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Greenwashing – ist das nur Grünfärberei?

von Susanne Winkler

Diskussionen rund um die Wirkung von Greenwashing haben in den letzten Wochen weiter an Fahrt gewonnen. Während die von der FIFA kommunizierte Klimaneutralität der Fussball-WM in Katar heiss diskutiert wird, hat der Bundesrat seinen Standpunkt bezüglich Greenwashing-Prävention im Finanzsektor publiziert.

Was ist Greenwashing überhaupt?

Bereits bei der Begriffsdefinition gehen die unterschiedlichen Ansichten und Ansätze weit auseinander, was die Bedeutung von Greenwashing jenseits von wirkungsvollen PR- und Marketing-Massnahmen betrifft.

Der Bundesrat geht davon aus, dass Greenwashing im Finanzsektor namentlich dann vorliegt, wenn der trügerische Anschein vorliegt, dass eine Finanzdienstleistung oder ein Finanzinstrument nachhaltige Eigenschaften hat oder Nachhaltigkeitsziele verfolgt, was real nicht der Faktenlage entspricht. Die Frage stellt sich: Wann entspricht etwas nicht mehr der Tatsache und wie ist überhaupt Nachhaltigkeit in diesem Zusammenhang definiert?

Im EU-Raum werden im Zusammenhang mit Greenwashing nur falsche oder irreführende Behauptungen im Bereich der Umweltfreundlichkeit verstanden. Missverständliche Kommunikation über die Sozialverträglichkeit der Verfahren und Technologien werden dabei als Bluewashing bezeichnet. Dabei spielt das «Blue» bewusst auf die Farbe der UNO als humanitäre Organisation an.

Was soll man tun, wenn man weder grün noch blau waschen will?

Unsicherheiten oder der faktische Mangel in Bezug auf vorhandene Regulierungen im Bereich Nachhaltigkeit verunsichern nicht nur Konsumentinnen und Konsumenten. Unternehmen sind gleichermassen davon betroffen. Rechtliche Klarheit muss geschaffen werden, um dem einen oder anderen Greenwashing präventiv entgegenwirken zu können. Wichtig: Das Gegenteil von gut ist hier nicht böse, sondern vielmehr eine Glaubensfrage. In diesem Zusammenhang meint dies, dass ich annehme, dass etwas nachhaltig ist, obwohl dies faktisch nicht zutrifft. Transparenz und Aufklärung sind gefragt.

Was heisst Green-hushing?

Ein Phänomen, das im Kontext der allgemeinen Verunsicherung in Bezug auf Nachhaltigkeit sichtbar wird, ist das sogenannte Green-hushing: Ich tue Gutes und spreche nicht (mehr) darüber. Eine im Oktober 2022 durchgeführte Studie der South Pole, die eine weltweit führende Entwicklerin von Klimaschutzprojekten und -lösungen ist, zeigt, dass mehr als ein Drittel der DACH-Unternehmen, die sich selber wissenschaftsbasierte Reduktionsziele gesetzt haben, diese nicht oder nicht mehr öffentlich kommunizieren wollen. Teil dieser Untersuchung waren auch 14 Schweizer Grossunternehmen. Über die Hintergründe der ausbleibenden Kommunikation lässt sich nur spekulieren.

Naheliegend ist die Vermutung, dass die Unternehmen das Reputationsrisiko einer zu ehrgeizigen Kommunikation als höher einstufen als den allfälligen Gewinn, der durch die Bekanntgabe der Reduktionsziele gegeben wäre. Fakt ist: Durch dieses strategische Schweigen gehen der Wirtschaft wichtige Vorbilder verloren, die mit ihrer innovativen Brand Message eine richtungsweisende Referenz für andere Betriebe und Produkte sein könnten.

Durch klare Vorgaben, was in der Schweiz unter Nachhaltigkeit verstanden und wie darüber kommuniziert werden soll, würden dem Greenwashing und dem Green-husing präventive Grenzen gesetzt. Natürlich trifft es zu, dass der Green- oder Bluewasher durch Regulatorien nicht automatisch zum ökologischen Vorreiter mutiert. Klar wären aber die rechtlichen Konsequenzen bei der Wahl eines falschen Waschganges. Es ist anzunehmen, dass dies grosse Verbände, wie unter anderem auch die FIFA, zu vermehrter Vorsicht in der Kommunikation anregen würde.

Wünschenswert ist dabei nicht ein überdimensioniertes Regelwerk, wie dies in der EU zur Anwendung kommt. Vielmehr geht es auch hier um ein pragmatisches «Swiss-Finish», das sich in vielen Bereichen seit Jahren immer wieder bewährt.


Susanne Winkler ist an der HWZ Fachreferentin, Studiengangsleiterin und Dozentin in den Bereichen Accounting, Controlling und Nachhaltigkeit. Nach ihrem Masterstudium in Business and Economics an der Universität Basel sammelte sie Erfahrungen bei einem der Big Four Wirtschaftsprüfungsunternehmen.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.


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