Ein hauchdünnes Ja war vor der Abstimmung über die Reform Altersvorsorge 2020 prognostiziert worden. Herausgekommen ist ein deutliches Nein. Neu schon um 12 Uhr mittags startete zur wichtigsten nationalen Abstimmung der letzten Jahre die SRF-Abstimmungssendung.
Moderator Urs Leuthard motivierte seine Kolleginnen und Kollegen auch diesmal einen Nachmittag lang mit «Danke vielmoll», «Merci vielmoll», «Herzliche Dank». Mit Lukas Golder vom Forschungsinstitut gfs.bern hatte Leuthard einen neuen Chefdeuter an seiner Seite (persoenlich.com berichtete). Claude Longchamp («Fliege der Nation») hatte sich nach 30 Jahren aus dem Abstimmungsstudio verabschiedet.Golders Premiere ist gelungen. Er doziert weniger als sein Vorgänger, kommt schneller zur Sache. Vielleicht schenkt ihm Urs Leuthard für die nächste Sendung eine modischere Krawatte.
Schon gegen Ende der Abstimmungssendung war die Bundestagswahl 2017 ein Thema. Leuthard unterhielt sich mit Thomas Borer, dem ehemaligen Schweizer Botschafter in Berlin. Um 17.45 Uhr übernahm Susanne Wille in der deutschen Bundeshaupstadt. Von dort aus hatte sie am Freitag schon «10 vor 10» moderiert. In «Deutschland wählt» analysierte Wille erneut mit Adrian Arnold. Er gehört seit Jahren zu den besten Korrespondenten des Schweizer Fernsehens.
Die SRF-Berichterstattung über die Bundestagswahl war gut gemeint, aber übertrieben. Wille wurde von ihren Gspänli Daniela Lager, Viviane Manz und Pascal Kraus nach Berlin begleitet, die unverbindlich aus den Parteiumgebungen berichteten. Monika Schoenenberger präsentierte die Hochrechnung. Zu viel des Guten. Wille mit Arnold und Gesprächsgästen hätten genügt.
Zumal: Wer sich vertieft für die Bundestagswahl interessierte, war mit ARD und ZDF ab 17 Uhr bestens bedient. Keine anderen europäischen TV-Sender liefern nach Wahlen bessere Sendungen: Laufend aktualisierte Hochrechnungen, Interviews, Analysen, Berichte, «Tagesthemen», «Heute-Journal», Talks (Anne Will und Maybrit Illner) – bis vor Mitternacht. Dazu: Die «Berliner Runde», zeitgleich auf beiden Sendern und geleitet von deren Chefredaktoren.
Trotz grossen Verlusten ihrer Partei, neuer Sortierung der deutschen Politik und Umbruch zeigte sich die gerupfte Angela Merkel nach wie vor «muttiviert». Ebenso die Vertreter von FDP und AfD, die Gewinner der Wahl. Die Schweizer Abstimmungsendung und die deutschen Wahlsendungen hatten Gemeinsamkeiten: Demoskopen, die sich verrechnet hatten, sowie langweilige Ausflüchte, schönfärberische Statements und Floskeln von Politikern: «Wir werden eine sorgfältige Analyse vornehmen.» Oder: «Die Gegner sind jetzt in der Pflicht». Und: «Es stehen spannende Zeiten bevor.» Hoffen wir es.
TV-Kritik
Viel AHV und zu ausgiebig Merkel