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Hammerschlag am Leutschenbach

von Matthias Ackeret

«If I had a hammer» sang Trini Lopez vor 57 Jahren. Es war ein Welthit. Nun feiert er sein Comeback – am Leutschenbach. Aber dieser Hammer heisst «SRF 2024» und umschreibt die Neuausrichtung des Schweizer Radio und Fernsehen für die nächsten vier Jahre. Das tönt charmanter und auch harmloser als der amerikanische Brachialhit aus den sechziger Jahren. Doch 2024 ist noch weit weg, aber die Konsequenzen der neuen Strategie sind nun bekannt: Sendungen wie «Sportaktuell» oder «Eco» werden gestrichen, Leute entlassen, die ganze Produktion soll smarter werden, was das in der Realität immer heisst. SRF-Chef Nathalie Wappler betont, dass bei der Neuorganisation Sparziele lediglich eine zweitrangige Rolle gespielt hätten, vielmehr wolle man in der Zukunft auch für ein jüngeres Publikum attraktiv bleiben und in Youtube- und Instagram-Produktionen investieren. Das ist zweifelsohne begrüssenswert und spricht auch für den Weitblick der Verantwortlichen. Trotzdem sei die Frage erlaubt, ob es dem gesetzlich vorgeschriebenen Service-Public-Auftrag entspricht, wenn plötzlich Wirtschafts-, Sport- oder Volksmusiksendungen aus dem traditionellen Programm gekippt werden. Glücklicherweise müssen die SRF-Chefs ihre Überlegungen nicht den Gebührenzahlern im Entlebuch oder Toggenburg persönlich erklären.

Es wäre ein positives Signal gewesen, hätten die SRF-Verantwortlichen in dieser schwierigen Zeit neben der ganzen Reorganisation und dem Programmabbau auch neue Sendungen und Eigenleistungen angekündigt. Dass bei programmlichen Innovationen die TV-Sender von Peter Wanner mittlerweile das Monopol haben, widerspricht jener dynamischen Grundhaltung, die die SRG gegen aussen gerne vermittelt. Doch bereits der Verlust der Champions-League-Rechte an TV24 vor wenigen Wochen ist Beweis genug, dass die SRG nicht mehr das Mass aller Dinge ist. Ein neuer Wirtschaftstalk kann kaum eine solche Errungenschaft sein, wurde die Absetzung des «Eco Talks» doch erst vor einem knappen Jahr beschlossen. 

Die geplante Strategie der SRG, noch stärker ins Internet und seine Kanäle zu investieren, sollte auch die Verleger aufhorchen lassen. Schliesslich gehört der Ausbau dieses Angebotes nicht zu den Uraufgaben einer – wie die Definition sagt – Radio- und Fernsehgesellschaft. Dass die SRG die Verstärkung ihrer Internetaktivitäten nicht an die Glocke hängt, ist verständlich. Doch das Beispiel Österreich sollte Warnung sein. Dort ist der staatliche ORF mittlerweile der grösste Internetanbieter und das Netz funktioniert bekanntlich nach der darwinistischen Devise, wonach am Ende nur der Sieger zählt. Bis jetzt konnten sich die Schweizer Verleger glücklich schätzen, dass ihre Newsportale Newsnet, 20min.ch, Blick.ch oder auch Watson im Kampf um die Aufmerksamkeit die Nase vorne hatten. Dies soll auch weiterhin der Fall sein. Der Gesetzgeber müsste gerade in diesem Bereich die SRG zurückbinden, zum Schutz der privaten Anbieter, die sich bis jetzt glücklicherweise immer noch auf dem freien Markt finanzieren konnten. 

Noch ein Wort zur «SRF 2024». Es wäre unangebracht und auch abgedroschen, das berühmte Bonmot des deutschen Altkanzlers Helmut Schmidt über Visionen und Strategien hervorzuholen. Für diejenigen, die dieser Versuchung nicht widerstehen können und trotzdem den Gang zum Arzt empfehlen, noch ein kleiner Trost. Die Medizinsendung «Puls» wurde nicht abgeschafft.



Matthias Ackeret ist Verleger und Chefredaktor von persönlich und persoenlich.com.


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