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Ein «Oscar» für die Weko!

von Matthias Ackeret

Manchmal gibt es Überraschungen, mit denen gar niemand rechnet. Gäbe es einen «Oscar» für die grössten Magier, wäre die Schweizerische Wettbewerbskommission ganz oben auf der Shortlist. Mit ihren überraschenden Entscheiden hat die Weko ihre Kritiker vorerst mundtot gemacht und das Klischee bernischer Behäbigkeit ad absurdum geführt.

Noch am Dienstag zeigten sich die beiden Freiburger Starprofessoren Reiner Eichenberger und Mark Schelker in einem Hintergrundgespräch äusserst pessimistisch, indem sie von einer Ablehnung des Goldbach-Deals ausgingen. Dabei erläuterten sie die Gründe, warum die Wettbewerbskommission ihre Zustimmung eigentlich nicht verweigern könne. Diese hatten sie in einer Stellungnahme, die sie für Tamedia abfassten, aufgeführt. Die Weko hat mit ihrem Entscheid vom Donnerstag den beiden Volkswirtschaftlern Recht gegeben. Aber trotzdem stellt sich die Frage: Warum ging plötzlich alles so schnell? War der politische und auch mediale Druck der letzten Tage so hoch?

In einem vielbeachteten persoenlich.com-Interview bezeichnete noch vor Wochenfrist Tamedia-CEO Christoph Tonini die Wettbewerbshüter aus Bern als «weltfremd». Kurz danach griff BaZ-Eigentümer und Alt-Bundesrat Christoph Blocher auf Teleblocher zum verbalen Zweihänder, und auch der Schreibende verglich die Weko in seinem letzten Blog mit jenen Landwirten, die mit Giesskannen gegen den Hitzesommer anzukämpfen versuchen. In der aktuellen «Weltwoche» holt Medienkolumnist Kurt W. Zimmermann nochmals zu einem Rundumschlag gegen die Wettbewerbskommission aus. Brillant geschrieben, aber schon veraltet. Was zumindest zeigt, dass Print manchmal wirklich langsamer ist als die Realität. Oder zumindest die Wettbewerbskommission.

Höchstwahrscheinlich hat die Disruption des Marktes und die Dominanz der amerikanischen Technologieriesen Google und Facebook im hiesigen Werbemarkt den Weko-Entscheid am Ende beschleunigt. Was beweist, dass selbst Wettbewerbshüter nicht ganz «weltfremd» sind und manchmal sogar über ihren Bürotisch hinausschauen. In «normalen» Zeiten, als der Werbedruck noch nicht so massiv war, hätte die Prüfung sicherlich länger gedauert.

Der einzige Medienentscheid, der noch offen ist, ist die Genehmigung der Übernahme der «Basler Zeitung» durch Tamedia. Vielleicht zeigt die Weko hier ihre Krallen: Blocher und Tamedia sind immer noch Reizworte. Bleibt doch zu hoffen, dass hier nicht ein falsches Exempel statuiert wird.


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