr durchzogen.

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Der im Rheintal lebende Vorarlberger Girardelli gewann in den 1980er und 1990er-Jahren (für Luxemburg) vier WM- Goldmedaillen, fünfmal den Gesamtweltcup und 46 Weltcup- Rennen. Ein toller Sportler und ein netter Mensch. Hat er als Nachfolger der Legende Bernhard Russi bei SRF die richtige Nebenbeschäftigung gefunden? Fraglich, eher nein. 

Bereits nach seinen ersten TV-Einsätzen spaltete er die Ski-Schweiz: «Fehlbesetzung», «Schlaftablette», «Langweiler» schrieben «Blick»-Leser  in den letzten Tagen über ihn. Eine Leserin könnte sich noch eher Peach Weber als Co-Kommentator vorstellen. 

Am Freitag habe ich mir das Kommentatoren-Duo während dem Super-G der Männer aus Breaver Creek (USA) angehört. Mit Stefan Hofmänner kann ich als Zuschauer leben. Auch wenn er nicht an die Klasse von Matthias Hüppi herankommt.

Marc Girardelli ist als Fachmann unbestritten, aber er kommentiert srf: so richtig fad. Derartig langweilig, dass es beinahe originell wirkt. Überdies: Mit seinem Dialekt-Gemisch ist er akustisch teils schwer verständlich. Oft nuschelt er und verschluckt Silben. Kommentieren ist halt wie Skispringen: man weiss nie, wie man ankommt. Und: Nur Kommentatoren, die selbst brennen, können Feuer in den Zuschauern entfachen.

Warum sich die SRF-Chefs nach dem Casting für Marc Girardelli entschieden hatten, bleibt wohl ihr Geheimnis. Bekannt ist, dass sich auch Bruno Kernen, Didier Cuche und Marco Büchel (hat Erfahrung als Ko-Kommentator bei Radio und TV) für den Job interessierten.

Um TV-Kommentatoren zu ertragen, hilft die Geduld. Lassen wir diese in der Vorweihnachtszeit ihre Arbeit tun. Geduld ist die Kunst, nur langsam hässig zu werden. Geduld haben allerdings auch Fernsehzuschauer nur dann, wenn sie hoffen können.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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Kommentare

  • André Heller, 04.12.2017 11:00 Uhr
    Diese Kolumne könnte man durch einen einzigen Satz ersetzen: Früher war alles besser! Und dabei komplett vergessen das Russi zu Beginn auch nicht beliebt war. Das hätte bestimmt auch Herr Hildbrand dann auch mit seiner Kolumne bestätigt. Weil davor war es bestimmt besser. Muss so sein.
  • David Gaugler, 02.12.2017 13:09 Uhr
    Matthias Hüppi und Bernard Russi waren wirklich ein Dreamteam. Hüppi fand dazumals prima den Anschluss an den legendären Karl Erb (der eigentlich nicht zu toppen war). Hüppi tönte sehr ähnlich wie damals Erb, und wie Erb klingte viel Emotion in den Kommentaren von Hüppi mit. Hüppi war echt gut - zusammen mit Russi einfach eine Bestbesetzung. Das mit der Geduld ist so eine Sache, Herr Hildbrand. Ich denke nicht, dass die Fernsehzuschauer von SRF Geduld haben. Viel eher werden sie sich langsam daran gewöhnen. Ein Hüppi, Russi oder Erb werden nie mehr kommentieren. Das ist ähnlich wie bei den Unterhaltungformaten: Da kupfert SRF viel von anderen Sendern ab. Bspw. bei Nostalgiesendungen gibt es die Mode, anstatt dass man alte Sendungen (oder Lieder) zeigt, immer sogenannte "Promis" von heute zeigt, die dann die alten Lieder nachsingen. Aber die Originale im Archiv zeigt man nie. Unerträglich.
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