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Countdown des Jahres

von Matthias Ackeret

Es war die Schlacht der Schlachten: Der Countdown der US-Wahlen war zweifelsohne der Höhepunkt dieses Politjahres und liess für einen kurzen Moment die grauenhafte Pandemie namens Corona vergessen. Eine reelle Umsetzung der Trump-Show «The Apprentice» mit der legendären Aussage «You're fired!»

Selbst wenn jetzt noch kein Sieger feststeht, kennt man bereits die Verlierer. Zum einen die Demoskopen. Nun kann man zu Recht einwenden, dass eine Wahlvorhersage in den USA nicht ganz einfach ist und von vielen Unwegsamkeiten abhängt. Das ist richtig, doch wer diesen Beruf wählt, erhebt einen gewissen Anspruch auf Seriosität und Wahrheit. Ansonsten wäre der kürzlich verstorbene Mike Shiva mit seiner Wahlprognose viel klarer gewesen – und auch noch unterhaltsamer.

Zum Zweiten die Medien. Als regelmässiger Spiegel- und Tages-Anzeiger-Leser wurde uns in den letzten Wochen ein Amerika-Bild vermittelt, das – betrachtet man die Wahlresultate – wohl kaum der Realität entspricht. Der Biden-Erdrutsch ist definitiv nicht eingetreten und viele amerikanische Wählerinnen und Wähler haben sich – wie die gestrige Nacht zeigte – anders verhalten, als ihnen die Medien vorschreiben wollten. Da stellt sich die hochphilosophische Frage: Wer liegt nun daneben, unsere Medien oder die Amerikaner, die ihrem Präsidenten (möglicherweise) eine zweite Periode anvertrauen? Amerika ist nicht nur New York, Washington und Kalifornien. Dies wurde mir – und dies als Klammerbemerkung – bewusst, als ich mit zwei guten Freunden vor vier Jahren den Wahlkampf zwischen Trump und Clinton in Pennsylvania verfolgen konnte. Manchmal – und dies sah man heute ganz gut – wiederholt sich die Geschichte. Und dies nicht nur, wie Marx und zuvor Hegel schnödeten, als Farce.

Der Sieger steht – abgesehen von der ganz grossen Politik – bereits jetzt schon fest: es handelt sich um Blick TV. Was der Internetsender mit Chefredaktor Jonas Projer in der Nacht auf die Beine stellte, war für hiesige Verhältnis grosses Kino. Bleibt zu hoffen, dass sich dies auch in den Einschaltquoten auszahlt. Während der ganzen Nacht übertrug Blick TV die US-Wahlen, wobei die enge Zusammenarbeit mit CNN sich als Vorteil erwies. Informativ und auch unterhaltsam waren die vielen Gespräche und Einschätzungen von Publizist Felix E. Müller, der Buchautorin Adriana Mettler («Crazy Country USA»), Teresa Ritterhoff vom Anti-Trump-Aktionsbündnis «Action together Zurich» oder SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt. Ein besonderes Highlight war der Disput zwischen Medienpionier Roger Schawinski und Amerika-Kenner Markus Somm aus dem Restaurant «The Studio» im Ringier-Pressehaus. Dieser verbale Zoff ist der beste Beweis, dass Politik und vor allem Diskutieren über Politik nicht nur bitterernst sein muss, sondern auch Entertainment sein kann. Zumindest das haben wir in den vergangenen vier Jahren von Donald Trump gelernt.



Matthias Ackeret ist Verleger und Chefredaktor von persönlich und persoenlich.com.


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