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Die Schweiz nach Corona

von Reto Zangerl

Was passiert, wenn ein Grossteil der Schweizer Bevölkerung knapp zwei Monate in Quarantäne verbringt und sehr viel Zeit hat, um nachzudenken?

Einiges! Die Pandemie hat sich auf mehrere Trends wie ein Turbolader ausgewirkt und die Geschwindigkeit beispielsweise in den Bereichen Digitalisierung oder Homeoffice nochmals massiv erhöht. Unternehmen, die ihr Angebot und ihre Kommunikation zukünftig nicht anpassen, werden von der Konkurrenz aus dem Markt gedrängt werden. Schnell. Und dies gilt für fast alle Branchen. Überraschen wird uns jedoch zusätzlich das enorme Ausmass einer neuen «hier und jetzt»-Gesinnung. Wir werden ab Mai eine nationale Solidarität gegenüber lokalen Unternehmen, insbesondere im Selbstständigen- und KMU-Umfeld erleben, wie wir sie wohl noch nie gesehen haben.

Trotz aktueller Kritik am Bundesrat bezüglich der Anpassung des Lockdowns wird unser Vertrauen in das eigene Land dank Corona erheblich gestärkt hervorgehen. Doch unser Vertrauen in die Welt und in die Zukunft hat arg gelitten. Wir werden uns noch lange daran erinnern, wie wichtige Hilfsgüter von Nachbarländern zurückgehalten wurden, und es wird uns allen bewusst sein, dass die Weltgesellschaft keine zweite Pandemie verkraften kann. Dennoch könnte ein neuer, noch viel gefährlicherer Virus theoretisch bereits morgen auf uns zukommen. Kommt der dann wieder aus China? Der Imageschaden, welchen das Reich der Mitte zu verzeichnen hat, wird leider enorm sein, und die globalen Güterströme werden dadurch beeinflusst werden. Arbeitsplätze – insbesondere im Zusammenhang mit der Produktion von strategischen Gütern – werden zu uns oder zumindest nach Europa zurückkommen. Aber wir werden auch mit einer globalen Rezession zu rechnen haben, nicht zuletzt deshalb, weil der Weltwirtschaftsmotor China stottern wird.

Vertrauen wird in der Zeit nach Corona eine zentrale Rolle spielen. Mehr denn je. Dies hat einen erheblichen Einfluss auf Marken und deren Kommunikation und bietet in der Schweiz ansässigen Firmen eine enorme Chance. Den Menschen geht es um wahre Werte, nachvollziehbare Lieferketten und Identität. «Swissness» und lokale «Next Door»-Produktion erleben einen Boom, insbesondere wenn sie mit Herzlichkeit verbunden werden. Die Coronakrise hat uns gezeigt, dass es möglich ist, innert kürzester Zeit und praktisch ohne Vorwarnung in eine ausserordentliche Situation zu geraten. Wir mussten über Monate hinweg auf den physischen Kontakt mit unseren Freunden verzichten und Abstand halten. Unser Anspruch und Bewusstsein für den Moment und für das, «was wirklich zählt», wurde geschärft. Der Anspruch an echte menschliche/herzliche Erlebnisse wird nach Corona weiter zunehmen. Dies gilt für unsere privaten Kontakte, aber insbesondere auch für den Kundenservice von Unternehmen.

Verlässlichkeit und Orientierung werden sich als zentrale Begleiter unserer Entscheidungsfindung herausstellen. Traditionen werden eine Renaissance erleben, wie schon lange nicht mehr. Ich kann mich auf sie verlassen. Und paradoxerweise werden gerade sie es sein, welche einen Rahmen schaffen, in welchem frische Ideen, Innovationen und wichtige Impulse für die Zukunft geschaffen werden können. Das ist eine Chance für die Unternehmenswelt und deren Marken. In der Zeit nach Corona wird, wer Orientierung und Sinn schafft, Kunden langfristig an sich binden können. Die Vorbereitungsphase dazu ist bereits im vollen Gange.



Reto Zangerl ist Gründer und Managing Partner von Brand Affairs. Die Zürcher Agentur fokussiert sich auf Markenstrategie und Public Relations.

Unsere Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.


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