TV-Kritik

Streit der Billag-Zahler statt Berset

In der ersten «Arena» des Jahres ist traditionellerweise der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin Gast. Zumindest dann, wenn nicht gerade Ueli Maurer das Amt bekleidet. Im Gegensatz zu seinem Zürcher  Kollegen hat der Westschweizer Alain Berset durchaus «Luscht» aufs Schweizer Fernsehen. Weil ihm am Freitag ein anderer Termin wichtiger war, wird er erst nächste Woche am Leutschenbach antreten. Darum musste Jonas Projer umdisponieren.

«Jetzt redet das Volk», hat dieser vor der zweiten «Arena» zu «No Billag» versprochen. Erlaubt, aber selbstverständlich masslos übertrieben. Das Volk wird in acht Wochen an der Urne reden. Gelassen, souverän und teils schon fast hyperkorrekt moderierte Jonas Projer eine dennoch lebhafte, ausgewogene und zum Schluss versöhnliche Sendung.

Publikum

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Die Gegner waren insgesamt überzeugender als die Befürworter. Allen voran die blitzgescheite Laura Zimmermann («Nein zum Sendeschluss»), die schlüssig auf Risiken und Nebenwirkungen der Initiative aufmerksam machte. Von der jungen Frau dürfte noch viel zu hören sein. An den Stehpulten legten sich der Unternehmer Andreas Kleeb (Pro) und CVP-Nationalrat Martin Candinas (Contra) ins Zeug. Für den Bündner ist die Initiative «ein absolutes No-Go für ein vielsprachiges, vielseitiges und faszinierendes Land wie die Schweiz». Kleeb will die SRG mit einem Ja «in eine unabhängige, prosperierende Zukunft entlassen». Grinsen erwünscht.

Von Projers «Volk» im Publikum hätte man mehr Rationales erwartet, man kennt die weltfremden Statements inzwischen seit Monaten: Gegner prophezeien zusammengefasst bei Annahme der Initiative naiv den Untergang der Schweiz. Befürworter behaupten dreist, dass es ihnen nicht um die Abschaffung der SRG geht, dass diese auch ohne Gebühren weiter existieren könne und der Markt das Ding schon schaukeln werde. Aufgedrehte Möchtegern-Showmänner wie der Künstler Matthias Müller (Contra) und der Unternehmer Koni Rüegg (Pro) dienen ihren Lagern übrigens in keiner Weise.

Bedauerlicherweise nicht diskutiert wurde in dieser Sendung, dass sich die SRG das Zustandekommen der Initiative zu einem schönen Teil selber zuzuschreiben hat. Der Konzern ist unter seinen früheren Generaldirektoren Armin Walpen und Roger de Weck zu massig geworden. Abspecken ist so oder so angesagt.

 


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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Kommentare

  • Philipp Gadient, 07.01.2018 10:13 Uhr
    Sehr Hildbrand Sie sagen es am Ende richtig, die SRG, vor allem Hr. De Weck haben es sich zuzuschreiben, dass wir über eine solche Initiative im Frühjahr abstimmen werden. Die SRG ist beratungsresistend und stützt sich auf den Begriff 'Service Public' ab, der bis heute noch weder von der Politik, noch von der SRG klar definiert wurde. Herr Schawinski, nicht gerade mein Freund, sagt es klipp und klar, dass sich die SRG neu aufstellen muss, dass die Kosten drastisch reduzieren muss und so sehe ich ein JA für die No Billag, eine Chance für die SRG, sich neu zu positionieren. Weniger Unterhaltung, Quizsendungen, Sport 'Champions League als Bsp' nicht mehr senden, wäre ein Schritt in die richtige Richtung. MfG PG
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