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13.11.2017

SRF

Shitstorms über Sascha Ruefer und Co.

Die Schweiz fährt an die Fussball-WM nach Russland. Sascha Ruefer kommentierte besser, als die Nati spielte.
von René Hildbrand

«Das Spiel war nicht das Beste», sagte Nati-Spieler Fabian Schär im TV-Interview nach dem zweiten Barrage-Match, der gegen Nordirland mit 0:0 endete. Doch es reicht den Schweizern für die WM-Teilnahme.

Sascha Ruefer wird die Spiele im nächsten Sommer kommentieren. Im aktuellen «SonntagsBlick» steht ein bemerkenswert offenes Interview mit dem TV-Mann. Darin äussert sich Ruefer über die verächtlichen Kommentare, die ihm immer wieder in den sozialen Netzwerken entgegen schleudern: «Es macht dich kaputt, was da an Respektlosigkeit und Beleidigung steht. Da hat sich eine Gesellschaft von Wutbürgern gebildet, die ohne Regeln des Anstands ihren Kommentar abgeben. Worte wie ‹Hurensohn› sind da harmlos.»

Ruefer hat die Notbremse gezogen: «Darum bin ich auf sozialen Netzwerken nicht mehr aktiv, auch weil sie viel weniger wichtig sind, als man uns tagtäglich weismachen will.» Dem Sportreporter wurde auch schon des Öfteren Gewalt angedroht. «Die Respektlosen unter den Fussballfans prusten sich gerne auf und markieren den Starken.» Einmal musste Ruefer die Polizei einschalten, als nach einem Spiel Bilder seines Hauses und seiner Wohnadresse im Internet kursierten – mit der Androhung von Gewalt.

Primitivität und Dummheit kennen keine Grenzen, aber viele Leute. Fussballer rutschen mit dem Fuss aus, manche «Fans» mit den Fingern am Handy oder am Compi. Nur: Im Gegensatz zu Lederkugeln verwittern Worte nicht. Ja, das grösste Problem beim Fussball ist ein Teil der Fans. Als «häufig asoziale Netzwerke» bezeichnet ZDF-Fussballkommentator Béla Réthy Medien wie Twitter und Facebook. Es sei ein Hobby geworden, ihn und seine Kollegen dort während eines Spiels und danach zu beschimpfen.

Sascha Ruefer: «Zu Beni Thurnheers Zeiten musstest du einen Brief schreiben, standest mit deinem Namen zu deiner Meinung. Heute sind viele im Deckmantel der Anonymität unterwegs.» Richtig. Früher gab es Leserbriefe, die gingen an die Leserbriefredaktion der Zeitungen und manchmal noch an den zuständigen Journalisten. Oder die Zuschauer richteten einen Brief an die Kundendienste der Sender. Heute kann ein Tweet exorbitante Kreise ziehen. «Da, wo man auf einen Knopf drücken kann, drücken viele auf den Knopf», sagt der Schweizer Star-Kommentator Marcel Reif (zuletzt bei Sky, heute Fussballexperte bei Teleclub). Und ergänzt: «Das bringe ich einem mittelmässig begabten Schimpansen in Wochenfrist bei.»

Über Reif («Wenn Sie dieses Spiel atemberaubend finden, haben Sie es an den Bronchien») fegten immer wieder Shitstorms hinweg. Zehntausende forderten im Netz schon ein Kommentarverbot für den vielfach ausgezeichneten Kommentator (unter anderem Deutscher Fernsehpreis, Adolf-Grimme-Preis). Die Beleidigungen und Beschimpfungen haben es Marcel Reif letztes Jahr leichter gemacht, seinen Vertrag bei Sky nicht mehr zu verlängern. Ausserdem ist Marcel reif für mehr Mussestunden. «Das Wichtigste im Leben ist für mich heute die Zeit. Zeit für mich und meine Familie», sagte er mir bei unserem letzten Treffen.

Abschliessend: Fussball-Kommentatoren werden weiterhin polarisieren. Das war schon immer so. Und: Die meisten Fussballfans sind gesittete Menschen. Manche zeigen einem aber jeden Tag, wie man niemals werden möchte. Ich meine auch jene, die am Sonntag Haris Seferovic ausgepfiffen haben.


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