14.06.2017

Cannes Lions 2017

«Wir haben unsere Sache ganz ordentlich gemacht»

Erstmals ist Werbeweischer Cannes-Repräsentant in der Schweiz. Wird die Schweiz durch das Engagement der deutschen Kinovermarkterin mit Deutschland in einen Topf geworfen? Florian Weischer, CEO von Werbeweischer und Präsident von Weischer.Media, nimmt Stellung.
Cannes Lions 2017: «Wir haben unsere Sache ganz ordentlich gemacht»
Florian Weischer ist Geschäftsführer der deutschen Kinovermarkterin Werbeweischer und Chairman von Weischer.Media. (Bild: zVg.)
von Edith Hollenstein

Herr Weischer, für Sie als Deutschen: Was beeindruckt Sie am hiesigen Kreativstandort? 
Wie in anderen Fragen auch, also nicht nur für die Kreativität, beeindruckt mich an der Schweiz die kulturelle Vielfalt. Das ist ein anspruchsvoller Kontext und dem wird die Werbung hier gerecht.

Dieses Jahr sind Sie erstmals Repräsentant der Schweiz. Wie kam es dazu?
Wir arbeiten ja schon seit über 20 Jahren für das Festival, bisher nur in unserem Heimmarkt Deutschland. Dort haben wir unsere Sache ganz ordentlich gemacht. Nach unserem Marktstart in der Schweiz hat man uns gefragt, als klar wurde, dass die Publicitas ihr Engagement nicht verlängern wollte. Da haben wir diese Chance ergriffen. Durch die Zusammenarbeit mit Sybille Widmer können wir ja auch in wichtigen Fragen eine gewisse Kontinuität bieten.

Sybille Widmer betreut Cannes Lions nur noch dieses Jahr. Wer macht das ab 2018?
Wir werden das Cannes-Team in der Schweiz ausbauen, Christof Kaufmann möchte eine Cannes Support Stelle in Zürich schaffen.

Welches sind Ihre drei wichtigsten Aufgaben als Repräsentant?
Wir vertreten die Anliegen des Festivals in der Schweiz und koordinieren die Jury Nominationen für die zugehörigen Festivals Cannes Lions, Eurobest und Dubai Lynx. Des Weiteren organisieren wir gemeinsam mit dem ADC die Selektion der Young Lions Competition im Rahmen des ADC Young Creative Award und vergeben die durch Schweizer Agenturen gewonnenen Löwen im Rahmen der Lions Night.

Wann und wo findet die Lions Night 2017 statt?
Sie findet am 14. September im Riff Raff Kino in Zürich statt.

Haben Sie einen angemessenen Budgetbetrag vorgesehen, um diese Feier gebührend auszugestalten, wie in den früheren Jahren oder ist die Glamour-Zeit vorbei?
Glamour ist nicht unbedingt eine Frage des Budgets und wenn wir nicht überzeugt wären, es gut zu machen, würden wir es sein lassen.

Wie viel Geld zahlt Werbeweischer, um diese Repräsentanz ausüben zu können?
Erstaunlicherweise ist die Vereinbarung mit den Cannes Lions ohne materielle Verpflichtungen beiderseits, es wird nichts bezahlt und auch nichts eingenommen. Wir tragen aber alle Lasten aus der Arbeit selbst, die Mitarbeiter und die Kosten für Veranstaltungen beispielsweise.

Wie wir aus der Branche hören, sind viele Top-Werber besorgt um den Stellenwert der Schweiz. Inwiefern sind solche Ängste berechtigt?
Das ist eine globale Herausforderung, die alle Märkte betrifft, nicht nur die Schweiz. Man kann sich dieser Entwicklung unmöglich entziehen, schon gar nicht durch ein isoliertes Denken und Handeln. Leider ist das gerade in einigen Ländern ziemlich en vogue, in der Schweiz kann ich das aber nicht feststellen. Der Qualitätsanspruch wird hier auch weltweit verteidigt und das mit Erfolg.

Die Schweiz als Gründungsmitglied von Cannes Lions hatte mehr als 60 Jahre lang Einsitz in den Jurys. Jetzt nicht mehr, weil sie zu den kleinen Ländern gezählt wird. Wie einschneidend denken Sie ist das? 
Das Verfahren zur Jury-Auswahl und Vergabe der Plätze folgt in diesem Jahr einem neuen Muster, mit dem wir uns alle erst noch anfreunden müssen. Allerdings zählt dabei nur die reine Statistik aus eingereichten Arbeiten und gewonnenen Löwen, also kein Bonus oder Malus für einzelne Länder, auch nicht für die ehemaligen Gründer des Festivals.

Wird das aufgehen?
Das werden wir sehen. Wir sind ein wenig skeptisch, weil wir auch glauben, dass durch eine Benachteiligung der kleineren Länder und damit einhergehend ein Verlust von Vielfalt verbunden sein kann.

Wie will Werbeweischer, resp. Weischer.Media dafür sorgen, dass 2018 wieder Schweizer in den Award-Jurys vertreten sind?
Unseren Einfluss können wir im direkten Kontakt mit der Festivalleitung geltend machen, müssen dabei aber aufpassen, dass unsere Argumentation nicht zu einseitig ausfällt und wiederum andere nicht benachteiligt. Ein bisschen Lobby-Arbeit ist da sicher auch dabei. Die Zusammenarbeit mit dem ADC und der Kreativwirtschaft in der Schweiz wird helfen, diesen Standpunkt in London zu untermauern.

Es besteht die Sorge, dass die Schweiz von Cannes Lions künftig nicht mehr als eigenständige Einheit, sondern zusammen mit Deutschland betrachtet wird.
Wir können das gut verstehen, trotzdem glaube ich nicht, dass es in diese Richtung gehen wird. Weder das Festival noch wir haben ein Interesse daran, die Eigenständigkeit der Schweiz innerhalb des Festivals zu tangieren. Wir würden uns auch mit einer solchen Haltung als Unternehmen mit einem eigenständigen, grossen Standort in der Schweiz sehr schaden. Wir werden in einzelnen Bereichen vielleicht Ressourcen teilen und von den gegenseitigen Erfahrungen profitieren können. Insgesamt wird unser Engagement für beide Kreativstandorte von diesem Schritt profitieren. Wir tun dadurch eher deutlich mehr als weniger.

Was genau tun Sie für die Schweiz?
Wir übernehmen bewährte Aktivitäten wie zum Beispiel den Young Creative Award, die Preisverleihung. Zudem engagieren wir uns auch dieses Jahr wieder an der Swiss Party in Cannes und haben als zusätzliche Networking-Möglichkeit die Weischer.Media Lounge an der Rado Plage für die Schweizer Delegates geöffnet. Des Weiteren haben wir die Partnerschaften mit Swissfilm Association, Clear Channel und dem ADC erneuert und arbeiten dort an weiteren Aktivitäten für das Festivaljahr 2018.

Die Schweiz ist dieses Jahr mit 90 Delegierten vertreten. Wie zufrieden sind Sie mit dieser Zahl?
Wir haben aktuell sogar die 100er Marke erreicht und sind mit diesem Ergebnis sehr zufrieden.

476 Schweizer Arbeiten wurden eingereicht. Offenbar zunehmend nicht von Agenturen, sondern von Unternehmen. Was bedeutet diese Entwicklung?
Das Interesse der Kunden an den Cannes Lions hat über die letzten Jahre kontinuierlich zugenommen. Die Eitelkeiten damit natürlich auch. Das dürfte für einen hohen kreativen Standard in der Kommunikation aber eher hilfreich als schädlich sein.

Was erwarten Sie persönlich von Cannes Lions 2017 und wo wird man Sie antreffen? 
Für Seminare und Vorträge bleibt für mich selber kaum Zeit. Unsere Scouts sind aber unterwegs und fangen das Wichtigste ein. Mein Platz ist eher hinter den Kulissen des Festivals und ganz sicher auf dem Empfang für die Schweizer Delegates am Donnerstag. Dort gerne auch auf ein Glas Rosé.

persoenlich.com wird am Cannes-Lions-Festival vom 17. bis 24. Juni vor Ort sein und darüber berichten. 

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