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Herzlichen Dank an Procter & Gamble

von Roger Schawinski

Als Geschäftsführer von Sat.1 war es eine meiner Aufgaben, an den Präsentationen bei den grössten Werbekunden dabei zu sein. Beim Einstieg gab es zwar jeweils viele nette Worte und Pläsanterien – doch direkt anschliessend folgten knallharte Verhandlungen, wenn es um die Deals und die Rabatte ging. Vor allem die Vertreter der grössten Firmen zeigten dabei unverhohlen, dass sie im «driver’s seat» sassen, und traten entsprechend selbstbewusst auf. In Erinnerung blieben mir vor allem die Treffen mit den Leuten von Procter & Gamble, die mit Fakten und Forderungen auftraten, die noch kompromissloser waren als diejenigen anderer Firmen. Als Topkunde erhielten sie für ihre Werbegelder denn auch zähneknirschend jeweils die grössten Leistungen.

Deshalb las ich mit grossem Interesse das Resultat einer Studie der P&G-Truppe in Bezug auf ihre Werbeausgaben im Internet. Ihr Fazit war ernüchternd: Offenbar hatten sie mit dieser heute so unglaublich gehypten Werbeform keine messbaren Resultate erzielt. Nada. Ob sie im Internet präsent waren oder nicht, spielte überhaupt keine Rolle bei den von ihnen minutiös überwachten Abverkäufen. Also werde man sich dort in Zukunft vermehrt von diesen Aktivitäten fernhalten, wurde vermittelt.

Dies ist eine weitere Hiobsbotschaft für die Onlinewerbung. Da sind einmal die Adblocker, mit denen sich bereits Millionen von dieser Form der Werbung ausgeschlossen haben. Und dann gibt es laufend weitere Informationen darüber, dass die Nutzungsdaten im Internet mit professionellen Methoden gefakt werden. Eine ganze Industrie ist entstanden, mit der das Internet manipuliert und diskreditiert wird. Langfristig wird dieser Glaubwürdigkeitsverlust dort zu massiven Einbrüchen führen müssen.

Und nun noch die P&G-Meldung von der gemessenen Wirkungslosigkeit von Onlinewerbung. Dies erinnert mich an den Seufzer von Autokönig Henry Ford. Er meinte einst: «Fünfzig Prozent meines Werbebudgets sind hinausgeworfenes Geld. Niemand kann mir allerdings sagen, welche fünfzig Prozent das sind.» Ford konnte sich mit dieser bewusst verbreiteten Schutzbehauptung bei seinen Kunden herausreden. Heute ginge das nicht mehr. Und die P&G-Leute haben dafür die punktgenauen Daten geliefert, zumindest für die Onlinewerbung. Und die zeigen offenbar eindeutig, wo man sein Geld auf keinen Fall einsetzen sollte.

Was bedeutet das für die anderen Medien? Fürs Fernsehen ist dies sicher eine positive Nachricht, wo P&G seit Jahrzehnten einen Grossteil seiner Gelder investiert. Ein weiterer Abfluss ins von vielen als trendy gehypte Netz ist für die TV-Sender daher nicht zu befürchten. Auch für das Radio ist dies eine gute Nachricht, selbst wenn dieses Medium werbemässig im Schatten des Fernsehens steht. Die direkte, emotionale Wirkungsweise und die in kurzen, diskreten Werbeblocks ausgestrahlten Radiospots sind den meist als aufdringlich und unangenehm erlebten Online-Werbeaktivitäten weit überlegen. Das Radio sollte also wegen Online keine grosse Bange haben, und so haben sich dort die Werbeaufwendungen im Gegensatz zur gedruckten Presse in letzter Zeit recht gut gehalten. Wenn die Internetaktivitäten auch von anderen Firmen akribisch untersucht werden, kann dies gar zu einer Renaissance bei den traditionellen elektronischen Medien führen.

Deshalb bin ich nach den nicht immer als lustvoll erlebten Begegnungen mit den P&G-Managern Deutschlands dankbar für ihre Offenheit, mit der sie die eindeutigen Resultate ihrer grossflächigen Erfahrung mit Online-Werbung publik gemacht haben. Sie erweisen damit allen – sowohl den Werbetreibenden als auch den Medien – einen Dienst, indem sie sie davor beschützen, einen Grossteil ihrer Gelder am falschen Ort verpuffen zu lassen. Und dies kann heute, anders als zu Zeiten Fords, auch mal mehr als fünfzig Prozent ihrer Aufwendungen betreffen.


Roger Schawinski ist Medienpionier, und er betreibt die Radiosender Radio 1 und Planet 105. Daneben moderiert er im Schweizer Fernsehen die Sendung «Schawinski». Roger Schawinski wurde von der Universität Freiburg zum Ehrendoktor ernannt.

Der Autor vertritt seine eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

 

 

 


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