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Eine Grenze überschritten

von Roger Schawinski

Die «Arena» mit «Doktor Daniele Ganser» wird wohl Langzeitwirkung haben. Es ist nicht nur die Rekordzahl von 493 Beanstandungen aus Ländern wie Holland, Italien, Luxemburg und Deutschland, die auf ein aussergewöhnliches Ereignis hinweist. Auch die Tatsache, dass es sich um eine teilweise gesteuerte Aktion mit vielfach identischen Klagebriefen handelt, ist nicht ganz neu. Aber es gibt einige Elemente, die auf eine erweiterte Dimension hinweisen.

 So wurde etwa der Mail-Account von René Hildbrand gehackt, der in seiner Kolumne bei persoenlich.com einige kritische Worte bei der Beschreibung von Ganser eingeflochten hatte. Etwas Vergleichbares hat der gestandene Boulevardjournalist in seiner gesamten Karriere noch nie erlebt. Peter Hossli, der im «Sonntags-Blick» in einem klitzekleinen Kommentar ebenfalls auf den Protagonisten dieser Sendung eingegangen war, wurde mit Hunderten von negativen Mails eingedeckt. Und selbst William Stern von Watson wurde mit solchen Mails überschwemmt, in denen ihm in oft identischem Wortlaut vorgeworfen wurde, dass er «Friedensforscher» Daniele Ganser in völlig ungerechter Weise dargestellt habe. Aus diesem Grund werde man Watson nie mehr nutzen, wurde ihm eine Strafaktion angekündigt.

Daniele Ganser, der sich seit Jahren in Vorträgen und Texten als Kritiker der offiziellen Version der Terroranschläge von 9/11 äussert, ist zum Kopf einer riesigen Bewegung geworden, die sich bisher weitgehend unter dem Radar der breiten Bevölkerung gebildet hat. Auch in Deutschland und Österreich ist er ein Star, der bei seinen Auftritten die Massen anzieht. Die Einladung zur «Arena» war für ihn deshalb eine optimale Gelegenheit, seine Thesen einer grösseren Öffentlichkeit zu präsentieren. Zwar interessierte ihn das offizielle Sendungsthema «Trump und die Medien» nicht im Geringsten, weshalb er auch mit keinem Votum darauf einging. Hingegen lenkte er die Diskussion immer wieder auf die 9/11-Verschwörung und den Kriegshetzer Obama. Und als er sich dann aufgrund eines nicht vollständig gezeigten Mails als Opfer einer Manipulation präsentieren konnte, lief die Sendung so stark aus dem Ruder, dass Moderator Jonas Projer sogar mit dem Abbruch drohte, was einem einmaligen Eklat gleichgekommen wäre. Und plötzlich stand nicht mehr Daniele Ganser am Verschwörungstheoretiker-Pranger, sondern es war die «Arena»-Redaktion im Speziellen und «die Medien» im Allgemeinen, wie Ganser triumphierend in die Runde schmetterte. Im Nachgang feierte er diesen Sieg zusammen mit seiner von ihm über Facebook aufgeputschten Gemeinde mit einem internationalen Wut-Tsunami, dessen für alle sichtbare Spitze die fristgerecht eingesandten Beanstandungen aus aller Herren Länder waren.

Dies alles wirft die grundsätzliche Frage auf, ob es sinnvoll ist, sich mit Verschwörungstheoretikern öffentlich auszutauschen. Oder ob es immer so oder ähnlich ablaufen wird wie in der «Arena». Das heisst, dass eine mit rationalen Argumenten geführte Diskussion mit ihnen unmöglich ist. Und dass die gewieften Verschwörungstheorien-Stars jede Sendung in ihrem Sinn manipulieren, um ihre Thesen ausbreiten zu können. Der Effekt ist dann, dass sie bei ihrer Gemeinde zusätzliche positive Emotionen wecken können. Und Zweifler der Verschwörungstheorien werden verunsichert, weil ihnen eine Vielzahl von sogenannten Fakten präsentiert wird, die in der Kürze der Zeit gar nicht alle schlüssig widerlegt werden können. Sendungen wie die «Arena» leben davon, dass nicht immer dieselben Gesichter dieselben Parolen absondern. Deshalb lädt Jonas Projer hie und da auch eine Ex-Miss-Schweiz oder einen Blogger mit Migrationshintergrund ein. Dies belebt das TV-Geschäft. Aber bei Verschwörungstheoretikern hört der Spass auf. Hier werden Grenzen überschritten. Und deshalb sollte man sich überlegen, ob man sie ins Studio einlädt. Die «Arena» mit Daniele Ganser deutet darauf hin, dass die Antwort Nein lauten sollte.


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